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INTERNATIONAL/006: Portugal hat bei erneuerbaren Energien die Nase vorn (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Dezember 2010

Portugal:
Bei erneuerbaren Energien die Nase vorn - Ökostrom als Exportgut

Von Mario de Queiroz


Lissabon, 16. Dezember (IPS) - An den internationalen Finanzmärkten wird heftig darüber spekuliert, ob nach Griechenland und Irland auch Portugal in den Kreis der größten EU-Haushaltssünder vorstößt. Im zukunftsträchtigen Bereich der erneuerbaren Energien zeigt die portugiesische Wirtschaft jedoch eindeutig Stärke.

Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) hat sich der Umfang der eingesetzten sauberen Energien in Portugal mehr als verdoppelt. 2008 bezog das Land demnach 23,2 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen.

In den übrigen EU-Mitgliedstaaten wurde ein Durchschnitt von lediglich 10,3 Prozent verzeichnet. Deutschland blieb mit 8,9 Prozent sogar noch dahinter zurück. Weit in Führung liegt Schweden mit 44,4 Prozent sauberer Energie, gefolgt von Finnland mit 30,5 Prozent, Lettland mit 29,9 Prozent und Österreich mit 28,5 Prozent.

Portugal hält sich bereits seit zwei Jahren an die EU-Maxime für 2020, mindestens 20 Prozent seines Energiebedarfs durch Ökostrom zu decken. Darüber hinaus steht es an erster Stelle in der Gruppe der Staaten, die den Einsatz sauberer Energien am stärksten weiterentwickelt haben. Bis 2020 will Portugal den Anteil auf immerhin 31 Prozent steigern, während Deutschland nur die Zielmarke von 18 Prozent im Blick hat.


Portugal übertrifft längst EU-Ziele

Die Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten José Socrates förderte die neuen Technologien durch wirtschaftliche Anreize und eine groß angelegte Informationskampagne. Landesweit werden in Wohngebieten zunehmend energiesparende Solarpanele installiert.

Aufgrund seiner geografischen Lage ist das Land gegenüber vielen anderen EU-Mitgliedern im Vorteil. Viel Sonne, starke Winde und ausgedehnte Küstengebiete sind günstige Voraussetzungen für die Produktion alternativer Energien.

Portugal ist mittlerweile auch zum Exporteur von Energie aus Sonne, Wind und Wasser geworden. Anfang Dezember vereinbarten das städtische Unternehmen 'Lógica', das den Technologiepark in Moura betreibt, und der Stiftung FCTER aus dem südbrasilianischen Staat Santa Caterina für zwei Jahre den gemeinsamen Betrieb eines Laboratoriums für Photovoltaik-Energie.

Die Stadt Moura, die in der Region Alentejo im Südosten Portugals liegt, hat bereits mehrere Initiativen für Sonnenenergie vorangetrieben. Vor fünf Jahren gab der Bürgermeister José María Prazeres Pós-de-Mina den Anstoß für den Bau der weltweit größten Solaranlage, die seit zwei Jahren in Betrieb ist. Die US-Umweltorganisation 'One World' wählte Pós-de-Mina 2008 zur 'Persönlichkeit des Jahres'.

Die Photovoltaik-Zentrale von Amaraleja (CFA), die Teil des Technologieparks ist, befindet sich in Baldio da Ferraría, das den europäischen Spitzenwert von 3.000 Sonnenstunden im Jahr erreicht. Nachdem Amaraleja die spanischen Konkurrenten in Puertollano und Olmedilla de Alarcón hinter sich gelassen hat, gilt die Anlage als größte ihrer Art auf der ganzen Welt.

Auf einer Fläche von 320 Hektar werden dort mit Hilfe von 262 Modulen mit 268.000 Panelen zurzeit 64 Megawatt sauberer Strom erzeugt. Auf das gesamte Jahr gerechnet beläuft sich die Produktion auf 93 Gigawatt Elektrizität pro Stunde. Damit können 30.000 Haushalte versorgt werden.

Die Verantwortlichen für das Projekt in Amaraleja hätten außerdem erreicht, dass in der Nähe auch eine Fabrik für Solarpanele gebaut worden sei, sagte der Ingenieur Helder Guia im Gespräch mit IPS. Guia leitet die Initiative 'Sunflower', die europäische Städte zur Zusammenarbeit im Umweltbereich animieren will.


Kooperation zwischen Portugal und Brasilien

Bürgermeister Pós-de-Mina nahm im November 2008 auch an einer lateinamerikanischen Konferenz über erneuerbare Energien in Florianópolis, der Hauptstadt von Santa Caterina, teil. Damit war der Weg für das jüngst unterzeichnete Abkommen bereitet.

Vorgesehen ist eine weitreichende technische und wissenschaftliche Kooperation, vor allem in den Bereichen Sonnen- und Wärmeenergie. In dem geplanten Laboratorium sollen Versuche durchgeführt werden, mit denen die Photovoltaik-Technologie weiter vorangebracht werden kann. Das Projekt will auch den Erfahrungsaustausch zwischen brasilianischen und portugiesischen Studenten und Technikern fördern. Wie Lógica ankündigte, sollen in Brasilien außerdem zwei Fabriken zur Produktion von Solarpanelen entstehen. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/eurostat/home/
http://www.logica-em.com/
http://www.oneworld.net/
http://www.sunflower-project.net/search/sunflower/photos/kernels/environment.htm?gdt=-JPOz0bjBdoKEwiQw5rQ0fC
lAhVLeNoKHbJ3j24YASACMPDQsAg4DVDw0LAIUJCxsw5Q5ZuVD1DU2q0pUNKZryk&slt=8&slr=3&lpt=1
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=97127

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2010