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AUSSENHANDEL/1716: Waffen für die Welt (german-foreign-policy.com)


Informationen zur Deutschen Außenpolitik - 12. März 2019
german-foreign-policy.com

Waffen für die Welt


BERLIN - Deutschland hat seine Rüstungsausfuhr in den vergangenen fünf Jahren gegenüber dem vorigen Fünfjahreszeitraum um mehr als ein Achtel gesteigert und war damit der viertgrößte Waffenexporteur der Welt. Dies geht aus aktuellen Zahlen des Forschungsinstituts SIPRI hervor. Die angebliche Friedensmacht EU nimmt demnach auf der Rangliste der größten Rüstungsexporteure den zweiten Platz nach den USA ein - mit über einem Viertel aller Lieferungen weltweit. Die NATO-Staaten kommen demzufolge auf einen Anteil von fast zwei Drittel der globalen Ausfuhr von Kriegsgerät - mehr als dreimal so viel wie Russland und dreizehnmal so viel wie China. Mehr als ein Siebtel aller Lieferungen geht nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate, die beiden Länder, die Iran zum Hauptfeind erklärt haben und im Jemen einen Stellvertreterkrieg gegen Teheran führen. Darüber hinaus zählen Staaten rings um die Volksrepublik, die teils gespannte Beziehungen zu Beijing haben, zu den großen Waffenkäufern der Welt. Auch sie werden insbesondere von westlichen Mächten beliefert.

Viertgrößter Waffenexporteur weltweit

Deutschland hat seine Rüstungsexporte in den vergangenen fünf Jahren (2014 bis 2018) um 13 Prozent gegenüber den fünf Jahren zuvor (2009 bis 2013) gesteigert und liegt mit einem Anteil von 6,4 Prozent am globalen Rüstungsexport auf der Rangliste der größten Waffenlieferanten weltweit auf Platz vier. Dies berichtet das Forschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute).[1] SIPRI berechnet Fünfjahreszeiträume, weil die Ausfuhr von Waffen wertmäßig höheren Schwankungen unterliegt als der zivile Handel und ein Fünfjahresdurchschnitt einen realistischen Vergleich zulässt. Auf Rang drei hat Frankreich die Bundesrepublik abgelöst; traditionell wechselt dieser Platz immer wieder zwischen den Hauptmächten der EU. Dabei ist der reale Anteil der deutschen Rüstungsproduktion noch etwas höher als der von SIPRI berechnete Wert, da der Export von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien und Oman über London abgewickelt und in den Statistiken Großbritannien zugerechnet wird.[2] Rund 30 Prozent der milliardenschweren Arbeiten am Eurofighter werden allerdings in Deutschland getätigt.

Die "Friedensmacht" EU

SIPRI liefert auch Daten über die Rüstungsexporte der EU. Demnach ist die Union, die sich gern als angebliche Friedensmacht inszeniert, nicht nur mit sechs Ländern unter den Top 10 der globalen Rüstungsexporteure vertreten (Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Spanien, Italien, Niederlande). Sie stellt auch zusammengenommen rund 27 Prozent aller Waffenausfuhren weltweit. Damit liegt sie hinter den Vereinigten Staaten (36 Prozent), aber noch deutlich vor Russland (21 Prozent) und uneinholbar weit vor China (5,2 Prozent) auf Platz zwei beim globalen Rüstungsexport. Das ändert sich auch nicht durch Großbritanniens Austritt aus der Union: Die EU-27 erreichten im Fünfjahreszeitraum von 2014 bis 2018 immer noch einen Anteil von 22,8 an der globalen Ausfuhr von Kriegsgerät - mit steigender Tendenz gegenüber den fünf Jahren von 2009 bis 2013. Eine weitere Zunahme wird in der EU offen angestrebt: Die Konzentration der europäischen Rüstungsindustrie, die in Brüssel zum Ziel erklärt worden ist [3], soll nicht zuletzt größere Weltmarktanteile sichern.

Das westliche Kriegs- und Rüstungsbündnis

Legen die SIPRI-Daten die führende Rolle der USA und der EU bei der Belieferung der Welt mit Kriegsgerät offen, so zeigen sie auch absolut dominierende Stellung des transatlantischen Bündnisses: Die Waffenschmieden aus NATO-Mitgliedstaaten stehen für annähernd zwei Drittel des globalen Rüstungsexports - mehr als dreimal so viel wie Russland sowie ungefähr dreizehnmal so viel wie China. Zwar stellen die Länder auf beiden Seiten des Atlantik die Waffensysteme, mit denen sie ihre eigenen Streitkräfte aufrüsten, zum guten Teil selbst her; doch beziehen sie ihre Zukäufe überwiegend voneinander. So sind die Vereinigten Staaten wichtigster Lieferant etwa Großbritanniens, Italiens, Norwegens und Finnlands, während die Bundesrepublik das bedeutendste Herkunftsland von US-Rüstungseinfuhren ist. Deutschland taucht seinerseits auf der SIPRI-Liste der 40 größten Rüstungskäufer überhaupt nicht auf [4]: Berlin ist bemüht, die Bundeswehr weitestgehend mit Kriegsgerät aus deutscher Produktion auszustatten - mit Erfolg.

