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USA/1424: Washington - der Michael-Flynn-Skandal ... (SB)


FBI - der Michael-Flynn-Skandal ...


Als am 8. November 2016 der republikanische Politneuling Donald Trump völlig unerwartet die US-Präsidentenwahl gewann, stand die Führung der demokratischen Partei vor einem Scherbenhaufen. Der ganz große Plan, nach Barack Obama als erstem schwarzen Staatsoberhaupt der USA Hillary Clinton als erste Präsidentin ins Weiße Haus zu hieven, war grandios gescheitert. Unfähig, die eigenen Fehler im Wahlkampf wie den Betrug am Clinton-Rivalen Bernie Sanders bei den Vorwahlen einzugestehen, mußten die Demokraten einen Sündenbock für die äußerst peinliche Niederlage finden. Die Wahl fiel leichterdings auf Rußland. Schließlich hatte sich Trump für bessere Beziehungen zu Moskau ausgesprochen, was sich negativ in den Auftragsbüchern von Amerikas Waffenkonzernen bemerkbar machen und den 2014 von der Obama-Regierung mit Hilfe der CIA vollzogenen Übertritt der Ukraine ins "westliche Lager" gefährden konnte: beides durfte nicht sein.

Also entstand "Russiagate", das Märchen vom Einzug Trumps ins Weiße Haus vor allem aufgrund irgendwelcher Spionageumtriebe des Kremls unter der Führung des ehemaligen KGB-Offiziers Wladimir Putin. Das erste und bislang prominenteste Opfer der neo-McCarthyistischen Hexenjagd war General a. D. Michael Flynn, der nur 23 Tage nach der Amtseinführung Trumps am 20. Januar 2017 als dessen Nationaler Sicherheitsberater zurücktreten mußte. Flynn mußte weg, weil er als ehemaliger Chef der Defence Intelligence Agency (DIA) und Afghanistankriegsveteran einer der wenigen in der neuen Administration war, der die Funktionsweise des nationalen Sicherheitsstaats verstand und vielleicht auch in der Lage gewesen wäre, Trumps Wahlkampfversprechen bezüglich einer drastischen Reduzierung der amerikanischen Militärpräsenz im Übersee zu verwirklichen. Doch Flynn kam zu Fall, als bekannt wurde, daß er am Tag nach der Amtseinführung Trumps das FBI über ein Gespräch, das er am 29. Dezember mit dem russischen Botschafter in Washington, Sergei Kisljak geführt hatte, "belogen" und sich damit eventuell strafbar gemacht habe.

Schon damals war für jeden, der sich nicht von der Berichterstattung "liberaler" Medien wie der New York Times blenden ließ, klar, daß dies Humbug war und es dem "tiefen Staat" lediglich darum ging, Trump durch die erzwungene Trennung von Flynn zu schwächen. Dazu kommt, daß Obama und seine engsten Mitarbeiter eine Rechnung mit Flynn offen hatten. Der streitbare Drei-Sterne-General hatte 2012 und 2013 die amerikanische Waffenhilfe für die "Rebellen" in Syrien scharf kritisiert und sogar rechtzeitig, aber vergeblich vor der Entstehung eines "Kalifats" nach Art der "Terrormiliz" Islamischer Staat (IS) in dem Bürgerkriegsland gewarnt. Aus Verärgerung darüber verzichtete die Obama-Administration 2014 auf die sonst übliche Verlängerung der Leitung der DIA durch Flynn und drängte diesen quasi zum Rücktritt aus dem Militärdienst nach 33 Jahren. Flynn ging daraufhin in die private Sicherheitsindustrie und gründete eine eigene Beratungsfirma.

