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GEWERKSCHAFT/1383: ver.di verlässt Maritimes Bündnis - Regierung macht deutsche Seeleute zum Auslaufmodell (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 23. Juni 2016

ver.di verlässt Maritimes Bündnis - Brief an Merkel - Regierung macht deutsche Seeleute zum Auslaufmodell


Berlin, 23.06.2016 - Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat nach Bekanntgabe einer neuen Schiffsbesetzungsverordnung durch das Bundesverkehrsministerium ihren Austritt aus dem Maritimen Bündnis erklärt. "Die Bundesregierung will deutsche Seeleute zum Auslaufmodell machen und den Reedereien gleichzeitig Subventionen um 130 Millionen Euro jährlich ohne Gegenleistung erhöhen", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Hinzu kämen für die Reeder Vergünstigungen aus der Tonnagesteuer sowie die Freistellung der Schiffserlöspools von der Versicherungssteuer, was insgesamt etwa 300 Millionen Euro ausmache. Damit habe die Regierung dem Maritimen Bündnis die Grundlage entzogen.

In einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel, Verkehrsminister Dobrindt und Wirtschaftsminister Gabriel beklagt die Gewerkschaft besonders die negativen Folgen für die Ausbildung zum Schiffsmechaniker, die in der Besetzungsverordnung gestrichen wurde. "Dieser einzige staatlich anerkannte Beruf in der dualen Ausbildung ist Grundlage vieler Karrieren in der Schifffahrt. Damit konnten Schüler und Schülerinnen mit niedrigeren Schulabschlüssen im Laufe ihrer Seefahrtszeit Offiziere oder Kapitäne werden. Wenn Schiffsmechaniker nicht mehr vorgeschrieben sind, wird es sie bald auch nicht mehr geben", erklärte Behle. Auch die große Mehrheit der übrigen Verbände und die Ländervertreter im Bündnis seien mit der neuen Verordnung nicht einverstanden.

Erschreckend sei, dass Bundesverkehrsminister Dobrindt den Beschäftigungsabbau auch noch als Begründung für die Änderung der Besetzungsverordnung nennt, kritisiert Behle. Die Bundesregierung habe im Koalitionsvertrag vereinbart, das maritime Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung weiter zu entwickeln und die Schifffahrtsförderung für Ausbildung und Beschäftigungssicherung bedarfsgerecht fortzuführen. "Stattdessen soll jetzt die Besetzungsvorschrift nun von vier auf zwei halbiert werden. Gesichert sind nur noch die Arbeitsplätze des Kapitäns und eines Offiziers", so Behle. Für diese Politik stehe ver.di als Seeleutegewerkschaft nicht zur Verfügung.

Große Containerschiffe fahren heute teilweise nur noch mit 15 bis 20 Seeleuten. Das Maritime Bündnis, dem die Bundesregierung, die norddeutschen Küstenländer, der Verband Deutscher Reeder sowie ver.di angehören, war 2001 auch gegründet worden, um Ausbildung und Beschäftigungssicherung deutscher Seeleute zu sichern.

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Quelle:
Presseinformation vom 23.06.2016
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Günter Isemeyer - ver.di-Bundesvorstand
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Telefon: 030/6956-1011 und -1012, Fax: 030/6956-3001
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2016

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