Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


ENERGIE/2090: Engpassmanagement an der deutsch-österreichischen Grenze (BNA)


Bundesnetzagentur - Pressemitteilung vom 23. September 2015

Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden empfiehlt Engpassmanagement an der deutsch-österreichischen Grenze


Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) hat am 23. September 2015 eine rechtlich unverbindliche Empfehlung zur Trennung der deutsch-österreichischen Stromhandelszone abgegeben.


Die Bundesnetzagentur begrüßt diese Empfehlung im Ergebnis, hat jedoch eine abweichende Auffassung zu bestimmten Punkten der Begründung von ACER, die E-Control hält andere Lösungen als die vorgeschlagene für effizienter und wirksamer. Beide Behörden sind sich jedoch einig, dass die unterschiedlichen Auffassungen in dieser Frage nichts an der engen und guten Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich ändern.

Die Aufteilung der deutsch-österreichischen Preiszone steht mit der Empfehlung von ACER auf der politischen Agenda, beide Behörden werden sich an dem von ACER angestoßenen Verhandlungsprozess zusammen mit den Nachbarländern konstruktiv beteiligen. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, zu Lösungen zu kommen, welche die Interessen aller Beteiligten noch besser gewährleisten als eine Engpassbewirtschaftung.

Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, und Walter Boltz, Vorstand der E-Control erklären: "Wir wollen gemeinsam mit den Kollegen aus Polen und Tschechien eine nachhaltige und effektive Lösung für die Probleme bei der Netzstabilität erarbeiten. Ziel ist eine langfristig vernünftige Balance zwischen den Bedürfnissen des Stromhandels, einem zumutbaren Netzausbau und den berechtigten Sicherheitsanliegen der betroffenen Nachbarstaaten." Jochen Homann: "Die Bundesnetzagentur nimmt die Besorgnis unserer Nachbarn in Bezug auf die Netzsicherheit sehr ernst. Wir begrüßen daher die Empfehlung von ACER und wollen uns gemeinsam auf faire, zukunftssichere Regeln einschließlich eines realistischen Implementierungsfahrplans für die notwendigen Maßnahmen einigen."

"Um das Netz auf die Energiewende auszurichten, hat der Netzausbau oberste Priorität", führt Homann weiter aus. Walter Boltz ergänzt: "Der deutsche Netzausbau alleine kann die Netzsicherheitsprobleme in Polen und Tschechien aber nicht lösen, hier ist ein regionales Netzausbaukonzept auch in diesen Ländern rasch umzusetzen."

Aufgrund der gut ausgebauten Übertragungsnetzverbindungen zwischen Deutschland und Österreich besteht seit 2001 eine gemeinsame Stromhandelszone in Deutschland und Österreich. Im Gegensatz zu anderen Grenzen bestand bisher kein Bedarf, die Stromhandelsaktivitäten zwischen beiden Ländern durch Einführung eines Engpassbewirtschaftungsverfahrens einzuschränken.

In den vergangenen Jahren ist der Stromhandel zwischen Deutschland und Österreich jedoch stark gestiegen. Die hohen Exporte haben Auswirkungen auf die Netzsicherheit sowohl in Deutschland als auch in Polen und Tschechien, weil ein Teil dieser Exporte u.a. wegen des noch nicht vollständig umgesetzten deutschen Netzausbaus über Stromflüsse durch das polnische und tschechische Netz realisiert wird.

Auf Antrag der polnischen Regulierungsbehörde URE hat ACER die betroffenen Regulierungsbehörden und Übertragungsnetzbetreiber nun aufgefordert, sich zur Einführung eines Engpassmanagements zu verpflichten und innerhalb von vier Monaten einen Implementierungszeitplan zu erarbeiten. Dann könnte Strom nicht mehr in unbegrenzter Höhe zwischen Deutschland und Österreich gehandelt werden, so dass es in einzelnen Stunden zu unterschiedlichen Großhandelspreisen in beiden Ländern kommen kann. Bisher wird den Netzüberlastungen im deutschen, polnischen und tschechischen Netz primär situativ durch Schaltmaßnahmen und Redispatch begegnet. Nach übereinstimmender Auffassung der Bundesnetzagentur und der E-Control ist massiver Redispatch nur eine vorübergehende Maßnahme um Netzengpässe zu beherrschen, die bis zum Abschluss des Netzausbaus auftreten.

Jochen Homann und Walter Boltz: "Wir bekennen uns dazu, Maßnahmen umzusetzen, die die Netzstabilität sichern, für die Übertragungsnetzbetreiber handhabbar bleiben, und die gleichzeitig möglichst geringe volkswirtschaftliche Belastungen mit sich bringen." Walter Boltz ergänzt: "Wir sind uns des Problems und der Verantwortung bewusst; für Lösungen sind aber auch rechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere Wettbewerbsfragen, zu berücksichtigen." Seit Mai vergangenen Jahres haben die Übertragungsnetzbetreiber und die Regulierungsbehörden der beiden Länder bereits umfangreiche Analysen durchgeführt, die bis Jahresende zu einem abgestimmten Konzept zur zukünftigen Sicherstellung der Netzstabilität und einem gemeinsamen Verständnis über die weitere Vorgangsweise führen sollen.

Parallel zu diesem bilateralen Prozess werden beide Regulierungsbehörden auch konstruktiv nach Lösungen suchen und der ACER-Empfehlung, Verhandlungen aller betroffenen Länder einzuleiten, Folge leisten. Zu berücksichtigen sind dabei aber nicht nur die westlichen und östlichen Nachbarn, sondern auch der Prozess der Gebotszonenkonfiguration (Bidding-Zone-Review), der gerade auf Grundlage der CACM-Guideline von den Europäischen Übertragungsnetzbetreibern gestartet wird. Falls die Einführung einer Bewirtschaftung der deutsch-österreichischen Grenze als beste Lösung identifiziert wird, ist mit deren praktischer Wirksamkeit nicht vor dem Winter 2018/2019 zu rechnen.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 23.09.2015
Pressestelle der Bundesnetzagentur (BNA)
Tulpenfeld 4, 53113 Bonn
Telefon: 0228/14-99 21
Telefax: 0228/14-89 75
pressestelle@bnetza.de, www.bundesnetzagentur.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. September 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang