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INTERVIEW/422: Treff für den Frieden - Anti-US-Widerstand in Australien ...    Annette Brownlie im Gespräch (SB)


Interview mit der australischen Friedensaktivistin Annette Brownlie am 18. November 2018 in Dublin


Auf der "International Conference Against US/NATO Military Bases" in Dublin leitete am 17. November Annette Brownlie, Vorsitzende des Independent and Peaceful Australia Network (IPAN), die Diskussionsrunde mit dem Titel "Asia Pacific / Pivot to Asia / Okinawa". Unter "Asia Pivot" ist die gegen China gerichtete Umorientierung der US-Sicherheitspolitik zu verstehen, welche Hillary Clinton als Barack Obamas Außenministerin 2011 bei der Ausrufung von "America's Pacific Century" offen verkündete. Eine Schlüsselrolle bei der geplanten "Eindämmung" der Volksrepublik spielt für die USA der langjährige Verbündete Australien. Gemeinsam kämpften Amerikaner und Australier im Zweiten Weltkrieg gegen Japan. Seit 1967 betreibt die NSA im australischen Pine Gap eine der wichtigsten Spionageanlagen der Welt. Im Zuge des "Asia Pivot" ist es erstmals zu einer Dauerpräsenz amerikanischen Militärs auf australischem Boden gekommen. Seit 2013 sind rund 2500 US-Marineinfanteristen - "in Rotation", wie es euphemistisch heißt - auf zwei Stützpunkten nahe Darwin, Hauptstadt des Northern Territory, und damit in Reichweite des Südchinesischen Meers, stationiert. Um über die Auswirkungen der zunehmenden Rivalität zwischen China und den USA auf die Politik Australiens mehr zu erfahren, sprach am 18. November der Schattenblick mit Annette Brownlie.


Annette Brownlie spricht am Stehpult ins Mikrophon - Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

Annette Brownlie
Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

Schattenblick: Frau Brownlie, woher rührt Ihr Engagement bei der australischen Friedensbewegung?

Annette Brownlie: Ich gehöre der Friedensbewegung praktisch mein ganzes Leben, seit den Tagen des Vietnamkrieges, an dem auch die australischen Streitkräfte mit mehreren tausend Soldaten beteiligt gewesen sind, an. Nach meinem moralischen und politischen Verständnis ist es grundlegend falsch, in die Welt hinauszufahren und fremde Menschen umzubringen. So richtig aktiv wurde ich aber erst nach den Flugzeuganschlägen von 11. September 2001 und der Ausrufung des "Antiterrorkriegs" durch die USA. Damals kamen ich und eine Gruppe von Freunden bei uns in Queensland zu dem Schluß, daß Australien eine Friedensorganisation brauche, die für Menschen aller Herkünfte und politischen Ansichten offen ist und deren Sorgen um die sich anbahnenden Kriege im Nahen Osten und Zentralasien Rechnung trägt. Also haben wir 2002 das Independent and Peaceful Australia Network gegründet.

SB: Am illegalen Einmarsch in den Irak im März 2003 nahmen die Streitkräfte dreier Nationen teil - der USA, Großbritanniens und Australiens. In Großbritannien gilt die damalige Entscheidung Tony Blairs zur Teilnahme der britischen Armee am Anti-Saddam-Hussein-Feldzug George W. Bushs als schwerster außenpolitischer Fehler Londons seit der Suez-Krise 1956. Wie ist die Meinung der meisten Australier dazu? Halten sie die damalige Mission und die Entscheidung John Howards zur Teilnahme Australiens am Irakkrieg für richtig oder stehen sie dem Ganzen kritisch gegenüber wie die große Mehrheit der Briten?

AB: Wie in zahlreichen anderen Staaten war im Vorfeld der Irakinvasion in Australien die Opposition zum Krieg sowie zur Beteiligung unserer Soldaten an der US-geführten Aktion nicht zuletzt deshalb massiv, weil sie ohne Mandat durch die Vereinten Nationen erfolgte und somit völkerrechtlich illegal war. Danach kehrten die australischen Soldaten, die an der Irak-Besatzung teilnahmen, nicht als Helden nach Hause zurück.

