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FRAUEN/312: Leben in der Grauzone - Angehörige ethnischer Minderheiten weltweit benachteiligt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Juli 2011

Frauen: Leben in der Grauzone - Angehörige ethnischer Minderheiten weltweit benachteiligt

Von Elizabeth Whitman


New York, 8. Juli (IPS) - Frauen, die ethnischen Minderheiten angehören, sind Gewalt, Missbrauch und Diskriminierung meist schutzlos ausgeliefert. Wie ein Bericht der Menschenrechtsorganisation 'Minority Rights Group International' (MRG) feststellt, ist das sowohl in Kriegs- und Friedenszeiten als auch in Industrie- und Entwicklungsländern der Fall.

Dem Report zufolge leiden Minderheiten wie die indischen Dalit, die Usbeken in Kirgisistan, die Batwas in Uganda und die australischen Aborigenes ohnehin schon unter Diskriminierung und Gewalt. Noch schlimmer stehe es um die Frauen, die zudem von sexualisierter Gewalt und Menschenhandel bedroht seien.

Von MRG befragte Batwa-Frauen gaben ausnahmslos zu, bereits Opfer von Gewalt geworden zu sein. Weibliche Dalit, die in Indien zu den Unberührbaren gehören, haben nach eigenen Angaben gravierende Diskriminierungen erfahren. Obwohl es nach indischem Recht keine Kaste der 'Unberührbaren' mehr gibt, ist die gesellschaftliche Ausgrenzung dieser Gruppen und insbesondere ihrer Frauen nach wie vor an der Tagesordnung.

Die als unrein betrachteten Dalit-Frauen dürften einerseits kein Wasser aus einem öffentlichen Brunnen schöpfen. Auf der anderen Seite scheuen indische Männer nicht davor zurück, sich an ihnen zu vergehen. In Kirgisistan wiederum kam es im Juni 2010 zu einer Häufung von Vergewaltigungen von usbekischen Mädchen und Frauen.

In Staaten, in denen die Diskriminierung von ethnischen Minderheiten die Regel ist, haben es weibliche Angehörige dieser Gruppen besonders schwer, Hilfe zu finden oder ihre Peiniger vor Gericht zu bringen. Diese Frauen stammen zumeist aus ärmeren Gesellschaftsschichten und leben in entlegenen Regionen, wo ihnen der Zugang zu Bildung, Arbeit und Rechtsbeistand in der Regel verwehrt ist.


Betroffene wehren sich

Die Chancen, dass sich ihre Lage bessert, stehen laut MRG gering. In dem Bericht wird allerdings positiv hervorgehoben, dass zahlreiche diskriminierte Frauen aktiv für ihre Rechte kämpften, obwohl sie dadurch weitere Repressalien zu befürchten hätten.

Dalit-Frauen setzten sich vehement für Gerechtigkeit ein, sagte Manjula Pradeep von der Menschenrechtsorganisation 'Navsarjan'. Von ihren Familien und den Mitgliedern ihrer Gemeinden erhielten sie allerdings kaum Unterstützung. Als Pradeep vor fast 20 Jahren begann, mit 'Navsarjan' zusammenzuarbeiten, wurden nur wenige Übergriffe auf Frauen bei der Polizei angezeigt. Inzwischen wird jedoch offen über sexuellen Missbrauch durch Arbeitgeber und Großgrundbesitzer gesprochen.

Der Chef von MRG, Mark Lattimer, warf im Gespräch mit IPS Politikern in Industriestaaten vor, Verstöße gegen Frauenrechte oft als Problem des Südens abzutun. Das entspricht jedoch offenbar nicht der Realität. So seien die weiblichen Mitglieder ethnischer Minderheiten auch in den reichen Ländern in Politik, Justiz und anderen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt.


Diskriminierung auch in den Industriestaaten

In Australien kam das Komitee zur Abschaffung der Diskriminierung von Frauen zu dem Schluss, dass indigene Frauen geringere Chancen haben und weniger am öffentlichen Leben teilnehmen können als nicht-indigene. So sei ihr Zugang zu Justiz, Bildung und Gesundheitsversorgung erheblich eingeschränkt.

Der Studie zufolge werden in Großbritannien Muslima zu Zielscheiben verbaler und physischer Attacken. Auch die Bestrebungen mehrerer europäischer Staaten, ein Verbot des Ganzkörperschleiers (Hidschab) durchzusetzen, kritisiert der Bericht als Angriffe auf die weiblichen Angehörigen ethnischer Minderheiten. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.minorityrights.org/10848/state-of-the-worlds-minorities/state-of-the-worlds-minorities-and-indigenous-peoples-2011.html
http://navsarjan.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56389

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. Juli 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2011