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USA/1299: Antiterrorhysterie macht Fliegen in den USA zur Tortur (SB)



Antiterrorhysterie macht Fliegen in den USA zur Tortur

Flugpassagiere sollen auf eine eventuelle Leibesvisitation gefaßt sein

Der zehnte Jahrestag der Flugzeuganschläge vom 11. September hat in den vergangenen Tagen im amerikanischen Luftverkehr zu erhöhter Nervosität geführt. Während einige "Sicherheitsexperten" die Meinung vertraten, nach zehn Jahren "Antiterrorkrieg" und der im Mai erfolgten "extralegalen" Hinrichtung Osama Bin Ladens in Pakistan durch US-Spezialstreitkräfte läge Al Kaida am Boden und sei zu keinen größeren Angriffen mehr fähig, gaben die Sicherheitsbehörden aufgrund relativ dürftiger Hinweise "Terroralarm". So wurde das ohnehin gigantische Sicherheitsaufgebot anläßlich der Trauerfeierlichkeiten am früheren Standort der Zwillingstürme des World Trade Center in New York, dem sogenannten "Ground Zero", am Pentagon in Arlington, Virginia, an der Absturzstelle von Flug UA-93 in Shanksville, Pennsylvania, und in Washington D. C. zusätzlich verstärkt.

Mehrere Flüge starteten wegen irgendwelcher läppischen "Verdachtsmomente" verspätet oder wurden sogar noch im Flug zur frühzeitigen Landung umgeleitet. Am 11. September mußte eine Passagiermaschine der Linie GoJet, die in St. Louis bereits auf der Startbahn stand, zum Flughafengebäude zurückbeordert, weil irgend jemand auf der Toilette Papierhandtücher in das Spülbecken geworfen hatte. Nach einer erneuten Überprüfung der Passagiere hob das Flugzeug mit einer Stunde Verspätung Richtung Dulles Airport in Washington ab. Am selben Tag wurden zwei Flugzeuge auf dem Weg nach Detroit und New York beim Landeanflug von Militärjets begleitet. Auch hier waren angeblich Auffälligkeiten bei der Toilettenbenutzung der Anlaß, daß die Piloten militärische Unterstützung anforderten. So hieß es in einer entsprechenden Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press vom 13. September:

Auf einem Flug der American Airlines von Los Angeles zum Flughafen John F. Kennedy machten drei Passagiere wiederholt Besuche auf der Toilette; und bei dem Frontier-Airlines-Flug von Denver nach Detroit meldete die Crew, zwei Personen hätten "eine außergewöhnlich lange Zeit" auf der Toilette verbracht.

Am 12. September wurde eine United-Airlines-Maschine, die von New York nach Phoenix, Arizona, unterwegs war, wegen eventueller "Terrorgefahr" zur frühzeitigen Landung nach St. Louis umdirigiert. Was war geschehen? Drei ausländische Männer, die kein Englisch sprachen, waren dem Bordpersonal durch angeblich seltsames Verhalten aufgefallen. Beim Start war einer der drei Männer aufgestanden, noch bevor man den Sicherheitsgurt ablegen durfte. Als ihn ein Mitglied des Bordpersonals anwies, sich wieder hinzusetzen, hat er auf einem freien Sitz Platz genommen, statt sich zu seinen beiden Mitreisenden zu gesellen. Darüber hinaus trugen sie einen seltsamen Koffer bei sich. Bei der zweistündigen Überprüfung aller Passagiere in St. Louis stellte sich heraus, daß die drei Männer Israelis waren und es sich bei dem Koffer um ein Backgammonspiel handelte.

In den Medien haben die Schilderungen der Bloggerin Shoshana Hebshi, wie sie von den Flugsicherheitsbehörden praktisch wie ein Guantánamo-Häftling behandelt wurde, Aufsehen erregt. Hebshi, die eine Jüdin arabischer Herkunft ist, befand sich auf dem bereits erwähnten Frontier-Airlines-Flug 623 von Denver nach Detroit. Bei ihr und zwei Männern aus Indien, die sich allesamt nicht kannten, jedoch in einer Sitzreihe im Flugzeug saßen, handelte es sich um jene Personen, die vom Bordpersonal aus bisher unerklärlichen Gründen als potentielle "Terroristen" angesehen wurden und damit für den Großalarm sorgten.

Bei der Landung wurde das Flugzeug von einem Sonderpolizeikommando gestürmt, Hebshi und die beiden Männer in Handschellen abgeführt und stundenlang verhört. Als erstes mußte sich Hebshi nackt ausziehen und eine umfassende Leibesvisition über sich ergehen lassen. Zu keinem Zeitpunkt hat ihr ein Beamter oder eine Beamtin erklärt, wessen man sie verdächtigte. Wenn überhaupt Wörter gewechselt wurden, dann, um Hebshi mitzuteilen, daß alles seinen vorgeschriebenen Lauf nehme und der Sicherheit der Passagiere diene. Als Hebshi schließlich nach mehreren Stunden freigelassen wurde, sagte ihr der Leiter der Flughafenpolizei, wegen des 9/11-Jahrestages würden "alle Geister sehen", es hätte an diesem Tag rund 50 solcher Vorfälle gegeben.

Wie der Zufall so will, hat am 13. September die Transport Security Administration (TSA), deren überzogene Prozeduren wie das Abtasten von Passagieren an Amerikas Flughäfen regelmäßig für Negativschlagzeilen sorgen, auf die Kritik mit einer kleinen Neuregelung reagiert. Nach Angaben von Janet Napolitano, Barack Obamas Ministerin für Heimatschutz, werden künftig Kinder und Jugendliche weniger häufig im Vergleich zu Erwachsenen auf Sprengstoff, Waffen et cetera abgetastet. Gleichwohl gab Napolitano zu wissen, daß die genauen Details der Abtastepraxis und deren Effektivität weiterhin der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegen werden.

17. September 2011