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AGRAR/1599: Kamerun - Neues Land nach der Vertreibung, 'Fair Fruit'-Projekt rettet Obstbauern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. März 2013

Kamerun: Neues Land nach der Vertreibung - 'Fair Fruit'-Projekt rettet Obstbauern

von Monde Kingsley Nfor


Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Ndomi Magareth pflanzt Sojabohnen auf ihrem Feld in Njombe
Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Douala, Kamerun, 15. März (IPS) - Obstbauern in Njombe, einer kleinen kamerunischen Küstenstadt, haben es 15 Jahre nach der Vertreibung von ihren Feldern zu einem bescheidenen Auskommen gebracht. Den erfolgreichen Neustart verdanken sie einer Initiative, die ihnen Kredite für den Kauf von Land bereitgestellt hat, auf dem sie nun Ananas, Bananen, Mangos und Papayas für eine Dörrobstfabrik herstellen.

1998 hatten 34 Farmer 70 Hektar Land an die 'Plantation de Haut Penja' (PHP) verloren. Insgesamt verpachtete die kamerunische Regierung der Niederlassung des französischen Unternehmens 'Compagnie Fruitière' 4.500 Hektar Land für den Bananenanbau.

Doch 2003 stellte das lokale Netzwerk für den Kampf gegen den Hunger (RELUFA) den Land Grabbing-Opfern Kredite für den Erwerb von Agrarland und Düngemitteln zur Verfügung und schloss die Menschen zu einer Bauernkooperative zusammen.

Bika Sadi pflanzt seitdem Bananen, Ananas und Papaya, die er zu Festpreisen an die Dörrfabrik verkauft, die 2009 ebenfalls mit Unterstützung der RELUFA errichtet worden war. Wie Sadi berichtet, verdient er an frischen Papayas keine 20 US-Cent das Kilo. Doch im Rahmen des sogenannten 'Fair Fruit'- Projekts erhält er für die gleiche Menge 31 Cent. Bananen nimmt die Fabrik zu 24 Cent das Kilo ab. Auf dem lokalen Markt werden zehn Cent das Kilo gezahlt.

Fair Fruit wurde aus dem verzweifelten Versuch der beteiligten Bauern geboren, für den Verlust ihres Landes entschädigt zu werden. Die Farmer hatten PHP 2005 vor dem Wouri-Gericht in Douala verklagt. Nachdem sie dort fünf Mal in drei Jahren erschienen waren, kam es schließlich zu einer außergerichtlichen Einigung. Doch von den zugesagten 120.000 Dollar, die das Unternehmen den Bauern zahlen wollte, sind gerade einmal 28.000 Dollar angekommen.

Ein Label der besonderen Art

Im Jahr darauf wurde die Dörrfabrik eröffnet und die ersten Trockenfrüchte verkauft. Die Verpackungen geben Auskunft über die Gründe für das Zustandekommmen des Projekts. "Die fairen Früchte werden von kamerunischen Bauern produziert, die von einem transnationalen Unternehmen wegen einer Großplantage von ihrem Land vertrieben wurden. Anbau und Ernte folgen umweltfreundlichen Kriterien, der Handel ist fair. "

Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Das 'Fair Fruit-Projekt' vermarktet ofengetrocknete Ananas, Papayas, Bananen und Mangos
Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Daniel Mahatma, ein örtlicher Obstbauer, managt die Dörrfabrik. "Die Beschäftigten erhalten 2,5 US-Dollar für einen Fünf-Stunden-Tag. Gerade für junge Leute, die sich Zeit für andere Dinge wünschen, ist das ein ordentlicher Verdienst", sagt er.

Die abgepackten Trockenfrüchte werden an Supermärkte, Hotels und Flughäfen ausgeliefert. "Auf der Suche nach Kunden sind wir auch auf Messen und Märkten vertreten", berichtet Michelle Danleu, die Marketing- und Verkaufsleiterin. Ein Teil der Einnahmen fließt in das Projekt zurück, damit auch anderen vertriebenen Kleinbauern geholfen werden kann.

"Fair Fruit kennt die Geschichte vieler Farmer in Kamerun", bestätigt Jaff Bamenjo, der stellvertretende Koordinator von RELUFA, gegenüber IPS. Er berichtet von einer neuen Welle ausländischer Investitionen in Agrarland und den damit verbundenen Auswirkungen auf die lokale Nahrungsmittelproduktion und die ländlichen Gemeinschaften.

Wie aus einem Bericht ('Investment Policy Support, Foreign Agricultural Investment Profile Cameroon') der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO von 2012 hervorgeht, ist der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen von knapp 113 Millionen US-Dollar in den 1990er Jahren auf 337 Millionen Dollar 2009 gestiegen. Dem Bericht zufolge verschafft die Landwirtschaft 48 Prozent der Kameruner ein Auskommen.

Das Interesse ausländischer Konzerne an kamerunischem Land lässt sogar im Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung die Alarmglocken schrillen. "Großplantagen wirken sich nicht nur auf die lokale Nahrungsmittelproduktion und -versorgung negativ aus, sondern auch auf die soziale Wirtschaft der betroffenen Dörfer. Die meisten Bauern, die von ihrem Land vertrieben werden, trauen sich in der Regel nicht, Land in der Nähe der Plantagen zu bestellen", berichtet Collette Ekobo, Agrarinspekteurin des Ministeriums.

Zu Ekobos Aufgaben gehört es, die Qualität der landwirtschaftlichen Dienste, die ländliche Produktivität und landwirtschaftliche Entwicklung zu kontrollieren. "Die Beschwerden der Bauern, die von ihrem Land vertrieben wurden, häufen sich vor allen in den Küstengebieten und der Südwestregion, wo es die meisten Plantagen gibt", sagt sie. Ekobo zufolge werden die Interessen der Bauern, die das Land ihrer Vorfahren kultivieren, aber keine Landtitel besitzen, durch das derzeitige Grundbesitzsystem nicht geschützt.

Die Verordnung 74/1 über Landbesitz aus dem Jahre 1974 schreibt vor, dass privater Landbesitz registriert werden muss. Der Rest - Brachen, gemeinschaftlich genutztes Traditionsland, informelle Siedlungen und Weideland - gehört dem Staat.


Erwerb von Landbesitztiteln mühsam

Doch der Prozess, sich Landbesitz zertifizieren zu lassen, ist kostspielig und zeitaufwendig. "Das ist häufig der Grund, warum Bauern keine Titel besitzen", meint Samuel Nguiffo vom kamerunischen Zentrum für Umwelt und Entwicklung. Er beklagt, dass die Pachtverträge mit großen Konzernen keine Rücksicht auf die informellen Landeigentümer nehmen. Hilfe von den Behörden hätten die Bauern nicht zu erwarten.

Ein Komitee des Ministeriums für staatliches Eigentum und Landbesitz ist derzeit mit der Überprüfung des Landbesitzrechts betraut. Doch zivilgesellschaftliche Organisationen beklagen den Mangel an Transparenz und Bereitschaft, die betroffenen Parteien an den Gesprächen zu beteiligen.

Nguiffo zufolge ist es eine Binsenweisheit, dass ausländische Investoren mehr Arbeitsplätze schaffen als die lokalen Bauern. "Wenn Gemeinschaften Unterstützung in Form von Land, Kapital und technischer Hilfe erhalten, schaffen sie Arbeitsplätze und Wohlstand und tragen nachhaltiger zur nationalen Entwicklung bei als große Unternehmen", ist er überzeugt.

Am 16. Januar hat PHP endlich zugesagt, die ausstehenden Abfindungen an die Bauern in Njombe zu zahlen. Die Gründe für den plötzlichen Sinneswandel sind unklar. Er hängt aber vermutlich mit der Fair-Fruit-Verpackungsaufschrift zusammen. "Die Firma hat die Auszahlung der Restsumme davon abhängig gemacht, dass die Aufschrift gestrichen wird", berichtet Bamenjo. "Die Bauern sind einverstanden." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.relufa.org/programs/economicjustice/trade/fairfruit.htm
http://www.ipsnews.net/2013/03/cameroonian-farmers-find-justice-in-fair-fruit/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 15. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2013