Wir hatten in Australien bereits beim Vietnamkrieg dasselbe Problem. Auch damals hatten unsere heimkehrenden Soldaten das Gefühl, an den Pranger gestellt zu werden und daß ihr Dienst an der Nation nicht angemessen gewürdigt wurde. Der Unterschied ist jedoch, daß die meisten australischen Soldaten, die nach Vietnam in den Krieg geschickt wurden, Wehrpflichtige waren. Weil die Wehrpflicht 1972 aufgrund allgemeinen Widerstands dagegen abgeschafft werden mußte, nahmen am Irakkrieg ausschließlich australische Berufssoldaten teil. Dessen ungeachtet fühlen sich die meisten australischen Teilnehmer am Irakkrieg mißachtet, ihr lebensgefährlicher Einsatz werde geringgeschätzt.


Luftbild von Pine Gap, aufgenommen aus einer zivilen Passagiermaschine - Foto: © 2008 by Skyring, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 3.0 Unported

Die hochgeheime Spionage- und Kommunikationsanlage Pine Gap im Herzen der australischen Outbacks
Foto: © 2008 by Skyring, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 3.0 Unported

SB: Kann es sein, daß sich die australischen Soldaten von den eigenen Politikern mißbraucht fühlen? Daß sie beim Eintritt in die Streitkräfte ihre Aufgabe in der Landesverteidigung sahen und den Einsatz im Irak an der Seite der Amerikaner als Kniefall Canberras gegenüber Washington betrachten?

AB: Für einen Teil unserer Soldaten trifft das sicherlich zu, aber eine genaue Untersuchung der Ansichten der australischen Irakveteranen zum Einsatz im Zweistromland fehlt. Aber wenn man sich den hohen Prozentanteil der Soldaten, die seit der Rückkehr aus dem Irak mit Post-Traumatischer Belastungsstörung diagnostiziert worden sind, und die ebenfalls hohe Selbstmordrate unter den Veteranen vergegenwärtigt, ist doch offenkundig, daß diese Leute extrem unfrieden sind mit der Art, wie sie behandelt und eingesetzt wurden, und unter beträchtlichen Gewissenskonflikten leiden. Von daher glaube ich schon, daß diese psychologischen Probleme aus der Teilnahme an einem Krieg, der mit Landesverteidigung oder Schutz der eigenen Nation vor feindlicher Aggression nichts zu tun hatte, stammen.

SB: Seit einiger Zeit sorgen Berichte über Greueltaten, die in den letzten mehr als zehn Jahren von Mitgliedern der australischen Spezialstreitkräfte in Afghanistan verübt wurden, für Schlagzeilen. Wie ist der Stand der Ermittlungen?

AB: Es hat mehrere geheime, interne Untersuchungen des australischen Verteidigungsministeriums gegeben, die erst 2018 bekannt wurden. Inzwischen ist bereits eine öffentliche Untersuchung derartiger Fälle angelaufen, und möglicherweise wird es zu strafrechtlichen Ermittlungen und Anklagen kommen. Aufgrund dieser wirklich unschönen Entwicklung ist die Ausbildung der australischen Streitkräfte im allgemeinen, der Mitglieder des Special Air Service (SAS) im besonderen, zum öffentlichen Thema geworden. Denn die Handlungen der fraglichen Soldaten zeugen von großer Entmenschlichung. Da sind Hemmschwellen überschritten worden und Dinge passiert, die in militärischer Hinsicht durch nichts zu rechtfertigen sind. Finger der gefallenen Gegner abzuschneiden, um sie als Souvenirs nach Hause mitzunehmen - das ist einfach abscheulich. Daß die Medien ein großes Ding daraus machen, finde ich in Ordnung. Der Skandal um die Greueltaten des SAS in Afghanistan hat eine Debatte um das moralische Verhalten der Soldaten und die Legitimität der jüngsten Auslandsmissionen der australischen Streitkräfte ausgelöst, die längst fällig war.

SB: Seit Hillary Clinton das 21. Jahrhundert zum "pazifischen Jahrhundert" der USA erklärt hat, kommt Australien eine Schlüsselstellung in den Plänen des Pentagons zur Umzingelung Chinas zu. In welchem Ausmaß, wenn überhaupt, ist die Öffentlichkeit in Australien über die zunehmende Positionierung ihres Landes mitten in einer Supermachtkonfrontation zwischen den USA und China, mit allen Risiken, die sie bis hin zum atomaren Schlagabtausch mit sich bringt, im klaren?

