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ARBEIT/481: Burma - Regierung verteilt Flugblätter in Ureinwohnersprachen gegen Zwangsarbeit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2012

Burma: Regierung verteilt Flugblätter in Ureinwohnersprachen gegen Zwangsarbeit

von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 21. März (IPS) - Im Zuge von Reformen hat die quasi zivile Regierung von Burma die Verteilung von Flugblättern in den verschiedenen Ureinwohnersprachen gestattet. Auf Betreiben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sollen Tausende Angehörige ethnischer Minderheiten dadurch erfahren, wie sie sich vor Zwangsarbeit schützen können.

Seit Januar sind bislang etwa 30.000 Flugblätter verteilt worden. Nach Ansicht politischer Beobachter profitierten davon vor allem die ethnischen Shan. Die ILO begrüßte die Bereitschaft der Regierung von Staatspräsident Thein Sein, die Flugblätter in der Sprache der Shan zu verteilen. Unter der Herrschaft der Generäle waren die ethnischen Sprachen unterdrückt worden.

Staatspräsident Thein Sein fährt einen anderen Kurs. Er kündigte bereits in seinem ersten Amtsjahr an, politische Gefangene freizulassen, die strenge Medienkontrolle zu lockern und Regierungsgegnern zu erlauben, ihre Überzeugungen in der Öffentlichkeit zu vertreten.


Flugblätter in verschiedenen Ureinwohnersprachen

Die UN-Organisation will nun erreichen, dass auch andere ethnische Minderheiten über die Möglichkeiten informiert werden, wie sie sich vor Zwangsarbeit schützen können. "Die Regierung hat sich einverstanden erklärt, Materialien in ethnischen Sprachen wie Karen, Kachin, Chin, Rakhine und Mon zu drucken", berichtete Steve Marshall, der Vertreter der ILO in Burma.

Bis die Regierung Burmas in diesem Umfang auf Forderungen der in Genf ansässigen UN-Organisation einging, galt es einen schwierigen Weg zurückzulegen. Das ILO-Büro in Rangun forderte die Verbreitung der Informationen, nachdem eines ihrer Gremien 2008 die Verteilung von Materialien zur Aufklärung über Zwangsarbeit als dringend erforderlich bezeichnet hatte.

Der damalige Machthaber in Burma, General Than Shwe, erlaubte jedoch nur den Druck von Broschüren in burmesischer Sprache, die von den 55 Millionen ethnischen Burmanen gesprochen wird. Dieser Einigung gingen zweijährige Verhandlungen der ILO mit dem Militärregime voran.

Seit Juni 2010 wurden die Flugblätter im überwiegend von Burmanen bewohnten Zentrum des Landes verteilt. Die ILO verzeichnete daraufhin eine stetige Zunahme der Beschwerden über Zwangsarbeit. Die etwa 1.160 Beschwerden, die bisher eingegangen sind, betrachtet die Organisation allerdings erst als Spitze des Eisbergs. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Opfern von Zwangsarbeit um Kinder.

Menschenrechtsgruppen werfen der burmesischen Armee jedoch seit Längerem vor, in erster Linie in den Gebieten Zwangsarbeiter zu rekrutieren, in denen seit 1949 Kämpfe gegen ethnische Separatisten im Gang waren. Die Betroffenen wurden unter anderem dazu gezwungen, wie Sklaven die Militärlager zu säubern oder als Vorposten vermintes Gelände zu erkunden.

David Scott Mathieson, der Burma-Berater von 'Human Rights Watch', bezeichnete die burmesische Armee als "eine Bürde für die lokalen Gemeinden". Die Notlage der Opfer von Zwangsarbeit war auch Gegenstand der Friedensverhandlungen, die die größten Rebellengruppen der Karen und Shan Ende vergangenen Jahres mit der Regierung von Präsident Thein Sein führten.


Karen sehen sich als Opfer von Willkür

Die 'Karen National Union' (KNU) forderte im Rahmen eines Elf-Punkte Plans von der Regierung ein sofortiges Ende von "Zwangsarbeit, willkürlicher Besteuerung und Erpressung von Dorfbewohnern". "Die Kämpfe in den Karen-Gebieten haben zu viel Zwangsarbeit geführt. Diesen Punkt wollten wir in die ersten Verhandlungsrunden einschließen", sagte KNU-Vizepräsident David Tharckbaw in einem Telefoninterview. "Die burmesische Regierung hat diese Bedenken im Prinzip akzeptiert."

Da es aber noch fast 200 Armeelager im Karen-Staat nahe der Grenze zu Thailand gibt, werden immer wieder Beschwerden gegen das Militär vorgebracht. Wie die Karen-Menschenrechtsgruppe in einem am 12. März veröffentlichten Bericht erklärte, gehört in fünf Dörfern Zwangsarbeit weiterhin zum Alltag. Ähnlich sieht es im Shan-Staat aus, wo Verhandlungsführer ebenfalls darauf dringen, dass die Armee von ihren Praktiken Abstand nimmt. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.ilo.org/global/lang--en/index.htm
http://www.hrw.org/asia/burma
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107091

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2012