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WOHNEN/115: Kein Wohnungsmarkt für Auszubildende und Studierende (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 25 vom 20. Juni 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Kein Wohnungsmarkt für Auszubildende und Studierende
Mietpreisbremse kommt zu spät und ist zu wenig

von Manfred Dietenberger



In Deutschland herrscht Wohnungsnot. Die Mieten steigen und steigen, besonders mangelt es an bezahlbaren Wohnungen. Der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, mahnt: "Bis zum Jahr 2017 werden in Deutschland 825.000 Mietwohnungen, insbesondere in Ballungszentren, Groß- und Universitätsstädten fehlen. Dann werden die Mieten noch schneller steigen als bisher. Kommen dann noch teure energetische Modernisierungen dazu, werden die Mieten für einen Großteil der Mieter in Deutschland nicht mehr bezahlbar sein".

Von den steigenden Mieten sind neben vielen Menschen in prekären Lebensverhältnissen und mit geringem Einkommen auch Auszubildende und Studierende besonders betroffen. DMB-Präsident Rips fordert "Wir brauchen die Mietpreisbremse, und zwar so schnell wie möglich". Aber bislang gibt es nichts als einen 40-seitigen Referentenentwurf aus dem Hause des Justizministers Heiko Maas (SPD). Mehr geschah seitens der Regierungskoalition in Sachen Mietrechtsreform nicht.

Der Deutsche Mieterbund befürchtet ein bewusstes Hinauszögern der Umsetzung durch die Regierung. Und in der Tat, seit Jahresbeginn sind die Mieten in ganz Deutschland um durchschnittlich fast drei Prozent gestiegen. Die Immobilienbesitzer haben damit begonnen, sich bei ihren Mietwohnungen noch schnell jene Gewinne, die ihnen künftig per Mietpreisbremse beschnitten werden sollen, zu sichern.

Die Vermieter schaffen so noch schnell vor Inkrafttreten der neuen Regelung harte Fakten. "Wir erwarten, dass die Mietpreisbremse ab 1. Januar nächsten Jahres wirksam wird", so Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips weiter, sollte dies wirklich gewollt sein, dann gibt es aber dafür nur noch ein denkbar kleines Zeitfenster - in nicht einmal mehr einem Monat beginnt die zweimonatige Sitzungspause im Bundestag. Rips, befürchtet jedoch, dass Teile der Union jetzt, kurz vor der Parlamentarischen Sommerpause, die Wahlversprechen der Regierungskoalition "gar nicht wollen und nach Möglichkeiten suchen, den Gesetzesentwurf auf die lange Bank zu schieben".

Dabei ist dem Mieterbund klar, dass die Vorhaben - Einführung einer Begrenzung der Miete bei Wiedervermietung - Wohnungen nur bedingt preisgünstiger machen. Die Mietpreisbremse werde den "Wohnungsbau nicht retten", weiß Rips. Wer in Städten in eine neue Wohnung zieht, müsse derzeit durchschnittlich 37 Prozent mehr aufbringen als seine Nachbarn, die die ortsübliche Vergleichsmiete zahlen. Wer in Berlin oder München umziehen will, muss im Schnitt 20 Prozent mehr für den Quadratmeter berappen, in Hamburg sind es 28 und in Regensburg sogar 36 Prozent. Letzten Endes, das weiß auch Rips, kann nur der Neubau den Mietmarkt entspannen. Dabei müssten jedoch nicht nur Wohnungen, sondern vor allem auch "bezahlbare" Wohnungen gebaut werden.

Wohnen und Energieversorgung gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Wohnen ist ein Grund- und Menschenrecht und darf daher nicht den Renditeinteressen von Wohnungsspekulanten und Immobiliengesellschaften untergeordnet werden. Dem zum Trotz werden öffentliche Wohnungen zu Tausenden an Immobilien-Heuschrecken verhökert. Bei jedem Mieterwechsel werden die Mieten massiv erhöht.

Die angekündigte Mietpreisbremse der Regierung ist im Bestfall der "Tropfen auf den heißen Stein". Migranten, Hartz-IV-Bezieher und kinderreiche Familien stehen Schlange und haben kaum eine Chance auf eine gute, bezahlbare Wohnung. Privatinvestoren bauen aber halt nur dann Wohnungen, wenn sie für ihr investiertes Kapital mindestens die marktübliche Rendite erzielen. Der kapitalistische Wohnungsmarkt versorgt deshalb ausschließlich die Besserverdienenden, aber nicht diejenigen mit durchschnittlichen oder niedrigen Einkommen.

Was notwendig wäre ist keine Mietpreisbremse, sondern eine Kapitalverwertungsbremse. Wer es mit der sozialen Stadt ernst meint, muss Wohnen - wie Bildung, Gesundheit, Energie oder den öffentliche Nahverkehr - als soziale Infrastruktur und damit als öffentliche Aufgabe anpacken. Denn in den letzten 150 Jahren kapitalistischer Stadtentwicklung gibt es - abgesehen von Werkssiedlungen großer Industriepatriarchen - keine Beispiele, in denen private Eigentümer preiswerte und gute Wohnungen errichtet haben. Insbesondere Wohnungen für die Armen wurden ausschließlich von Genossenschaften im öffentlichen Eigentum gebaut.

Dass sozial tragbare Mieten auch heute möglich sind, beweisen viele der gemeinnützigen Träger und Wohnungsgenossenschaften, die allerdings nur über einen kleinen Bruchteil des gesamten Wohnungsbestandes verfügen.

Der Kampf für eine soziale Wohnungspolitik wird nicht leicht zu gewinnen sein. Er braucht viele Mitstreiter, besonders die arbeitende und studierende Jugend. Dessen ist sich die SDAJ bewusst: Es muss bezahlbaren, schadstofffreien, lärmgeschützten Wohnraum für alle Jugendliche geben! Es darf keine Wohnungsrepression durch die Jobcenter geben - die "Stallpflicht" für U25-jährige ist abzuschaffen!

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 25 vom 20. Juni 2014, Seite 7
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2014