AB: Diese Dreierbeziehung, in der sich Australien mit seinem größten Handelspartner China auf der einen und seinem langjährigen Militärverbündeten USA auf der anderen Seite befindet, ist Gegenstand einer lebhaften öffentlichen Debatte, die bereits seit mehreren Jahren läuft. Australiens Bevölkerung sowie seine wirtschaftlichen und politischen Eliten sind gespalten; einerseits will man die sicherheitspolitischen Verbindungen zu den USA nicht abreißen lassen, gleichzeitig hängen weite Teile der australischen Ökonomie vom Export nach China ab, vor allem im Bereich der Rohstoffe. IPAN nimmt an dieser Debatte auf jede Weise, die uns zur Verfügung steht, wie Lobbyarbeit, Konferenzen, Artikel auf unserem Blog, Veröffentlichungen und Kurzmeldungen in den sozialen Medien, teil.


Annette Brownlie im Porträt - Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

SB: Seit 2010 hat Australien fünf verschiedene Premierminister gehabt. Die meisten von ihnen gelangten nicht durch Parlamentswahlen, sondern durch fraktionsinternen Putsch an die Macht, sei es bei der sozialdemokratischen Labour Party oder der konservativen Liberal Party. Canberra wird inzwischen spöttisch als Putschhauptstadt der westlichen Welt bezeichnet. Bei all diesen Machtwechseln wurde derselbe Vorwurf erhoben, der amtierende Regierungschef sei gegenüber China nicht aggressiv genug und komme Peking zu sehr entgegen. Was sagen Sie dazu?

AB: Ich schätze, Rupert Murdoch hat jedesmal seine Finger im Spiel gehabt. Praktisch jeder Absetzung oder Abwahl des Premierministers ist ein Besuch des australo-amerikanischen Medienzars in der alten Heimat vorausgegangen. Murdoch besucht Sydney, erteilt den Befehl zur Entfachung einer entsprechenden Kampagne gegen den amtierenden Regierungschef und wenige Tage oder Wochen später wird diese Person geschaßt.

SB: Also spielt Murdoch die Rolle des Zuchtmeisters Washingtons in der australischen Politik, kann man das sagen?

AB: Ich denke, die Bezeichnung beschreibt seine Funktion ziemlich genau.

SB: Nach dem Sturz als Premierminister im vergangenen August hat Malcolm Turnbull sein Parlamentsmandat niedergelegt, was zur Nachwahl in seinem Bezirk Wentworth, einem wohlhabenden Vorort von Sydney, führte. Die Nachwahl wurde völlig überraschend von der Ärztin Kerryn Phelps, die aus Verärgerung über die antidemokratischen Machenschaften in Canberra als parteilose Kandidatin ins Rennen gegangen war, haushoch gewonnen. Der Erfolg von Phelps deutet auf eine große Unzufriedenheit bei den australischen Wählern mit den Berufspolitikern hin. Sehen Sie das auch so?

AB: Absolut. Wegen des Fehlens eines starken linken Flügels bei der Labor Party hat sich deren Politik in den Bereichen Außen- und Sicherheit sowie in der Flüchtlingsfrage immer mehr der Linie der konservativen Liberal Party angepaßt. Das wiederum hat zum Verdruß und zum Mißtrauen bei den Wählern geführt. Deswegen sind in letzter Zeit immer mehr parteilose Kandidaten ins Parlament gewählt worden, von denen Kerryn Phelps das jüngste und spektakulärste Beispiel ist.

SB: Gleichzeitig scheinen die fremdenfeindlichen Populisten wie Pauline Hansons von der Gruppierung One Nation und Bob Katters mit seiner Australian Party an Zulauf zu gewinnen. Wenn man bedenkt, welchen Erfolg John Howard bereits bei den Parlamentswahlen 2001 mit der erlogenen Behauptung, Bootsflüchtlinge würden damit drohen, ihre Kinder über Bord zu werfen, um von der Küstenwache die Anlandung in Australien zu erzwingen, gehabt hat, scheinen diejenigen in Ihrem Land, die dort der Ausländerfeindlichkeit entgegenzutreten versuchen, einen schweren Stand zu haben. Oder sehe ich da etwas falsch?

