acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften - 11.06.2015
Wie bleibt unsere Versorgung sicher? Diskussionsforum des Projekts "Energiesysteme der Zukunft"
Bis zum Jahr 2050 soll die Stromversorgung in Deutschland überwiegend auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Doch wie überbrückt man die dunklen Flauten - jene Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Wie sicher wäre ein dezentral organisiertes Energiesystem, das über das Internet gesteuert wird? Und woher kommen die metallischen Rohstoffe für Netzausbau und Stromspeicher? Diese und weitere Fragen waren Thema beim Diskussionsforum "Energie.System.Wende." am 11. Juni in Berlin.
Unter dem Motto "Wie bleibt unsere Versorgung sicher?" stellten sich
Mitglieder des Akademienprojekts "Energiesysteme der Zukunft" (ESYS) der
Diskussion mit Fachleuten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und
Zivilgesellschaft. In seinem Kurzvortrag skizzierte Dirk Uwe Sauer,
Professor an der RWTH Aachen University, worin aus seiner Sicht die
zentrale technische Herausforderung bei der Umstellung auf erneuerbare
Energien besteht: Bei einem hohen Stromanteil aus Wind- und
Photovoltaikanlagen müssen die wetterabhängigen Schwankungen ausgeglichen
werden. "Im Normalbetrieb hängt die Versorgungssicherheit somit
entscheidend von der Flexibilität des Systems ab, das heißt vom guten
Zusammenspiel zwischen regelbaren Erzeugungsanlagen, innovativen
Speicherlösungen und intelligenter Laststeuerung."
Professor Ortwin Renn, Techniksoziologe und Risikoforscher an der Universität Stuttgart, richtete den Fokus auf die Frage nach der Widerstandsfähigkeit des Stromsystems. Je komplexer und vernetzter ein System, desto weniger ließen sich mögliche Störungen vorhersehen. "Investitionen in die Widerstandsfähigkeit erhöhen häufig die Kosten des Gesamtsystems. Sie können aber unangenehme Überraschungen und damit volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Schäden vermeiden helfen", so Renn.
Die Kurzvorträge von Dirk Uwe Sauer und Ortwin Renn gaben Impulse für die anschließende Podiumsdiskussion mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Nina Scheer, dem Geschäftsbereichsleiter Strategie und Politik beim BDEW, Andreas Kuhlmann, und Marc Elsberg, Autor des Bestsellers "Blackout". Die Politikredakteurin und Energieexpertin des Berliner Tagesspiegel, Dagmar Dehmer, moderierte die Gesprächsrunde mit dem Titel "Flexibel, robust, resilient: Sichere Stromversorgung 2050".
Auf ein in der Öffentlichkeit bislang wenig diskutiertes Thema warf Professor Peter Herzig, Direktor des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, in seinem Vortrag ein Schlaglicht: Für innovative Energietechnologien werden große Mengen Metalle benötigt, etwa Kupfer als elektrischer Leiter oder Nickel für die Elektrolyse zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Die Erschließung von Erzen am Meeresboden könne dazu beitragen, die Versorgung mit bestimmten metallischen Rohstoffen langfristig zu sichern und sich unabhängig von politisch induzierter Verknappung und steigenden Weltmarktpreisen zu machen. "Genau wie es Bergwerke an Land geben muss, wird es künftig auch Kupferminen im Meer geben. Entscheidend ist, dass wir beim Meeresbergbau nicht die Fehler wiederholen, die in der Vergangenheit an Land gemacht wurden. Wir müssen Umweltstandards entwickeln, deren Einhaltung entsprechend streng kontrolliert wird", appellierte der Meeresgeologe.
Das Diskussionsforum war Teil der zweitägigen Jahresveranstaltung des Akademienprojekts "Energiesysteme der Zukunft", einer gemeinsamen Initiative von acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Gastgeber waren Reinhard F. Hüttl, acatech Präsident und Vorsitzender des ESYS-Kuratoriums, Jörg Hacker, Präsident der Leopoldina und Günter Stock, Präsident der Akademienunion. Dr. Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, sprach ein Grußwort zur Eröffnung.
Morgen, am 12. Juni, finden zu den Themen der Jahresveranstaltung energiepolitische Fachgespräche statt. In Workshops diskutieren die ESYS-Wissenschaftler ihre Lösungsansätze für eine sichere Stromversorgung der Zukunft mit Experten aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech - Deutsche
Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien
der Wissenschaften unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und
wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen
Themen. Die Akademiemitglieder und weitere Experten sind hervorragende
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. In
interdisziplinären Arbeitsgruppen erarbeiten sie Stellungnahmen, die nach
externer Begutachtung vom Ständigen Ausschuss der Nationalen Akademie der
Wissenschaften Leopoldina verabschiedet und anschließend in der
Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung veröffentlicht
werden.
Für die gemeinsame Initiative "Energiesysteme der Zukunft" hat acatech die Federführung übernommen. Das Projekt bündelt die Expertise von mehr als 100 Fachleuten im Themenfeld Energie. Experten aus Technik- und Naturwissenschaften, der Rechtswissenschaft, Soziologie und Ökonomie analysieren die Wechselwirkungen im Energiesystem und entwickeln Handlungsoptionen für Politik und Gesellschaft.
www.leopoldina.org
www.acatech.de
www.akademienunion.de
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.acatech.de/energie-system-wende
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution858
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften,
Selina Byfield, 11.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2015
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