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USA/1376: Präsidentenwahl 2016 - Donald Trump macht das Rennen (SB)


Präsidentenwahl 2016 - Donald Trump macht das Rennen

Hillary Clintons Traum von der Präsidentschaft in extremer Gefahr


Mit seinem haushohen Sieg bei der Vorwahl im Bundesstaat Indiana am 3. Mai hat Donald Trump das Rennen um die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten 2016 für sich entschieden. Nach der schweren Niederlage hat Trumps einziger ernstzunehmender Konkurrent, Ted Cruz, das Handtuch geschmissen. Der christlich-reaktionäre Senator aus Texas mußte im eher ländlich geprägten Indiana gewinnen, um seine Kandidatur am Leben zu erhalten. Zu diesem Zweck hatten er und die ihn unterstützenden Political Action Committees dort sechs Millionen Dollar für Werbung, vor allem im Radio und Fernsehen, ausgegeben. Trump dagegen hat sich seine Kampagne in Indiana nur eine Million Dollar kosten lassen und hat Cruz trotzdem mit 53 zu 37 Prozent Stimmenanteil vernichtend geschlagen.

Die letzte große Vorwahl findet in Kalifornien am 7. Juni statt. Dort lag Trump in den Umfragen noch vor dem Urnengang in Indiana weit vorn. Nach dem Ausstieg von Cruz steht also fest, daß Trump in Kalifornien genügend Delegiertenstimmen gewinnen wird, um beim Parteitag der Republikaner Mitte Juli in Cleveland zum offiziellen Vertreter der Grand Ol' Party (GOP) bei der Präsidentenwahl im November gekürt zu werden. Frühere Überlegungen, in Cleveland könnte die Parteiführung den New Yorker Bauunternehmer, sollte dieser bis zum Ende der Vorwahlen knapp die absolute Mehrheit der Delegiertenstimmen verfehlen, austricksen und an seine Stelle Cruz ins Rennen schicken, sind ade. Noch bevor das offizielle Endergebnis in Indiana feststand, hatte am Abend Reince Priebus, der Vorsitzende des Republican National Committee (RNC), Trump als "mutmaßlichen Kandidaten" der Republikaner bezeichnet und die Parteimitglieder dazu aufgerufen, sich hinter ihm für die kommende Schlacht gegen Hillary Clinton zu vereinen.

In Indiana hatte die ehemalige First Lady gegen den selbsternannten "demokratischen Sozialisten" Bernie Sanders aus Vermont überraschend verloren. Dennoch liegt Barack Obamas frühere Außenministerin bei der Anzahl der bereits gewonnenen Delegiertenstimmen dermaßen vorne, daß alle Politbeobachter ihre Ernennung zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten bei deren Parteitag Ende Juli in Philadelphia bereits für eine ausgemachte Sache halten. Es stellen sich lediglich die Fragen, wann Sanders aus dem Rennen aussteigt und inwieweit es Clinton gelingen wird, ihn und seine Anhänger auf ihre Seite zu ziehen. Davon wird es abhängen, ob sie im kommenden Januar als erste Präsidentin der US-Geschichte ins Weiße Haus zieht oder nicht.

Für Clinton hat es nicht nur Vorteile, die Vorzugskandidatin der Wall Street, des Council on Foreign Relations (CFR), der einflußreichen New York Times und der amerikanischen IT-Industrie zu sein. Der bei ihr erwartete konkurrenzlose Durchmarsch bei den Vorwahlen ist deshalb ausgeblieben, weil sich vor allem jene linken und jungen Demokraten, die 2008 und 2012 für Barack Obama stimmten, diesmal von der Klassenkampfrhetorik Bernie Sanders' haben begeistern lassen. Sollten Millionen dieser Wähler, die in der ehemaligen Senatorin für New York eine prinzipienlose Opportunistin sehen, im November der Wahl fernbleiben oder schlimmer noch ihr Kreuz bei Trump machen, dann ist es mit dem Traum von der zweiten Regentschaft der Clintons in Washington vorbei. Und tatsächlich liegt Trump in den jüngsten Umfragen des demoskopischen Unternehmens Rasmussen vom 2. Mai mit 41 zu 39 Prozent erstmals vor Clinton.

Aus der Rasmussen-Studie geht hervor, daß republikanische Wähler, die Trump skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, weniger bereit sind, Clinton ihre Stimme zu geben als umgekehrt. Überraschenderweise haben clinton-feindliche demokratische Wähler weniger Probleme damit, für Trump zu stimmen als Republikaner für Clinton. Ähnlich wie Sanders spricht Trump weite Teile der US-Bevölkerung an, welche die Politik in Washington für ein abgekartetes Spiel halten und die etablierten Parteien für die sinkende Lebensqualität, die kaputte Infrastruktur, die Misere in den Bildungs- und Gesundheitssystemen sowie die Auslagerung gutbezahlter Industriearbeitsplätze in die Dritte Welt verantwortlich machen. Seit einigen Wochen hört man seitens Trump keine flapsigen Sprüche mehr über Muslime, mexikanische Einwanderer oder Frauen. Mit der Star-Moderatorin Megyn Kelly von Fox News, mit der er Anfang des Jahres live im Fernsehen heftigst aneinander geraten war, hat sich der schwerreiche Immobilienmagnat inzwischen in aller Öffentlichkeit versöhnt. Nachdem er sich als Verbal-Rambo Ted Cruz, Jeb Bush, Marc Rubio und die anderen republikanischen Gegner entledigt hat, macht Trump jetzt auf Staatsmann, um den vielen unentschlossenen Wählern seine Eignung für das höchste Amt der Nation doch noch zu beweisen.

Die republikanischen Neokonservativen um Robert Kagan preisen Clinton offen als die bessere Präsidentschaftskandidatin an, weil sie für diverse Freihandelsabkommen eintritt und eine Fortsetzung der militaristischen Außen- und Sicherheitspolitik der USA befürwortet. Doch gerade Trumps kategorische Absage an die Weltpolizistenrolle Amerikas, seine offene Kritik am gigantischen Chaos, das Washingtons Imperialstreben im Nahen Osten angerichtet hat, seine erklärte Bereitschaft, einen Modus Vivendi mit Wladimir Putins Rußland zu finden, und seine Infragestellung der NATO machen ihn für sehr viele Amerikaner, welche die laufenden Interventionsabenteuer des Pentagons in Übersee satt haben, attraktiv. Bereits jetzt ist absehbar, daß Clinton sich mit Hilfe der "liberalen" Medien als die vernünftige Wahl verkaufen wird, während sie Trump als den größenwahnsinnigen Chaoten zu stilisieren versucht. Ob die Angstkampagne ausreichen wird, um den Sieg des Showmans Trump in November zu verhindern, ist jedoch fraglich.

4. Mai 2016


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