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USA/1357: Hillary Clintons Libyen-Lügen holen sie ein (SB)


Hillary Clintons Libyen-Lügen holen sie ein

Republikaner starten Angriffe gegen demokratische Hoffnungsträgerin


Obwohl die eigentliche Wahl erst im November 2016 stattfindet, hat in den USA der Kampf um die Präsidentschaft längst begonnen. Als aussichtsreichste Bewerber für die Nominierung zum Kandidaten der Demokraten und Republikaner werden derzeit Hillary Clinton respektive Jeb Bush gehandelt. Vor wenigen Tagen hat auf öffentliches Anraten der beiden erzreaktionären Milliardäre, des Medienzars Rupert Murdoch und des Casinomagnaten Sheldon Adelson, der ehemalige Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, der 2012 Amtsinhaber Barack Obama unterlag, zugunsten des jüngeren Bruders von George W. Bush auf eine erneute Kandidatur bei den Republikanern verzichtet. Auf demokratischer Seite soll Clinton von sämtlichen bekannten Großspendern der Partei bereits deren finanzielle Unterstützung zugesagt bekommen haben. Jüngsten Schätzungen zufolge wird sich die ehemalige First Lady ihre zweite Bewerbung um die Präsidentschaft - 2008 verlor sie den Kampf um die demokratische Nominierung knapp an den politischen Shooting Star Obama - zwischen 1,5 und 2 Milliarden Dollar kosten lassen. Das ist dreimal soviel wie Obama 2012 ausgab und mehr als jeder Präsidentschaftswahlkampf des 20. Jahrhunderts in den USA kostete. Angesichts der fleißigen Vorarbeit von "Team Hillary" scheint eine Bewerbung der linksliberalen Senatorin und Finanzexpertin Elizabeth Warren aus Massachusetts schon jetzt aussichtslos.

Zwischen Clinton und der historischen Wahl zur ersten Präsidentin der USA stehen also einzig die oppositionellen Republikaner. Daher die Frage, ob diese den scheinbar unaufhaltsamen Siegeszug der Ex- Außenministerin werden stoppen können. Wie man die Grand Ol' Party (GOP) kennt, wird sie vor nichts zurückschrecken, um dem eigenen Kandidaten, der in diesem Fall Jeb Bush heißen dürfte, als erstem über die Ziellinie zu verhelfen. Ein klassisches Beispiel für die Bereitschaft der Republikaner, aus jedem Wahlkampf eine Schlammschlacht zu machen, stellt eine dreiteilige Artikelreihe dar, die Ende Januar und Anfang Februar in der Washington Times erschienen ist und Clintons Rolle beim gewaltsamen Sturz Muammar Gaddhafis unter die Lupe nimmt.

Im Frühjahr 2011 führte Clinton, unterstützt von Vizeaußenministerin Susan Rice - heute Nationale Sicherheitsberaterin - und Samantha Power, damals Menschenrechtsbeauftragte im Nationalen Sicherheitsrat - heute UN-Botschafterin -, die Fraktion innerhalb der Obama-Regierung an, die eine militärische Unterstützung regierungsfeindlicher Rebellen in Libyen durch die NATO forderte. Unvergessen bleibt ihre triumphale Selbstinszenierung, als Clinton im Oktober desselben Jahres auf einer Pressekonferenz in der afghanischen Hauptstadt Kabul die gerade eingetroffene Nachricht von der bestialischen Ermordung Muammar Gaddhafis mit dem an Shakespeares "Julius Cäsar" angelehnten Spruch "Wir kamen. Wir sahen. Er starb." kommentierte.

Seit mehr als drei Jahren bietet das Chaos in Libyen den Republikanern eine dankbare Angriffsfläche gegen Clinton. In Verbindung mit der Ermordung von US-Botschafter Christopher Stevens und drei seiner Mitarbeiter durch Milizionäre in der Islamistenhochburg Benghazi am 11. September 2012 werfen sie Clinton vor, erstens den Schutz der Angehörigen der diplomatischen Mission der USA in Libyen vernachlässigt, zweitens Gefahrenhinweise der eigenen Geheimdienste ignoriert und drittens die Öffentlichkeit über die Umstände des Überfalls auf das US-Konsulat belogen zu haben. Wegen des überhitzten Streits zu diesem Thema in Washington ist bis heute für Außenstehende unklar, ob der Vorfall mit den damaligen Protesten in der islamischen Welt gegen die Veröffentlichung eines Schmähvideos gegen den Propheten Mohammed im Internet zusammenhing, oder vielleicht eine lange geplante Aktion der Ansar Al-Scharia gegen die US-Präsenz in Libyen gewesen ist.

In der Artikelreihe der Washington Times geht es aber nicht um den Stevens-Mord, sondern um die prinzipielle Frage, wie es dazu kam, daß die USA, unterstützt von den NATO-Verbündeten Frankreich und Großbritannien, überhaupt in Libyen militärisch interveniert haben, um Gaddhafi zu stürzen. Nachdem es im Februar 2011 in Benghazi und anderen Landesteilen zu ersten Kämpfen zwischen Aufständischen und den regulären Sicherheitskräften gekommen ist, dauerte es wenige Wochen bis im März der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Flugverbotszone über Libyen verhängte, mittels derer ein von Clinton postulierter Massenmord Gaddhafis an der eigenen Bevölkerung angeblich verhindert werden sollte. Unter diesem Vorwand hat die NATO mit Flugzeugen, Waffenlieferungen sowie dem Einsatz von Spezialstreitkräften am Boden den Rebellen zum Sieg gegen die libysche Armee verholfen.

