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AGRAR/1539: Gesetzlichen Schutz gegen Boden-Preistreiberei gefordert (AbL Ni)


Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.

Landesverband Niedersachsen/Bremen - 12. März 2012

AbL fordert gesetzlichen Schutz gegen Boden-Preistreiberei


Verbesserte Eingriffsmöglichkeiten des Grundstücksverkehrsgesetzes gegen die Pacht- und Bodenpreisexplosion bei Agrarflächen hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bei ihrer niedersächsischen Frühjahrs-Tagung in Syke zum Thema "Wer gewinnt den Kampf ums Land?" diskutiert. Vor allem die Betreiber von stark geförderten Biogasanlagen, Großmastanlagen sowie außerlandwirtschaftliche Kapitalanleger könnten derzeit Preise bei Bodenkauf und Pacht zahlen, mit denen normale landwirtschaftliche Betriebe oder Biobauern nicht mehr mithalten könnten. Der AbL-Landesvorsitzende Martin Schulz forderte, die Möglichkeiten des Landpacht- und das Grundstücks-verkehrsgesetz konsequent zu nutzen und auszubauen, die ja zur Verhinderung einer "ungesunden Verteilung von Grund und Boden" und "nicht angemessener" Flächen-Preise gedacht seien.

Nicht nur in Niedersachsen, sondern bundesweit steigen laut Silke Dahl vom Niedersächsischen Statistik-Landesamt die Pacht- und Kaufpreise, vor allem in Nordrhein-Westfalen und im westlichen Niedersachsen mit Pacht-Spitzenpreisen im Landkreis Cloppenburg von 540 Euro/ha. Die Gründe lägen nicht im Flächenbedarf für Verkehrsprojekte und den damit verbundenen Naturschutz-Ausgleichs-maßnahmen, sondern in der Wachstumsstrategie von Biogasbetreibern und Intensiv-Viehhaltern bzw. den dafür geschaffenen Förder- und Politik-Rahmenbedingungen. Sie warnte aber auch vor einer "Geisterdebatte" über Pachtpreise von 1200 Euro pro Hektar, die allenfalls in Sonderfällen für wenige Hektare gezahlt worden seien, die jetzt aber die Debatte um die Pachtpreise unnötig anheizten. Lediglich 5% der niedersächsischen Betriebe zahlten derzeit mehr als 800 Euro Pacht für den Hektar.

Über die Arbeit des landesweiten Ober-Gutachterausschuss für den Grundstücksverkehr berichtete Reinhard Krumbholz: Nach einem rezessionsbedingten Rückgang stiegen auch in Niedersachsen seit 2008 die Pacht- und Verkaufspreise wieder deutlich an: von 1,66 Euro/ha im Jahre 2002 auf 2.04 Euro/ha in 2011, mit Spitzen von 4 bis 6 Euro/ha in Regionen wie Südoldenburg oder Rotenburg. Die Kaufgebote von außerlandwirtschaftlichen oder ausländischen Investoren nähmen zu, wobei die Grundstücksverkehrsausschüsse der Landkreise in 33 von 81 beanstandeten Fällen dafür sorgten, dass ortsansässige Landwirte oder die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) den Vorrang beim Kauf gegenüber außerlandwirtschaftlichen Anbietern behielten.

Überraschung löste die Mitteilung aus, dass lediglich die Hälfte der Pachtverträge von den Pächtern bei den Landkreisen angemeldet werde und dass die bei den Notaren abgeschlossenen Landkaufverträge bisher von den Behörden nicht ausgewertet würden. Auch die Daten für den Flächenerwerb durch außerlandwirtschaftliche und ausländische Investoren würden nicht systematisch dargestellt. Strittig blieb die Frage, ob die EU-Flächensubventionen künftig nur für registrierte Pachtflächen gezahlt werden sollten.

Angesichts der schwindenden Mitgliederbasis des Bauernverbands forderte die AbL, dass pacht- oder kauf-interessierte Landwirte nicht mehr nur durch diesen Verband über ihr Vorkaufsrecht informiert werden, sondern dass - wie in anderen Bundesländern - alle Landwirte durch eine öffentliche Bekanntmachung davon erfahren könnten. Es sei zu prüfen, inwieweit die Landkreise bei der Besetzung der Ausschüsse nicht auch andere Landwirtschafts- oder auch Umweltverbände berufen müssten. "Ziel muss es sein", so der AbL-Landesvorsitzende Martin Schulz, "dass bei Pacht und Bodenkauf solche Investoren ausgegrenzt werden, die sich nicht am landwirtschaftlichen Ertragswert einer Fläche orientieren müssen."

Den internationalen Zusammenhang stellte Katrin Beckedorf vom Netzwerk VEN her: Durch die "Landgrabbing"-Aneignung von landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Staaten, Konzerne und Finanzanleger in der Größenordnung würden jährlich Kleinbauern von mehr als 50 Millionen Hektar Land vertrieben.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 12.03.2012
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
Landesverband Niedersachsen/Bremen
Pressesprecher: Eckehard Niemann
Varendorferstr. 24, 29553 Bienenbüttel
Telefon: 0151 - 11 20 16 34
E-Mail: eckehard.niemann@freenet.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2012