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INTERNATIONAL/008: China - In Dongguan werden Fabrikarbeiter umworben, Lohnerhöhung und Treuebonus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. März 2011

China: In Dongguan werden Fabrikarbeiter umworben - Lohnerhöhung und Treuebonus

Von Grit Porsch


Berlin, 15. März (IPS) - Für die Männer und Frauen, die in den Fabriken in Dongguan und Shenzhen im florierenden südwestchinesischen Industriegebiet des Perlenfluss-Deltas zu Hunderttausenden für Weltkonzerne schrauben und nähen, sind bessere Zeiten angebrochen. Mit kräftigen Lohnerhöhungen, Leistungsprämien sowie bezahlten Überstunden und Nachtschichten umwerben vor allem große Betriebe die bislang mit Hungerlöhnen abgespeisten Wanderarbeiter.

Der 'Chinese Labour Congress' (CLC), eine zivile, in Hongkong ansässige Organisation, berichtet, Regierung und Arbeitervertreter bemühten sich um Tarifvereinbarungen über deutlich höhere Mindestlöhne. Nach Angaben der Tageszeitung 'Western Metropolis Daily' einigte man sich beim Zulieferer-Werk Honda-Nanhai in Foshan auf einen Lohnanstieg um umgerechnet 50 US-Dollar und eine Anhebung der monatlichen Leistungsprämien um mehr als fünf Dollar.

In anderen Berichten ist die Rede von zusätzlichen Angeboten des Managements wie Betriebsrente, Sozial- und Unfallversicherung, bezahltem Urlaub und Mietzuschüssen für Arbeiter, die außerhalb des Fabrikgeländes wohnen. Die qualifizierten Wanderarbeiter sollen an den Betrieb gebunden werden, damit sie sich nicht im Landesinnern in anderen, inzwischen industriell entwickelten Regionen neue Jobs suchen.

Im vergangenen Jahr hatten monatelange Streiks in den Fabriken des japanischen Automobilkonzerns Honda sowie eine Serien von Selbstmorden unter den Beschäftigten des Elektronikriesens Foxconn Elektronics aus Taiwan weltweit für Negativschlagzeilen gesorgt. Dahinter standen die schlechte Bezahlung bei ständig steigenden Lebenshaltungskosten sowie miserable Arbeitsbedingungen.

In Dongguan klagten die Fabrikarbeiter, mit monatlich weniger als 2.000 Yuan (218 Dollar) könnten sie ihren Lebensunterhalt kaum noch bestreiten, erst recht nicht, wenn sie Kinder und alte Eltern zu versorgen hätten.

Der Trend zu höheren Löhnen, den sich besser organisierte, streikfreudige Fließbandarbeiter erkämpfen, geht an Bürokräften und Beschäftigten im Dienstleistungsgewerbe vorbei. Während Groß- und Mittelbetriebe ihren Arbeitern monatliche Mindestlöhne von rund 142 Dollar zahlen, die mit Extras auf bis zu 305 Dollar steigen können, muss Büropersonal mit höchstens 2.000 Yuan auskommen, und Ladengehilfen oder Kassierer im Restaurant bringen es monatlich auf keine 218 Dollar. Vorbei sind somit die Zeiten, als junge Wanderarbeiter, die es in die florierenden Industriezentren im Südwesten zog, in der 'bequemen' Arbeit im Büro oder hinter der Ladentheke ein begehrtes Sprungbrett zu Aufstieg und Wohlstand sahen.

Nach Ansicht des CLC treibt im boomenden Südwesten der Konsum der wachsenden wohlhabenden Mittelschicht die Lebenshaltungskosten weiter in die Höhe. Ohne Lohnerhöhungen, so warnen die Arbeitsaktivisten, könnte aus schlecht bezahlten Angestellten schon bald ein neues städtisches Proletariat werden. (Ende/IPS/mp/2011)


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2011