Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig - 25.10.2016
Energie selbst erzeugen: Was "Prosumer-Haushalte" brauchen
• Forscher geben Handlungsempfehlungen, wie private Haushalte, die
Strom zur eigenen Nutzung erzeugen, effizient gefördert werden können
• Steuerung von dezentraler Stromeinspeisung und Eigennutzung:
großes Potenzial für stabiles Energiesystem
• 7. November 2016: Prosumer-Tagung in Berlin
Berlin, 25. Oktober 2016 - Immer mehr Bürger und Unternehmen erzeugen in eigenen Anlagen Ökostrom und verbrauchen ihn teilweise oder ganz selbst. Fachleute schreiben diesen "Prosumer" genannten Akteuren eine wichtige Rolle in der Energiewende zu. Doch erschweren aktuelle energiepolitische Entscheidungen den dezentralen Eigenverbrauch: In eigenen Anlagen erzeugten Strom direkt oder nahräumlich selbst zu verbrauchen, ist teilweise schlechter gestellt oder wird in einigen Fällen zukünftig unmöglich gemacht. Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), der RWTH Aachen und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung geben der Politik nun Empfehlungen, wie sie private Haushalte, die Strom zur eigenen Nutzung erzeugen, effizient fördern kann. In dem Paper "Prosumer-Haushalte: Handlungsempfehlungen für eine sozial-ökologische und systemdienliche Förderpolitik" zeigen sie, dass die Stabilität des gesamten Energiesystems von einem weiteren Ausbau dezentraler Energieerzeugung und -nutzung profitieren kann, wenn Stromeinspeisung und Eigennutzung entsprechend gesteuert werden.
"Die richtige Förderung und Rahmensetzung ist entscheidend dafür, ob und wie Prosumer-Haushalte zur Energiewende beitragen können", erläutert IÖW-Wissenschaftlerin Swantje Gährs. Damit Haushalte, die über eine eigene Photovoltaikanlage nachdenken, Planungs- und Investitionssicherheit haben, heben die Energieexperten zwei Faktoren hervor: "Zum einen muss ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage gewährleistet sein, um einen Anreiz für Eigenversorgung zu schaffen. Und um dies überhaupt verlässlich einschätzen zu können, ist es zum anderen wichtig, den rechtlichen Rahmen für Prosumer-Haushalte möglichst wenig komplex zu gestalten", so Gährs. Da durch erhöhten Eigenverbrauch die verbleibenden Kosten des öffentlichen Stromnetzes auf weniger Verbraucher aufgeteilt werden müssen, ist das Forschungsteam der Ansicht, dass die teilweise Belastung des eigenverbrauchten Ökostroms, der gegenwärtig noch wenig ins Gewicht fällt, perspektivisch gerechtfertigt ist.
Indem Prosumer-Haushalte steuern, wie viel Strom sie zu welcher Zeit ins Stromnetz einspeisen, können sie die Netze entlasten und den Bedarf des Netzausbaus reduzieren. "Auf diese Weise können sie ein wichtiger Baustein im erneuerbaren Energiesystem der Zukunft werden", so Gährs, "aber nur, wenn sichergestellt ist, dass die Anlagen auch so betrieben werden, dass dies der Stabilität des gesamten Systems dient." Hierzu empfehlen die Forscher, dass die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung gezielt gekappt wird, indem Solarstrom selbst verbraucht und nicht ins Netz eingespeist wird. Anlagenbetreiber sollten für diesen Beitrag zur Netzentlastung einen finanziellen Anreiz erhalten, etwa indem sie für den selbst verbrauchten Strom von etwaigen Netzentgelten befreit werden.
Derzeit bieten vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser hohe Prosumer-Potenziale. Diese können noch deutlich gesteigert werden, wenn auch der Verbrauch lokal erzeugten Stroms durch Mieter ermöglicht wird. Das Projektteam empfiehlt daher, die bürokratischen Hürden für sogenannte "Mieterstrommodelle" für Mehrfamilienhäuser und Quartiere abzubauen. Weiterhin plädiert das Projektteam dafür, dass die Regulierung generell offener für innovative Geschäftsmodelle sein sollte und dass Mechanismen gefunden werden sollten, die dazu führen, dass Solaranlagen so dimensioniert werden, dass sie das Potenzial für erneuerbare Stromerzeugung bestmöglich nutzen. "Derzeit werden auf den Dächern eher kleine Photovoltaikanlagen installiert, da die Anlagen wirtschaftlicher sind, wenn ein hoher Anteil des Stroms selbst verbraucht wird", erklärt Gährs. "Hier werden Potenziale für erneuerbare Stromerzeugung verschenkt."