Offenbar waren es nicht nur die Millionen Kriegsgegner und Friedensaktivisten auf der ganzen Welt, welche damals die Begründung für den Anti-Gaddhafi-Feldzug für erstunken und erlogen hielten. Auch im Pentagon herrschte Skepsis, berichtete die Washington Times. Demnach ging das Mißtrauen der US-Militärführung gegenüber dem Klüngel aus humanitären Interventionisten innerhalb der Obama-Regierung soweit, daß sie im Mai 2011 mit Hilfe des linken demokratischen Abgeordneten Dennis Kucinich aus Ohio Kontakt zum Gaddhafi-Regime aufnahm, um eine Deeskalation der Situation in Libyen herbeiführen zu können. Dies geht aus Aussagen damaliger Militärs sowie aus Mitschnitten von Telefongesprächen hervor, die Kucinich damals mit Seif Gaddhafi, dem Sohn und engen Vertrauten des Revolutionsführers, geführt hat. Laut Kucinich war Gaddhafi sen. noch im Sommer 2011 zum Rücktritt bereit. Im Gegenzug wollte er lediglich Sicherheitsgarantien für seine Familie sowie Zusicherungen, daß die libysche Armee und Polizei erhalten bleiben würden, um einen Rückfall des von ihm mitaufgebauten Staates in die Barbarei zu verhindern.

Seif Gaddhafi, der seit mehr als drei Jahren ohne Prozeß von Milizionären in der Stadt Zintan gefangen gehalten wird, warnte vergeblich, die NATO sei dabei, al-kaida-nahen Kräften zur Machtübernahme in Libyen zu verhelfen. Er bestritt, daß es zu Greueltaten seitens der Regierungstruppen kommen würde und bot an, die USA könnten eine Delegation nach Libyen schicken, um den Vorwurf auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Selbst bei der Defense Intelligence Agency (DIA), dem pentagoneigenen Geheimdienst, lagen keinerlei Erkenntnisse vor, daß sich die Gruselszenarien von Clinton, Rice und Power auch nur im geringsten mit der Realität deckten. Im Gegenteil waren die Militärs überzeugt, daß Gaddhafi den Mini-Aufstand des Machterhaltes wegen - nach innen genauso wie nach außen - mit sowenig Blutvergießen wie möglich niederschlagen wollte.

Doch die Geheimdiplomatie der Generäle sollte vergeblich bleiben. Bereits am 17. März, dem Tag der Verhängung der Flugverbotszone durch den UN-Sicherheitsrat, soll Clinton angeordnet haben, daß das Pentagon einen Anruf von Seif Gaddhafi, mittels dessen dieser über eine nicht- militärische Lösung der entstandenen Krise diskutieren wollte, nicht annimmt. Dies geht laut Washington Times aus den bisher geheimen Gesprächsmitschnitten hervor. Als am darauffolgenden Tag Gaddhafi sen. bei einer öffentlichen Rede einen Waffenstillstand vorschlug, hat Clinton die Initiative als zwecklos abgetan. Als Kucinich Clinton am 24. August schriftlich über das Rücktrittsangebot Gaddhafis informierte, erhielt er keine Antwort.

Und warum hat Clinton die Erkenntnisse und Bedenken des Pentagons in den Wind geschlagen und sich innerhalb der Obama-Regierung erfolgreich für einen harten Kurs in der Libyen-Frage stark gemacht? Weil es opportun war. Um die eigene politische Karriere zu fördern, hat sich Clinton stets die Position der Kriegsfalken zu eigen gemacht, sei es im Jugoslawien-Krieg, als sie im Weißen Haus ihrem Mann Bill zu einem stärkeren Vorgehen gegen die Serben riet, oder 2002, als sie als demokratische Senatorin für New York im Kongreß den illegalen Kriegsplänen der republikanischen Regierung von Bush jun. im Irak zustimmte. Als Außenministerin während Obamas erster Amtszeit hat Clinton eine aggressive Eindämmungsstrategie der USA gegenüber der Volksrepublik China auf den Weg gebracht - Stichwort "Asia Pivot" - und in Syrien durch die kategorische Aussage "Assad muß weg" einen schrecklichen Bürgerkrieg mitverursacht. Als Elder Stateswoman hat sie 2014 durch den Vergleich von Rußlands Präsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler die Ukrainekrise angeheizt.

Mit alledem hat Clinton die möglichen Bedenken konservativer Wähler, als Frau wäre sie für den Posten des US-Oberbefehlshabers ungeeignet, restlos beseitigt. Deswegen stößt ihre noch nicht erklärte Kandidatur für die Präsidentschaft bei Amerikas Plutokraten auf eine so große Zustimmung. Prinzipielle Meinungsverschiedenheiten in der Außen- und Sicherheitspolitik existieren nicht wirklich zwischen den Demokraten und Republikanern. Darum dient die Veröffentlichung pikanter Interna aus dem Libyen-Krieg der NATO durch die konservative Washington Times lediglich Jeb Bush und soll keinesfalls eine ernsthafte außenpolitische Debatte auslösen. Als bisher einziger unter den republikanischen Präsidentschaftskandidaten hat sich Rand Paul, der libertäre Senator aus Kentucky, wirklich kritisch zu dem Desaster, das Clinton, Nicholas Sarkozy und David Cameron in Libyen angerichtet haben, geäußert und es als Hauptargument angeführt, warum sich die USA aus Konflikten in Übersee heraushalten sollen. Solche ketzerischen Ideen sind auch der Grund, warum die republikanische Führung dafür sorgen wird, daß im kommenden Jahr nicht Paul, sondern Jeb Bush die Nomimierung zum republikanischen Präsidentschaftsskandidaten gewinnen wird.

4. Februar 2015


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