Als im Juli 2016, am Vorabend des demokratischen Parteitags in Philadelphia, Wikileaks eine beträchtliche Tranche von E-Mails des Democratic National Committees (DNC) veröffentlichte, aus dem die gezielte Benachteiligung von Sanders klar hervorging, beklagte Team Hillary, die ehemalige First Lady sei das Opfer eines "russischen Hackerangriffs" geworden, um von eigenen Missetaten abzulenken. Das Manöver funktioniert so gut, daß bis heute die "russische Einmischung" in die US-Präsidentenwahl als unumstößlicher Fakt und ihre Infragestellung als Zeichen geistiger Debilität oder des Hangs zu Verschwörungstheorien gelten. Bis heute fehlt jedoch jeder Beweis für den "Hack" der Russen beim DNC. Assange ist keine Marionette Moskaus, sondern hatte seine ganz eigenen Motive, Clinton zu schaden. Schließlich hat er mit der ehemaligen US-Außenministerin eine Dauerfehde laufen; ihretwegen saß er zu diesem Zeitpunkt bereits seit vier Jahren aus Angst vor Auslieferung in die USA als politischer Asylant unter extrem schwierigen Lebensbedingungen in der ecuadorianischen Botschaft in London fest.

Der Wikileaks-Gründer hat seitdem immer wieder bestritten, die DNC-Emails von den Russen erhalten zu haben, sondern angedeutet, sie seien durch ein Leck bei der demokratischen Partei zu ihm gelangt. Der ehemalige britische Botschafter Craig Murray hat wiederholt eine Bestätigung dieser Version geliefert. In seinen Schriften hat der Publizist und Menschenrechtler Murray wiederholt, zwar nicht der eigentliche Überbringer gewesen zu sein, dafür jedoch den physischen Transport des Datenmaterials von Washington nach London persönlich begleitet zu haben. Als Quelle wird ein unzufriedener Sanders-Anhänger aus der DNC-Zentrale namens Seth Rich vermutet, der im Juli 2016 nachts auf dem Bürgersteig in Washington von einer unbekannten Person erschossen wurde. Für die Tat gibt es bis heute keine Erklärung. Ein Raubüberfall war es nicht, denn der Schütze hat Rich nichts abgenommen, weder die Geldbörse noch das Mobiltelefon.

Bezeichnenderweise hat das FBI niemals den fraglichen Server, auf dem der "russische Hack" angeblich vollzogen worden ist, das vielleicht wichtigste Beweisstück in den Russiagate-Ermittlungen, selbst in Beschlag genommen, um es von den eigenen Fachleuten untersuchen zu lassen. Für diese sonderbare Zurückhaltung hat es nie eine plausible Erklärung gegeben, auch nicht als im Januar 2017 Richard Burr, damals republikanischer Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Senats, den damaligen FBI-Chef James Comey darum bat. Laut Comey hat sich das FBI schlicht auf die Angaben der Firma Crowdstrike, welche für die Sicherheit der Computersysteme des DNC zuständig war, verlassen, weil das die "Experten" seien. 2019 stellte sich heraus, daß Crowdstrike dem FBI damals für den besagten "russischen Hack" den sonst üblichen "forensischen Bericht" nicht abgeliefert hat, weil die US-Bundespolizei die Firma niemals darum gebeten hatte.

Es kommt noch schlimmer. Vor wenigen Tagen ist die Abschrift der Aussage von Shawn Henry, damals Sicherheitschef bei Crowdstrike, im Januar 2017 vor dem Geheimdienstausschuß des Repräsentantenhauses, veröffentlicht worden. Auf Befragung durch den demokratischen Vorsitzenden des Ausschusses Adam Schiff erklärt Henry, bei Crowdstrike habe man während der ständigen Überwachung der DNC-Computer "keine Beweise" gefunden, daß die fraglichen Emails jemals von außerhalb heruntergeladen wurden. "Es gab Indizien, aber keine Beweise, daß sie in der Tat exfiltriert wurden", so die entscheidenden Worte Henrys. Über diesen Offenbarungseid hat Ray McGovern, der ehemalige Chef der Sowjetanalyse-Abteilung bei der CIA, am 9. Mai bei Consortiumnews.com genüßlich referiert. Schließlich vertreten der Assange-Freund McGovern und sein Mitstreiter bei den parteiunabhängigen Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS), der ehemalige NSA-Chefkryptologe William Binney, seit drei Jahren aufgrund eigener Untersuchungen der forensischen Daten den Standpunkt, daß es beim DNC zu einem hausinternen Leck und keinem Hack einer ausländischen Macht gekommen ist.