Die Handlungsempfehlungen entstanden in dem Projekt "Prosumer-Haushalte", das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Programm "Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems" gefördert wurde.
Welche Spielräume bei der aktuellen Energiepolitik für Prosumer und Eigenerzeugung bleiben, diskutiert das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung am 7. November 2016 auf der Fachkonferenz "Dezentrale Energiewende vor dem Aus?" in Berlin. Drei Keynotes und sechs Workshops behandeln verschiedene Aspekte von Prosuming und Eigenverbrauch von den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen über Mieterstrom und gewerbliches Prosuming bis hin zu Guerilla-Photovoltaik.
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Die Handlungsempfehlungen zum Download:
S. Gährs, A. Aretz, M. Flaute, C. A. Oberst, A. Großmann, C. Lutz, D.
Bargende, B. Hirschl, R. Madlener (2016):
Prosumer-Haushalte: Handlungsempfehlungen für eine sozial-ökologische und
systemdienliche Förderpolitik, Berlin.
Download PDF (0,7 MB)
http://www.prosumer-haushalte.de/data/prohaus/user_upload/Dateien/Prosumer-Haushalte__Handlungsempfehlungen.pdf
Fachkonferenz
Dezentrale Energiewende vor dem Aus?
Welche Spielräume bei der aktuellen Energiepolitik für Prosumer und
Eigenerzeugung bleiben
7. November 2016, 9:30-17:00 Uhr | Berlin
www.ioew.de/veranstaltung/dezentrale_energiewende_vor_dem_aus
Die Energiewende kann erheblich beschleunigt werden, wenn die
Betroffenen entscheiden, welcher Weg jeweils vor Ort zur Nutzung mehr
regenerativer Quellen eingeschlagen wird. Zu diesem zentralen Ergebnis
kommen Wissenschaftler aus 33 Forschungsprojekten, die vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm zur "Umwelt-
und gesellschaftsverträglichen Transformation des Energiesystems" im
Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung (SÖF) gefördert wurden. Die
Unterstützung für die Energiewende wachse, wenn über die verschiedenen
Wege dorthin transparent entschieden werde. Ausgangspunkt sei die
Notwendigkeit, die schwankende Verfügbarkeit von Sonnen- oder Windenergie
auszugleichen. Dies könne etwa durch eine stärkere Vernetzung in der
Stromversorgung mit neuen Leitungen geschehen oder alternativ durch den
Ausbau zusätzlicher Kapazitäten bei erneuerbaren Energiequellen sowie
Gaskraftwerken in Süddeutschland. Alle Alternativen seien aber jeweils
umstritten. Für den Bereich der Gebäude raten die Wissenschaftler dazu,
die Maßnahmen nicht nur an Einzelgebäude, sondern auch an Quartiere,
unterschiedliche Haustypen und typische Nutzergruppen anzupassen.
www.transformation-des-energiesystems.de
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka sieht sich durch die Ergebnisse aus der Förderinitiative bestätigt: "Die Forschungsprojekte haben gezeigt, wie wichtig die Einbindung der Bürger und Bürgerinnen für das Gelingen der Energiewende ist. Die Menschen wollen verstehen, welche verschiedenen Wege es gibt, um das Energiesystem umzubauen. Solche Wege zeigt die Wissenschaft auf: Forschung erarbeitet Optionen und zeigt auf, welchen Alternativen es gibt."
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes
wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten
Nachhaltigkeitsforschung. 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeiten
Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften - für
eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen
Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche
Grundförderung.
www.ioew.de
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Weitere Informationen unter:
http://www.prosumer-haushalte.de/data/prohaus/user_upload/Dateien/Prosumer-Haushalte__Handlungsempfehlungen.pdf
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution472
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig,
Richard Harnisch, 25.10.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2016
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