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AGRAR/1788: Schwierige Lage weltweit - Thailändische Landwirtschaft wächst gegen den Trend (idw)


Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei - 02.08.2016

Schwierige Lage für Ackerbaubetriebe weltweit - Thailändische Landwirtschaft wächst gegen den Trend

• Das Agrarökonomen-Netzwerk agri benchmark Cash Crop vergleicht Produktionssysteme weltweit
• Aktuelle Zahlen und Analysen auf Jahreskonferenz in Bangkok vorgestellt


Für die Gastgeber der diesjährigen agri benchmark Cash Crop Conference gab es gute Neuigkeiten: Im Jahr 2015 festigte Thailand seine Stellung als einer der Marktführer im globalen Handel mit Zucker, Cassava und Reis. Die kleinbäuerliche Struktur der thailändischen Landwirtschaft stellte dabei offensichtlich kein Hindernis dar.


Dies war nur eines der Kernergebnisse, die auf der Jahreskonferenz von agri benchmark Cash Crop vorgestellt wurden. Das weltweite Netzwerk von Agrarökonomen präsentierte im Frühsommer aktuelle Zahlen und neue Analysen in Bangkok, wohin die thailändischen agri benchmark-Partner sowie die agri benchmark-Koordinatoren am Thünen-Institut in Braunschweig eingeladen hatten.

Die global und nach einheitlichen Standards erhobenen Daten des Netzwerks zeigten allerdings für die landwirtschaftlichen Betriebe anderer Länder eine angespanntere Lage. Viele der typischen agri benchmark-Betriebe mussten 2015 kämpfen, um ihre Vollkosten zu decken. "Unsere Daten zeigen, dass die Situation für Betriebe in den USA und in Argentinien besonders schwierig ist", sagte Dr. Yelto Zimmer, Koordinator von agri benchmark Cash Crop. Dort haben die sinkenden Weltmarktpreise nahezu ungebremst zu rückläufigen Hoftorpreisen geführt. Typische Betriebe in der EU, Russland, Ukraine und Brasilien haben hingegen von einer deutlichen Abwertung ihrer Währung gegenüber dem Dollar profitiert. Dazu begünstigten niedrige Preise für Stickstoff aus der Schwarzmeer-Region die Ackerbaubetriebe in Osteuropa.

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage vieler Betriebe belegen die Daten des agri benchmark-Netzwerks aber auch, dass der Ackerbau fast immer noch mit einem deutlich positiven cash-flow verbunden ist; Flächen brachfallen zu lassen, ist daher in der Regel keine vernünftige Alternative. Die schwierige ökonomische Lage erklärt aber die Zurückhaltung der Landwirte, beispielsweise in neue Maschinen zu investieren.

Der Anbau von Soja war 2015 im Vergleich zur Mais- und Weizenproduktion im Allgemeinen recht wirtschaftlich. Trotzdem rechnen die agri benchmark-Experten damit, dass der Sojaanbau nur in geringem Umfang zu Lasten der Maisflächen ausgedehnt wird. Mit Blick auf die USA formuliert Kelvin Leibold von der Iowa State University die Zusammenhänge so: "Viele Betriebe bauen heute schon wieder Mais und Soja im jährlichen Wechsel an - nachdem sie in der Hochphase der Getreidepreise Mais mehrmals hintereinander gedrillt haben. Da mehr als 50 % Sojaanteil an der Fläche aus Gründen der Fruchtfolge nicht sinnvoll sind, bestehen nur begrenzte Spielräume für eine Ausweitung der Sojaflächen. Außerdem schaffen die deutlich höheren Umsätze sowie die abgeschlossenen Versicherungen Anreize dafür, dem Mais treu zu bleiben."

Gesetzliche Vorschriften und Auflagen werden häufig als wichtige Bestimmungsgründe für die wirtschaftliche Lage landwirtschaftlicher Betriebe genannt. Allerdings hat sich gezeigt, dass die von der EU im Rahmen des sogenannten Greenings geforderte Anbaudiversifizierung sowie der Ausweis von ökologischen Vorrangflächen für agri benchmark-Betriebe in Frankreich, Polen und Deutschland keine erhebliche Herausforderung darstellten. Die dadurch verursachten Zusatzkosten liegen bei unter 20 Euro je Hektar.