Nichtsdestotrotz ließ die von Crowdstrike in die Welt hinausposaunte Nachricht vom perfiden russischen Angriff auf die US-Demokratie und die im Auftrag von Team Clinton vom ehemaligen MI6-Mitarbeiter Christopher Steele zusammengetragene Recherche über eventuelle Verbindungen zwischen dem Trump Tower in New York und dem Kreml in Moskau das FBI in Aktion treten. Ohne die Richter beim geheimen FISA-Gericht darüber aufzuklären, daß es sich bei Steeles Hinweisen auf eine mögliche Unterwanderung des amerikanischen Wahlprozesses durch Agenten der Russischen Föderation um eine Auftragsarbeit der Demokraten handelte, bekam die US-Bundespolizei eine Genehmigung zur Abhörung des Telefons von Carter Page, eines Beraters des Wahlkampfteams von Trump und damit von allen seinen Kontakten. Das war illegal.

Anhand der somit gewonnenen NSA-Abschriften der Telefongespräche sämtlicher Personen im Umfeld Trumps war das FBI auch imstande, Flynn beim fraglichen Interview zu seinem Gespräch mit dem russischen Botschafter in Widersprüche zu verwickeln. Damals, Ende 2016, hatte Obama eine Reihe russischer Diplomaten wegen "Russiagate" des Landes verwiesen. Gegenüber Kisljak hat Flynn mit welcher genauen Wortwahl auch immer angedeutet, Moskau solle sich nicht provozieren lassen, nach der Amtseinführung Trumps in wenigen Wochen würden sich die Beziehungen beider Länder verbessern. Später soll Flynn gegenüber dem neuen Vizepräsidenten Mike Pence bestritten haben, Kisljak um einen solchen Gefallen gebeten zu haben. Als dies bekannt wurde, trennte sich Trump nicht zuletzt aufgrund des enormen öffentlichen Drucks von dem einzigen Mitglied seiner neuen Regierung mit statthafter Geheimdiensterfahrung.

Ebenfalls unter enormem Druck - das FBI drohte damit, Flynns Sohn wegen unerklärter Beratungstätigkeit für die Türkei anzuklagen - ließ sich der ehemalige General auf einen Deal mit der Bundespolizei ein, der auf ein Schuldeingeständnis gegen eine geringfügige Strafe hinauslief. Doch bevor der Deal vollzogen werden konnte, setzte sich Flynn auf Anraten seiner neuen Anwältin Sidney Powell mit dem Argument zur Wehr, das FBI habe ihn damals auf unzulässige Weise in eine Falle gelockt. Vor wenigen Tagen hatte Flynn mit dem neuen Kurs Erfolg. Auf Anweisung von Justizminister William Barr ließ die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen Flynn gänzlich fallen. Begleitet wurde die wundersame Kehrtwende von der Veröffentlichung der Protokolle weiterer Vernehmungen, die hinter verschlossenen Türen im Kongreß parallel zu den "Russiagate"-Ermittlungen von Ex-FBI-Chef Robert Mueller stattfanden. Im diesem Zusammenhang mußten die wichtigsten Mitarbeiter der früheren Obama-Administration wie der frühere CIA-Chef William Brennan, der frühere Director of National Intelligence James Clapper und die frühere Justizministerin Loretta Lynch unter Eid zugeben, niemals persönlich auch nur einen einzigen handfesten Beweis für eine russische Verwicklung in den Präsidentenwahlkampf 2016 vorgelegt bekommen zu haben.

Man muß nicht der Meinung des Münchhausianers Trump sein, daß der New Yorker Baulöwe jener Präsident der USA sei, der mit den heftigsten Anfeindungen seitens der Presse seit Abraham Lincoln zu kämpfen hat, um zu erkennen, daß mit "Russiagate" eine Irreführung der amerikanischen Öffentlichkeit in ganz großem Stil betrieben wurde. Auch die haarsträubende Art und Weise, wie Michael Flynn vom Inlandsgeheimdienst der USA ausgespäht und in die Mangel genommen wurde, gibt in menschen- und datenschutzrechtlicher Hinsicht sehr zu denken. Wenn nun die New York Times wegen der Einmischung Barrs im Fall Flynn vor einer "Politisierung der Justiz" in den USA warnt, beweist sie damit nur, daß sie auf einem Auge - das die Demokraten im Blick zu haben scheint - völlig blind ist.

12. Mai 2020


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