Top-Waffenkäufer

Die Waffenkäufer, die den globalen Anstieg der Rüstungslieferungen und insbesondere den wachsenden Anteil der westlichen Staaten maßgeblich verantworten, sind arabische Staaten. Laut SIPRI nahmen etwa die deutschen Rüstungsexporte in den Nahen und Mittleren Osten im vergangenen Fünfjahreszeitraum gegenüber den Jahren von 2009 bis 2013 um 125 Prozent zu; damit ging ein Viertel der gesamten deutschen Waffenausfuhr in die Region, die für ihre politischen Spannungen und ihre Kriege berüchtigt ist.[5] Allein Saudi-Arabien kaufte zwölf Prozent der globalen Rüstungsexporte - vorwiegend bei US-Lieferanten (68 Prozent), aber auch in Großbritannien (16 Prozent, vor allem Eurofighter mit beträchtlichem deutschen Produktionsanteil) und in Frankreich (4,3 Prozent). Die Vereinigten Arabischen Emirate wiederum nahmen 3,7 Prozent des globalen Rüstungsexports ab. Damit gingen über ein Siebtel aller Waffenausfuhren weltweit an die beiden Länder auf der Arabischen Halbinsel, die Iran als Hauptfeind betrachten und zur Zeit im Jemen einen Stellvertreterkrieg gegen Teheran führen. Iran selbst, von den Vereinten Nationen mit einem Waffenembargo belegt, kaufte lediglich 0,9 Prozent der Rüstungsgüter, die in den Nahen und Mittleren Osten geliefert wurden. Das Zahlenverhältnis ist geeignet, die Behauptung, Iran sei militärisch eine Bedrohung für die gesamte Region, in ein sachlicheres Licht zu rücken.

Ein Ring um China

Die SIPRI-Statistiken zeigen nicht zuletzt, dass gut ein Viertel der globalen Rüstungsexporte an Länder geliefert wird, die in einem Halbkreis um China liegen und zumindest teilweise ein angespanntes Verhältnis zur Volksrepublik haben. Lieferanten sind in den meisten Fällen Waffenschmieden aus NATO-Staaten.[6] So ist Australien, dessen Regierung einen harten Kurs gegen Beijing fährt, viertgrößter Waffenimporteur und nimmt 4,6 Prozent aller globalen Lieferungen ab; der größte Teil kommt aus den Vereinigten Staaten, Spanien und Frankreich. Südkorea (3,1 Prozent) wiederum bezieht seine Waffen meist aus den USA, Deutschland und Großbritannien. Indonesien (2,5 Prozent) kauft vor allem in Großbritannien, den USA und den Niederlanden, während Taiwan (1,7 Prozent) sein Kriegsgerät fast ausschließlich in den Vereinigten Staaten sowie zu einem geringen Teil in Deutschland und Italien beschafft. Auch Indien (9,5 Prozent) und Vietnam (2,9 Prozent), traditionelle Rivalen Chinas, kaufen große Mengen an Waffen, werden aber vor allem von Russland beliefert - ein Hinweis darauf, dass auch Moskau, das anderweitig eng mit Beijing kooperiert, den Aufstieg der Volksrepublik zumindest ein wenig zu bremsen sucht.


Anmerkungen:

[1] Pieter D. Wezeman, Aude Fleurant, Alexandra Kuimova, Nan Tian, Siemon T. Wezeman: Trends in International Arms Transfers, 2018. SIPRI Fact Sheet, March 2019.

[2] Eurofighter bilden einen Großteil der britischen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien und Oman, die zusammen 59 Prozent der gesamten britischen Waffenausfuhren ausmachen. Großbritannien wiederum stellte in den fünf Jahren von 2014 bis 2018 rund 4,2 Prozent des globalen Rüstungsexports.

[3] S. dazu Europas strategische Rüstungsautonomie https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7544/

und Die Armee der Europäer (II).
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7810/

[4], [5], [6] Pieter D. Wezeman, Aude Fleurant, Alexandra Kuimova, Nan Tian, Siemon T. Wezeman: Trends in International Arms Transfers, 2018. SIPRI Fact Sheet, March 2019.

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Quelle:
www.german-foreign-policy.com
Informationen zur Deutschen Außenpolitik
E-Mail: info@german-foreign-policy.com


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2019

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