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FRAUEN/450: Cote d'Ivoire - Ehepartner gleichgestellt, neues Gesetz kontrovers diskutiert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Dezember 2012

Cote d'Ivoire: Ehepartner gleichgestellt - Neues Gesetz kontrovers diskutiert

von Fulgence Zamblé



Abidjan, 17. Dezember (IPS) - Gut 17 Jahre lang hatten Frauenrechtsaktivistinnen in Côte d'Ivoire für das Gesetz zur Gleichstellung von Frau und Mann im Haushalt gekämpft. Im letzten Monat wurde es schließlich beschlossen. Doch bis heute wird die Neuregelung kontrovers diskutiert.

Dem am 21. November verabschiedeten Gesetz zufolge sind beide Ehepartner gemäß ihren Möglichkeiten gleichermaßen für das materielle und moralische Wohlergehen der Familie verantwortlich. Ein Partner, der sich nicht an die Regel hält, kann von den Gerichten dazu gezwungen werden. Zuvor kam lediglich dem Mann die Rolle des Familienvorstands zu.

"Dieses Gesetz hat nichts mit mir zu tun und ist mit meiner Tradition (im Osten des Landes) unvereinbar", meint Sandrine Ebin, die mit ihrem Mann in der ivorischen Wirtschaftsmetropole Abidjan lebt. "Bei uns ist es Sitte, dass ein Mann seine angetraute Frau in sein Haus aufnimmt und diese sich ihrem Mann unterordnet. Uns nun gleichzustellen, widerspricht unseren Moralvorstellungen. In meinem Haus wird mein Mann auch weiterhin der Boss bleiben", sagt sie.

Mariam Tiené, eine Händlerin in Abidjan, die ursprünglich aus dem Norden des Landes kommt, ist der gleichen Meinung. "Nach dem Gewohnheitsrecht bin ich eine von drei Frauen, die wir uns alle um eine zivile Heiratsurkunde bemühen. Würde ich den neuen Status einfordern, müsste ich damit rechnen, dass sich mein Mann scheiden lässt. Das will ich nicht", sagt sie gegenüber IPS.

Doch Constance Yaï, eine ehemalige Ministerin, bringt für diese Ansichten kein Verständnis auf. "Ich will mich nicht mit Frauen auseinandersetzen, die gegen das neue Gesetz sind", sagt sie. "Viele von ihnen wollen einen Mann, der für sie sorgt. Um es ganz klar zu sagen: Für sie kämpfe ich nicht."


Politischer Sprengstoff

Der Gesetzesentwurf hatte innerhalb der Partei 'Zusammenkunft der Republikaner' (RDR) und ihrer Verbündeten 'Demokratische Partei Côte d'Ivoires (PDCI) zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Die PDCI brachte einen Änderungsvorschlag ein, der darauf abzielte, Männern auch künftig die Rolle des Familienvorstands zu überlassen. Der Vorstoß führte am 14. November zur Auflösung der Regierung. Der Änderungsvorschlag wurde zurückgezogen und die Regierung nach Verabschiedung des umstrittenen Ehegesetzes neu gebildet.

"Das Familiengesetz soweit zu verändern, dass es keinen Familienvorstand mehr gibt, wird nicht zwingend Frauen zu mehr Rechten verhelfen", meint die Abgeordnete Yasmina Ouégnin, die gegen das Gesetz gestimmt hatte. "Ich möchte nur daran erinnern, dass es in unserer Gesellschaft stets einen Chief gegeben hat, den es zu achten galt."

Der Ingenieur Hervé Yaoua hält das Gesetz hingegen für eine gute Idee. "Es sieht vor, dass beide Partner den Haushalt managen. Die Aufforderung, dass Mann und Frau an einem Strang ziehen sollen, besagt letztendlich, dass auch der Frau die Fähigkeit zugesprochen wird, die Familie zu stützen. Darum geht's."

Wie seine Frau Edwige betont, haben Frauen schon immer die Verantwortung für die Familie mitgetragen. Doch ihr bereiten die möglichen finanziellen Implikationen des Gesetzes Kopfzerbrechen. "Frauen wollen nicht finanziell belastet werden", meint sie.


"Unislamisch"

Laut El Hadj Ibrahim Diarra, Imam einer Moschee in Agboville im Süden des Landes, sieht der Islam nicht vor, dass Frau und Mann dem Familienhaushalt vorstehen. "Der Mann ist der Chef und dass muss auch so bleiben. Das ist ein göttliches Vorrecht, und es ist nicht Sache des Menschen, dies zu ändern."

Ähnlich argumentiert Maxime Zoh von der protestantischen Kirche in Adjamé im Zentrum von Abidjan. "In Abwesenheit des Mannes kann eine Frau für die Familie verantwortlich sein, jedoch nicht als Haushaltsvorstand, wie dies Gott nur dem Mann zugesteht."

Die Anwältin Simone Assa ist der Meinung, dass das neue Gesetz der Bevölkerung genau erklärt werden muss. Ansonsten könnte es Familien auseinander bringen. "Das Gesetz verpflichtet im Grunde zu nichts, sondern es geht lediglich um Maßnahmen, die im Interesse der Familie getroffen werden", erläutert sie.

Nach dem neuen Gesetz sind Frauen keine bloßen Gehilfinnen ihrer Männer bei der Haushaltsführung mehr", erläutert die Ministerin für Solidarität, Familie, Frauen und Kinder, Anne Désiré Ouloto. "Die gemeinsame Verantwortung verschafft Paaren eine größere Ausgewogenheit." (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2012