AB: Ich denke, daß sich das, was in Australien in der Migrationsfrage geschieht, nicht allzu stark von der Entwicklung in den anderen westlichen Industrienationen wie Deutschland oder Großbritannien unterscheidet. Die Populisten schüren die Ängste der Menschen und nutzen den Rassismus, um die Menschen zu spalten und die Gesellschaft in verfeindete Lager zu polarisieren. Was den rechten Kräften Auftrieb verleiht ist die Dauerberichterstattung, die ihnen die Massenmedien zuteil werden lassen. Dadurch gewinnen ihre Argumente große Verbreitung und bestimmen den gesellschaftlichen Diskurs, auch wenn die Verfechter solcher rassistischen Ideen eigentlich eine verschwindend kleine Gruppe bilden.

Vor diesem Hintergrund ist der Sieg von Kerryn Phelps bei der Nachwahl in Wentworth ein Lichtblick am Horizont, denn diese Frau vertritt eine ganz andere Position in der Flüchtlingsfrage, weg von der bisher rigorosen Abschottungspolitik und hin zu einem menschenwürdigen Umgang mit den Migranten. Hinzu kommt, daß sie die Abkehr Canberras von den Zielen des Pariser Klimaabkommens von 2015 heftig kritisiert und verstärkte Bemühungen bei der Bekämpfung der Erderwärmung gefordert hat. Zu Fragen der australischen Außen- und Sicherheitspolitik hat sie sich nicht geäußert, vermutlich weil der Bereich ein absolutes Minenfeld ist. Phelps' Standpunkte sind längst keine Minderheitenpositionen mehr. GetUp!, die linke Lobbygruppe, die sich für den Umweltschutz, die Aufnahme von Flüchtlingen, gleichgeschlechtliche Ehe und andere Dinge einsetzt, hat mehr als eine Million Mitglieder und nimmt an jeder gesellschaftlichen Debatte aktiv teil.

Leider befaßt sich GetUp! kaum bis gar nicht mit der Außen- und Sicherheitspolitik Australiens. Das ist schade, denn die Entscheidungen in diesem Bereichen schlagen sich in allen anderen stark nieder. Nehmen wir allein die Flüchtlingsproblematik als Beispiel. Wir hätten sie in Australien in der heutigen Form nicht, hätten die USA und ihre Verbündeten nicht in Afghanistan, im Irak und anderswo eine Reihe schwerer Kriege initiiert und eine ganze Region zwischen Mittelmeer und indischem Ozean destabilisiert. Die australischen Behörden behandeln diese armen Bootsflüchtlinge als seien sie ausländische Invasoren, quasi als Feinde. Das ist doch erbärmlich. Der amoralische Umgang Australiens mit den Bootsflüchtlingen, sie samt ihren Kindern auf Jahre hinaus in irgendwelche Lager auf Papua Neu-Guinea oder der Insel Nauru zu stecken, hat viele Australiern beschämt und zu einem Nachdenken geführt. Die Wahl von Kerryn Phelps ist ein Indiz, daß immer mehr Australier nicht mehr bereit sind, dem bisherigen Kurs Canberras in der Flüchtlingsfrage zu folgen.

Auch in Sachen Klima sind die einfachen Leute den Politikern voraus. In Australien zweifeln die Bürger nicht daran, daß die Erderwärmung stattfindet und daß sie hauptsächlich von Menschenhand verursacht worden ist, weshalb alle Staaten gemeinsam dagegen etwas unternehmen müssen. Es sind lediglich die Interessensvertreter der fossilen Energieindustrien, die dagegen argumentieren und ihr bisheriges Geschäftsmodell mit Hilfe der konservativen Regierung in Canberra zu retten versuchen. Alles deutet darauf hin, daß Labor die nächste Parlamentswahl in Australien gewinnen und eine radikale Umkehr in Richtung Umweltschutz und Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase einleiten wird. In der Flüchtlingspolitik dürfte es ihr schwererfallen, eine Veränderung herbeizuführen aus Angst, sie könnte dadurch Wähler an die rechtsextremen Populisten verlieren. Eigentlich ist es sehr bedauerlich, daß die Politiker der Labor Party nicht mehr Mut zeigen und den fremdenfeindlichen Populisten direkt den Kampf ansagen.


