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FRAUEN/501: Simbabwe - 'Gib einer Frau deine Stimme', Witwen hoffen auf künftige Parlamentarierinnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Juni 2013

Simbabwe: 'Gib einer Frau deine Stimme' - Witwen hoffen auf Hilfe künftiger Parlamentarierinnen

von Michelle Chifamba


Bild: © Michelle Chifamba/IPS

Gesetz schützt Witwen nicht vor der Vertreibung von Gemeindeland
Bild: © Michelle Chifamba/IPS

Harare, 26. Juni (IPS) - Wenn Maude Taruvinga* in diesem Jahr zu den Wahlurnen schreitet, will sie ihre Stimme einer lokalen Politikerin geben. Denn die Witwe ist überzeugt: Nur der Einzug vieler Frauen ins Parlament wird ihr helfen, ihre Lebenssituation zu verbessern.

Im Januar 2012 wurde Taruvinga von der Familie ihres verstorbenen Mannes gezwungen, ihre Farm in Marondera in der Ostprovinz Mashonaland aufzugeben. "Ich habe die Schikanen meiner Schwiegerfamilie nicht mehr ausgehalten", berichtet sie. "Niemand konnte mir helfen. Selbst die Polizei hat sich auf die Seite der Angehörigen meines Mannes geschlagen."

Es gibt viele Frauen, die nach dem Tod ihrer Männer von gierigen Angehörigen aus dem Haus geworfen werden. "Sie geben auf, entweder, weil sie ihre Rechte nicht kennen oder aber weil ihnen die Polizei nicht hilft", so die 45-jährige Taruvinga.

Das Gesetz Nummer sechs zur Verwaltung von Eigentum aus dem Jahre 1997 sieht vor, dass Witwen in Fällen, in denen kein Testament vorliegt, die unbeweglichen Vermögenswerte erben. Zuvor wurden die Besitztümer der Männer, die ihren letzten Willen nicht zu Papier gebracht hatten, im Fall ihres Todes wieder eingezogen.


Gesetzeslücken

Wie die Leiterin der Vereinigung der simbabwischen Anwältinnen, Emilia Muchawa, berichtet, leben 86 Prozent aller Frauen von der Landwirtschaft auf dem Gemeindeland, das ihre Männer von traditionellen Chiefs erhalten haben. Doch was mit dem Grundstück nach dem Tod des Ehepartners geschieht - darüber schweigen sich die Gesetze aus.

"Traditionelle Chiefs vergeben Land an die männlichen Haushaltsvorstände. Es fällt nach deren Tod nicht automatisch den Witwen zu", erläutert Muchawa. "Häufig werden die Frauen unabhängig davon, wie lange sie verheiratet waren, gleich nach dem Ableben ihrer Männer von dem Land vertrieben. Diejenigen, die dort bleiben dürfen, hängen von dem Wohlwollen ihrer Schwiegerfamilie oder den Chiefs ab."

Kinderlose Witwen werden Muchawa zufolge besonders häufig davongejagt. "Das Gleiche trifft auf Frauen zu, die sich weigern, einen männlichen Angehörigen ihres verstorbenen Mannes zu heiraten", sagt sie.

Doch in der im Mai in Kraft getretenen neuen Landesverfassung ist die Gleichbehandlung der Geschlechter festgeschrieben. Frauenaktivisten zufolge müssen nun noch die Gesetze an die neuen Realitäten angepasst und Witwen, die eine Ehe nach dem Gewohnheitsrecht eingegangen sind geschützt werden.

Zivilgesellschaftliche Gruppen sind davon überzeugt, dass ein höherer Anteil an Frauen im Parlament für ein Ende der frauenfeindlichen Praktiken sorgen wird.

Die 'Women in Politics Support Unit' (WiPSU), eine Nichtregierungsorganisation zur Förderung der politischen Partizipation der Frau, hat im Vorfeld der Wahlen die Kampagne 'Gib einer Frau deine Stimme' gestartet.

Die Kampagne soll zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen, wie sie im Frauenentwicklungsprotokoll des Verbands südafrikanischer Staaten festgeschrieben ist.

Das Protokoll beinhaltet eine Reihe progressiver Klauseln und 23 Ziele. Darin heißt es beispielsweise, dass Frauen bis spätestens 2015 die Hälfte aller politischen Führungspositionen innehaben sollen. Frauen stellen mit 6,7 Millionen mehr als die Hälfte der 12,9 Millionen Simbabwer.

"Die Kampagne Stimme für eine Frau wird die die Zahl der Frauen im Parlament und in den Lokalregierungen auf jeden Fall erhöhen", meint die WiPSU-Chefin Fanny Chirisa. "Sie ist dazu gedacht, die Bevölkerung aufzurütteln und zu ermuntern, Frauen in der Hoffnung zu wählen, dass sie das Leben ihrer Geschlechtsgenossinnen auf Graswurzelebene verbessern."


Frauen für Frauen

Marlene Sigauke, Programmmanagerin des 'Center for African Women Advancement', das sich für die Entwicklung von Frauen engagiert, verspricht sich von Frauen in Entscheidungspositionen starke und gendersensible Maßnahmen zum Wohl der Frauen.

"Nur eine Parlamentsabgeordnete ist fähig, das Leben anderer Frauen zu verändern", ist Beatrice Nyamupinga, Mitglied des Parlaments und Vorsitzende des Parlamentsauschusses der regionalen Frauen, überzeugt.

Die neue Verfassung reserviert den Frauen ein Kontingent an Sitzen im Parlament. "Wir werden diese besondere Chance ergreifen, um das Leben von Frauen zu verbessern. Es ist Zeit, für die Rechte von Frauen einzutreten", betont die Vizeministerin für Arbeit und soziale Wohlfahrt, Monica Mutsvangwa.

Frauen stehen automatisch 60 Sitze im 210-köpfigen Parlament und im Senat mit 88 Sitzen zu. "Die Verfassung sorgt damit für eine Frauenquote von 18 Prozent in der Politik", unterstreicht Mutsvangwa. "Wir werden die Möglichkeiten, die die Verfassung Frauen in dieser Hinsicht bietet, zu nutzen verstehen und die Theorie in die Praxis umsetzen." (Ende/IPS/kb/2013)

* Der Name wurde aus Sicherheitsgründen von der Redaktion geändert.


Link:

http://www.ipsnews.net/2013/06/women-in-zimbabwes-parliament-will-change-widows-lives/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. Juni 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2013