Das Verbot der Neonicotinoide als insektizide Beizmittel im Raps führte bisher lediglich in einzelnen Regionen zu spürbaren Ertragsausfällen. Langfristig sehen die Wissenschaftler des Netzwerks dieses Verbot jedoch mit Besorgnis, da die Landwirte nur noch eine alternative Wirkstoffgruppe (Pyrethroide) einsetzen können, die zudem in jeder Saison mehrfach gespritzt werden muss. Dadurch steigt die Gefahr, dass Resistenzen weiter zunehmen. Thomas de Witte vom Thünen-Institut kritisiert darüber hinaus den uneinheitlichen Umgang mit dem Verbot: "Wir sind verblüfft, dass EU-Mitgliedstaaten das Verbot ganz oder teilweise aufheben können und das auch schon getan haben. Das führt zu ungleichen Wettbewerbsverhältnissen und wirft die Frage auf, wie solide die wissenschaftliche Basis des Verbots ist."

Vor ganz anderen Herausforderungen stehen die landwirtschaftlichen Betriebe in den Ländern der neu gewonnenen agri benchmark-Partner aus Afrika. So importieren Kenia, Ghana, Mozambique oder Sambia große Mengen Reis aus Asien, trotz guter natürlicher Anbaubedingungen in ihren eigenen Ländern. Daher fanden die afrikanischen Konferenzteilnehmer die Farmexkursionen im Rahmen der Konferenz besonders interessant. Natson Amengor vom Ghanaian Crops Research Institute brachte es auf den Punkt: "Ein Blick auf die asiatische Reisproduktion hat deutlich gemacht, dass wir die Art und Weise wie in meinem Land Saatgut, Dünger und Arbeit eingesetzt werden, überdenken müssen." Vor allem der höhere Maschineneinsatz auch auf Kleinbetrieben wurde offensichtlich. Warum das so ist, erklärte Somporn Isvilanonda vom Knowledge Network Institute of Thailand (KNIT) folgendermaßen: "Die Konkurrenz um gute Arbeitskräfte ist für landwirtschaftliche Betriebe in Thailand sehr hoch. Deshalb werden arbeitsintensive Prozesse so gut es geht mechanisiert."

Wie hoch das Potenzial für Ertragssteigerungen für die afrikanischen Betriebe ist, machte ein Blick auf die agri benchmark-Daten zum Maisanbau deutlich. Die aktuelle Produktion von 2 Tonnen Mais pro Hektar auf kleinbäuerlichen Betrieben könnte danach durch ein besseres Management deutlich erhöht werden. "Auf Großbetrieben können wir in Kenia 7 bis 8 Tonnen Mais pro Hektar ernten. Dazu kommt noch, dass die inländischen Erzeugerpreise - anders als oft vermutet - deutlich höher sind als die Weltmarktpreise. Das sollte ein starker ökonomischer Anreiz zur Steigerung der Maiserträge sein."


agri benchmark Cash Crop ist ein weltweites, nicht-gewinnorientiertes Netzwerk von Agrarökonomen, das vom Thünen-Institut und der gemeinnützigen Gesellschaft global networks koordiniert wird. Sein Ziel ist es, die Entwicklungen im globalen Ackerbau wissenschaftlich fundiert wie auch anwendungsorientiert zu analysieren und die gewonnenen Ergebnisse zu verbreiten.

Ausgewählte Präsentationen der agri benchmark Cash Crop Conference 2016 finden Sie unter:
http://www.agribenchmark.org/cash-crop/conferences-and-events/2016-thailand.html

Weitere Informationen unter:
http://www.agribenchmark.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1208

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Johann Heinrich von Thünen-Institut,
Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei,
Dr. Michael Welling, 02.08.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2016

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