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USA/1378: Präsidentenwahl 2016 - Donald Trump weiter im Aufwind (SB)


Präsidentenwahl 2016 - Donald Trump weiter im Aufwind

Hillary Clinton bringt die Anhänger von Bernie Sanders gegen sich auf


Auch wenn die Vorwahlen für die Präsidentenwahl in den USA noch bis Anfang Juni laufen, steht seit Anfang Mai in der Person Donald Trumps der Kandidat der Republikaner für die eigentliche Abstimmung im November bereits fest. Entgegen den Erwartungen aller Kommentatoren der großen Medien in den USA hat sich der politische Neuling Trump gegen seine zahlreichen, weit erfahreneren Rivalen, allen voran den Sproß der Bush-Dynastie, den ehemaligen Gouverneur von Florida Jeb Bush, durchgesetzt. Angesichts der von Trump eher mit rhetorischer Schlagfertigkeit als mit konkretem Programm erzielten Mobilisierung der republikanischen Wählerschaft hat die Führung der Grand Ol' Party (GOP) ihren Widerstand gegen den Showmaster aufgegeben. Nach dem Versöhnungstreffen am 12. Mai in Washington mit Paul Ryan, dem Sprecher des Repräsentantenhauses, wollen die Republikaner mit Trump doch noch zusammenarbeiten. Schließlich stehen im November nicht nur die Präsidentenwahl auf dem Programm, sondern auch die Zwischenwahlen im Repräsentantenhaus und Senat. Trump will von der Partei Geld für die eigene Kampagne haben. Im Gegenzug könnte sein Nimbus auch einigen republikanischen Kandidaten auf der Ebene der Bundesstaaten sowie der Kongreßbezirke zum Sieg verhelfen.

In den letzten Tagen hat es für den Baumagnaten aus New York nur positive Nachrichten gegeben. Sheldon Adelson, der schwerreiche Kasinobetreiber aus Las Vegas, der bekanntlich ein enger Freund Israels und dessen Premierminister Benjamin Netanjahu ist, hat angekündigt, Trump eine Wahlkampfspende in Höhe von 100 Million Dollar geben zu wollen. Im Vieraugengespräch hat sich Adelson, der 2012 fast allein den Wahlkampf Mitch Romneys gegen Präsident Barack Obama finanziert hatte, überzeugen lassen, daß von Trump, der angeblich die Rolle eines "fairen Maklers" im Nahen Osten spielen will, keine grundlegende Revision der pro-israelischen Politik Washingtons zugunsten der Palästinenser zu erwarten ist. Darüber hinaus ist Trump am 18. Mai als erster Gast in der neuen Interviewsendung von Megyn Kelly beim Nachrichtensender Fox aufgetreten und hat mit Charme seinen früheren Streit mit der populären Moderatorin endgültig beigelegt. Dies ist wichtig, denn es schmälert seinen Ruf als Macho und macht ihn für Frauen wählbar.

Seit Wochen greifen in der New York Times liberale Publizisten wie Roger Cohen und Nicholas Kristof Trump als Demagogen an, der rassistische Ressentiments gegen Muslime und mexikanische Einwanderer schüre. Auch die mächtigen Neokonservativen laufen gegen Trump Sturm, weil er lieber das Geld der amerikanischen Steuerzahler in die Reparatur der US-Infrastruktur investieren will, als es für sinnlose Kriege im Übersee zu verpulvern. Jene Eliten, die mit gutdotierten Stellen in Washingtoner Denkfabriken sowie in der US-Rüstungs- und Sicherheitsindustrie von Amerikas "mission civilisatrice" profitieren, wollen Trumps Schwenk Richtung Isolationismus - "America First" - verhindern und machen deshalb öffentliche Stimmung für Hillary Clinton.

Bedenkt man die exponierte Stelle der New York Times als propagandistisches Leitmedium, dann war dort die jüngste Kolumne von Thomas Friedman, der vielleicht einflußreichste Publizist Amerikas überhaupt, am 16. Mai ein Indiz dafür, daß in den USA die einst verlachte Idee von The Donald in the Oval Office immer ernster genommen wird. In besagter Kolumne mit der Überschrift "Donald, Save Your Golf Greens, and the Planet" appellierte Friedman, der stets das große Ganze im Blick zu haben meint, an Trump, als Präsident durch einen beherzten Einsatz für Maßnahmen zur Bekämpfung und Linderung des Klimawandels nicht nur die eigenen Golfplätze, die sich fast ausschließlich in Küstennähe befinden, sondern auch die Erde zu retten. Interessanterweise hat Trump am selben Tag, statt wie bisher die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die von Menschen verursachte Erderwärmung prinzipiell in Frage zu stellen, plötzlich erklärt, er wolle das Klimaschutzabkommen von Paris 2015 lediglich neu verhandeln, um für die USA einen besseren Deal herauszuholen.

In dem Artikel hatte Friedman auch in wahltaktischer Hinsicht einen wichtigen Grund genannt, warum sich Trump auf die Einsichten der Umweltschützer und der Klimabewegten einlassen sollte: Diese seien in großer Zahl Anhänger des "demokratischen Sozialisten" Bernie Sanders, der sich derzeit mit Hillary Clinton einen erbitterten Kampf um die Nominierung zum offiziellen Kandidaten der Demokraten liefert. Mit einer progressiveren Position als bisher in der Umweltpolitik könnte Trump wie bereits in der Außen- und Sicherheitspolitik Clinton "links" überholen, so die Botschaft des dreifachen Pulitzerpreisträgers an den schwerreichen Immobilienhändler.

Trump, der sich stets des eigenen Siegeswillens rühmt, dürften die Argumente Friedmans einleuchten. Derzeit sieht alles danach aus, als würde Hillary Clinton auf dem Parteitag der Demokraten Ende Juli in Philadelphia zu deren offiziellen Präsidentschaftskandidatin gekürt werden, denn in der Anzahl der bei den Vorwahlen gewonnenen Delegiertenstimmen liegt sie fast uneinholbar vor Sanders. Doch die begeisterten Mengen, die zu den Auftritten des langjährigen Senators aus Vermont strömen, stehen im krassen Widerspruch zu der eher leblosen, von Anfang bis Ende durchdirigierten Kampagne der ehemaligen First Lady. Einige der knappen Siege, die Clinton bei den Vorwahlen erzielt hat, sind von Vorwürfen der Manipulation überschattet worden. Vor wenigen Tagen ist es in Las Vegas sogar zu tumultartigen, unschönen Szenen gekommen, als die demokratische Führung im Bundesstaat Nevada zahlreiche Sanders-Wähler an der Stimmabgabe hindern ließ, Clinton zur Siegerin erklärte und anschließend den Veranstaltungsort von der Polizei räumen ließ.

Aufgrund der Trends bei den sozialen Medien läßt sich eine große Unzufriedenheit vieler potentiell demokratischer Wähler mit einer Kandidatur Clintons nicht übersehen. Die Tricksereien der demokratischen Parteiführung werden der ehemaligen Senatorin von New York die Nominierung zur offiziellen Kandidatin sichern, könnten ihr jedoch den Einzug ins Weiße Haus kosten. Es deutet alles darauf hin, daß sich die enttäuschten Sanders-Anhänger nach dem Parteitag nicht hinter Clinton scharen, sondern entweder der Präsidentenwahl fernbleiben oder ihr Kreuz bei Donald Trump machen werden. Vor diesem Hintergrund überrascht die Nachricht vom 18. Mai nicht, daß Trump erstmals bei der großen landesweiten Umfrage des Nachrichtensenders Fox News Clinton mit 45 zu 42 überholt hat. Noch im März lag Bill Clintons Gattin elf Punkte vor Trump. Im April war ihr Vorsprung auf sieben Punkt - 48 zu 41 - geschrumpft. Offenbar befindet sich Trump im Aufwind, während Clintons Wahlkampf durch die Turbulenzen um die bevorstehende Befragung durch das FBI wegen der E-Mail-Affäre aus ihrer Zeit als Außenministerin Obamas versenkt zu werden droht.

20. Mai 2016


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