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ENERGIE/2378: "Erdgas ist die Kohle von gestern und gehört abgeschafft" (idw)


Technische Universität Berlin - 20.09.2019

"Erdgas ist die Kohle von gestern und gehört abgeschafft" - Klimaprojekte für die Wissenschaftskommunikation

• Forschungsprojekte für die Wissenschaftskommunikation im Rahmen der internationalen Aktionswoche "Covering Climate Now"
• TU-Professor Christian von Hirschhausen fordert einen konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien und den Stopp des Ausbaus der Infrastruktur für fossile Energieträger


"Die Dekarbonisierung des Energiesystems ist notwendig, um das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen: die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius zu begrenzen. Da Technologien zur CO2-Abscheidung, -transport und -speicherung auf absehbare Zeit nicht verfügbar sind, ist Dekarbonisierung gleichbedeutend mit einem Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien", sagt Prof. Dr. Christian von Hirschhausen, Leiter des Fachgebietes Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik.

Eine aktuelle Veröffentlichung aus seinem Fachgebiet zeigt, dass dieser Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien sowohl global als auch für Deutschland bis 2050 möglich ist. Dazu gehöre auch, den Anstieg des Energieverbrauchs möglichst geringzuhalten und stärker als bislang den Fokus auf Energieeffizienz zu richten, eine bisher vernachlässigte Ressource. In diesem Zusammenhang, so Prof. Dr. Christian von Hirschhausen, seien Preissignale sinnvoll. Das Umweltbundesamt beziffere die Umweltschäden von einer Tonne CO2 mit 180 Euro, während der Preis derzeit lediglich bei 20 bis 30 Euro pendele. Dies reiche nicht, um eine umfassende Transformation des Energiesystems anzustoßen beziehungsweise zu beschleunigen. Infrastrukturelle Unterstützung und Ordnungsrecht, wie zum Beispiel ein Kohle-, aber auch ein Erdgasausstiegsgesetz, seien notwendig, fordert von Hirschhausen.

Nicht nur die internationale Staatengemeinschaft, auch Deutschland sei von den gesetzten Klimaschutzzielen weit entfernt. Das deutsche Klimaziel für 2020 - eine 40-prozentige Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 - werde "gerade krachend verfehlt", urteilt Christian von Hirschhausen. "Bisher fokussierte sich die Diskussion auf den Kohleausstieg. Im Schatten der Kohleausstiegsdiskussion ist jedoch von der fossilen Energiewirtschaft ein Narrativ entwickelt worden, das die Energiewende und den Klimaschutz wiederum ad absurdum führt: das Narrativ des 'sauberen Erdgases' als Brückenenergieträger", sagt von Hirschhausen.

Erdgas die Rolle des Brückenenergieträgers zwischen fossilem und erneuerbarem Energiezeitalter zuzuschreiben, nennt er falsch, insbesondere da die Bedeutung von fossilem Erdgas, das hauptsächlich Methan ist, als Treibhausgas lange unterschätzt worden sei. Der Wissenschaftler führt Zahlen an: Aufgrund seines Absorptionsspektrums wirkt Methan in den ersten zwei Jahrzehnten etwa 100-mal stärker auf die Erderwärmung als CO2. Der Methangehalt in der Atmosphäre hat sich seit der vorindustriellen Zeit verdreifacht und trägt somit circa 25 Prozent zur globalen Erwärmung bei.

Zum Vergleich: Der CO2-Gehalt hat sich "nur" verdoppelt. Sein Fazit lautet deshalb: "Erdgas ist nicht sauber, sondern ist die Kohle von gestern und gehört daher aus dem Energiesystem entfernt." Er fordert, dass der Ausbau der Erdgasinfrastruktur wie der Pipeline Nord Stream 2 und Flüssiggas-Importe aus den USA oder Erdgasbohrungen in Deutschland unterbleiben müssten. "Es ist absurd, dass 60 Kilometer nördlich von Berlin nahe des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin nach Erdgas gebohrt werden soll beziehungsweise dass wenige Kilometer östlich der Stadtgrenze von Berlin noch eine neue Erdgaspipeline gelegt wird."



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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Berlin, 20.09.2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2019

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