Schwerbewaffnete Soldaten im Feld werden vom Militärhubschrauber abgeholt - Foto: 2014 by United States Marine Force, freigegeben als public domain

Australisch-amerikanisches Truppenmanöver 2014 im Northern Territory
Foto: 2014 by United States Marine Force, freigegeben als public domain

SB: Seit zwei Jahren tobt in Australien - parallel zur Phantomjagd in den USA nach Beweisen für eine Zusammenarbeit der Kampagne Donald Trumps mit Rußland bei der Präsidentenwahl 2016 - eine heftige Debatte um "fremden Einfluß" in Politik und Wirtschaft. Sie richtet sich in erster Linie gegen chinesische Geschäftsleute, Akademiker oder Studenten in Australien, hat jedoch auch zur Folge gehabt, daß einige Parlamentsabgeordnete in Canberra zurücktreten mußten, weil sie vergessen hatten anzugeben, daß ihre Großeltern aus Großbritannien oder Irland stammten und sie dadurch Anspruch auf eine zweite Staatsbürgerschaft hatten, was Fragen ihrer Loyalität gegenüber Australien aufkommen ließ. Als Außenstehender neigt man dazu, die Debatte in Australien um "fremden Einfluß", weswegen im Sommer neue Sicherheitsgesetze erlassen wurden, als hysterisch zu bezeichnen. Was meinen Sie dazu?

AB: Ich sehe das genauso. Der Rücktritt besagter Parlamentsabgeordneten erfolgte auf der Grundlage von Artikel 44 der australischen Verfassung, demzufolge jeder Volksvertreter gegenüber den Behörden mögliche relevante Verbindungen zu ausländischen Staaten offenlegen muß. Die ganze Diskussion um "fremden Einfluß" richtet sich, wie Sie richtig feststellten, gegen die Volksrepublik China. Hinter der ganzen Aktion stecken die USA, die sich durch China politisch, wirtschaftlich und militärisch herausgefordert fühlen und deshalb Australien, das Land und das Volk, in eine Kampfstellung gegenüber der Volksrepublik bringen wollen. So gesehen, ist die ganze Kampagne selbst ein Paradebeispiel für "fremden Einfluß". Mittels massiven Drucks, transportiert über die Medien, wird in Australien eine regelrechte Sinophobie geschürt und China zur großen Bedrohung aufgebauscht. Die Kampagne greift auf alte rassistische Vorurteile zurück und ist extrem gefährlich, denn es kann nicht nur zu Übergriffen auf einzelne Chinesen führen, sondern letztlich in einen gigantischen Krieg münden.

Ein Forum, das bei dieser Kampagne eine wichtige Rolle spielt, ist der Australian American Leadership Dialogue. Ein junges Mitglied von IPAN hat seine Doktorarbeit über diese wenig bekannte Organisation gemacht. Als ich die Studie las, war ich richtig schockiert. Diese private Lobbygruppe identifiziert junge Nachwuchskräfte bei den politischen Parteien und in anderen Bereichen Australiens und vermittelt ihnen Studien in den USA, um sie später für die politische Linie Washingtons empfänglich zu machen. Die beiden letzten Labor-Premierminister Kevin Rudd und Julia Gillard waren Absolventen jenes Programms. Ich weiß nicht, inwieweit Politiker der liberalen und der nationalen Parteien Australiens davon betroffen sind. Ich gehe davon aus, daß ihre Nachwuchstalente ebenfalls vom AALD rekrutiert wurden. Über diese Art der heimlichen Einflußnahme der USA auf die Politik Australiens schweigen sich die Medien bei uns vollkommen aus, während sie China bei jeder Gelegenheit zur "gelben Gefahr" erklären.

SB: Verfängt die Dämonisierung Chinas beim australischen Volk überhaupt? Fühlen sich die Australier durch die Volksrepublik wirklich bedroht?

AB: In gewissem Sinne schon. Zwar macht sich niemand um eine mögliche Invasion der Volksarmee ernsthaft Sorgen, aber es herrscht eine allgemeine Antipathie China gegenüber, die seit einigen Jahren von den konservativen, amerikafreundlichen Medien systematisch geschürt wurde. Ich finde das sehr bedauerlich.

SB: Vielen Dank, Annette Brownlie, für dieses Gespräch.


Annette Brownlie lächelt am Ende des SB-Interviews in die Kamera - Foto: © 2018 by Schattenblick

Foto: © 2018 by Schattenblick


Bericht und Interviews zur ersten "International Conference Against US/NATO Military Bases" in Dublin im Schattenblick unter:
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4. Dezember 2018


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