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INTERNATIONAL/246: Simbabwe - Energiearmut lähmt Entwicklung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Januar 2015

Simbabwe: Energiearmut lähmt Entwicklung

von Tonderayi Mukeredzi


Bild: © Tonderayi Mukeredzi/IPS

Markt für Brennholz in Chitungwiza
Bild: © Tonderayi Mukeredzi/IPS

Harare, 29. Januar (IPS) - Janet Mutoriti lebt mit ihren Kindern in der simbabwischen Stadt Chitungwiza. Hier, 25 Kilometer von Harare entfernt, kocht sie mit Feuerholz, das sie aus den umliegenden Wäldern holt. Denn sie gehört zu den 20 Prozent der städtischen Haushalte, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind.

Überall auf der Welt und insbesondere in den ländlichen Gebieten ist der Zugang zu Energie eine Voraussetzung, um das Leben der Menschen zu verbessern. In Simbabwe ist die Energiearmut jedoch weit verbreitet. So geht aus einem im Dezember veröffentlichten Bericht des 'Sustainable African Energy Konsortium' (SAEC) hervor, dass gerade einmal 44 Prozent der mehr als drei Millionen Haushalte elektrifiziert sind.

Im Jahr 2012 verbrauchten sie landesweit 2,7 Millionen Gigawattstunden (GWh) und im Jahr 2013 2,8 Millionen GWh. Das entspricht 34 Prozent der gesamten Energiemenge, die der simbabwische Stromdienstleister 'Zimbabwe Electricity Distribution Transmission Company' verkauft.

Nach Angaben des SAEC verwenden 62 Prozent der stromlosen Haushalte Feuerholz zum Kochen. Das gilt insbesondere für die ländlichen Gebiete. Dort haben 90 Prozent der Haushalte keinen Stromzugang.


Stadt-Land-Gefälle

Das Stadt-Land-Gefälle bei der Stromversorgung ist gravierend. Nach Angaben des Nationalen Energiestrategieplans von 2012 haben 83 Prozent der städtischen Haushalte Zugang zu Strom. Von den ländlichen sind gerade einmal 13 Prozent angeschlossen. Die Landbevölkerung deckt 94 Prozent ihres Energiebedarfs mit traditionellen Brennstoffen, hauptsächlich Feuerholz. In den Städten trifft dies für 20 Prozent zu. Kohle, Holzkohle und Propangas werden von knapp einem Prozent der Haushalte genutzt.

Der Ingenieur Joshua Mashamba ist der Geschäftsführer der Ländlichen Elektrifizierungsbehörde REA, die die Speerspitze des ländlichen Elektrifizierungsprogramms bildet. Wie er gegenüber IPS erklärt, herrscht in den ländlichen Gebieten Energiearmut. "Unsere Behörde hat erst 1.103 Dörfer elektrifiziert. Wenn wir die Arbeit der anderen Akteure berücksichtigen, kommen wir auf eine Elektrifizierungsrate in den ländlichen Gemeinden von gerade einmal zehn Prozent. Das bedeutet, dass dort 90 Prozent keinen Zugang zu modernen Energieträgern haben."

Seit Beginn des ländlichen Elektrifizierungsprogramms Anfang der 1980er Jahre wurden 3.256 Schulen, 774 ländliche Zentren, 323 Regierungsaußenstellen, 266 Heimstätten von Chiefs und 98 Geschäftszentren ans Stromnetz angeschlossen.

Moderne Energieversorgungsleistungen seien eine Grundvoraussetzung für die menschliche Entwicklung, meint der Geschäftsführer des Simbabwischen Energierats, Panganayi Sithole. Doch mehr als 70 Prozent der Simbabwer litten unter Energiearmut. Besonders schlimm sei die Situation in den entwaldeten Gebieten, in denen auch kein Strom erhältlich sei.

"Nehmen wir zum Beispiel Epworth [ein Armenviertel in Harare]. Es gibt dort keine nennenswerten Wälder. Aus Kostengründen und einem Mangel an Wissen kommt dort Propangas nicht in Frage. Die Menschen dort verwenden Gras, Plastik und Dung zum Kochen. Das ist sehr traurig", meint er. Sithole zufolge sollte Energiearmut als nationale und prioritär zu bewältigende Herausforderung verstanden und bekämpft werden.


Teure Importe

Aufgrund von Energieproduktionsschwierigkeiten kommt es in Simbabwe derzeit zu Stromversorgungsengpässen. Dadurch sieht sich das Land gezwungen, für teures Geld Strom und Erdöl zu importieren. Da die Nachfrage das Angebot übersteigt, kommt es oft bei denen, die Strom haben, zu Energieausfällen, wie Chiedza Mazaiwana von 'Practical Action Southern Africa' berichtet. Die Organisation setzt sich für praktische Lösungen zur Bekämpfung der Armut ein.

"Im ländlichen Simbabwe ist die Landwirtschaft - gemeint ist sowohl der Regen- als auch der Bewässerungsfeldbau - der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Der Bedarf an Energie, die nötig ist, um die Produktivität in den ländlichen Gebieten zu steigern, ist groß. Der vorhandene Strom reicht einfach nicht aus. Das erklärt, warum der Anteil der Menschen, die ihre Energie ausschließlich aus Biomasse beziehen, bei 70 Prozent liegt", erläutert sie.

Nach Angaben der Weltbank haben 28 Prozent der Menschen im südlichen Afrika Zugang zu Strom. Der kontinentale Anteil liegt bei 31 Prozent. Der Bank zufolge gefährdet die energetische Unterversorgung die beiden Zwillingsziele, die extreme Armut zu bekämpfen und den gemeinsamen Wohlstand in der Region zu steigern.

Simbabwe hat sich inzwischen der UN-Initiative Nachhaltige Energie für alle (SE4ALL) angeschlossen, die ein Ende der Energiearmut bis 2030 anstrebt. Die erneuerbaren Energien sollen dazu einen Beitrag leisten. Bis 2018 will das Land die Ökostromkapazitäten um 300 Megawatt erhöhen. Mashamba zufolge hat REA 402 Mini-Solarsysteme in ländlichen Schulen und Gesundheitszentren, 437 mobile Solarsysteme und 19 Biogasanlagen in öffentlichen Einrichtungen installiert.

Eine von der Umweltgruppe 'Zero Regional Environment Organisation' und von Practical Action geführte Allianz aus zivilgesellschaftlichen Organisationen macht sich für einen beschleunigten Ausbau der Stromnetze unter der Regie der Regierung stark, der zu gleichen Teilen mit Geldern der offiziellen Entwicklungshilfe und der Privatwirtschaft finanziert wird.

Doch bisher ist der Beitrag unabhängiger Stromproduzenten noch vergleichsweise unbedeutend. Er werde sich jedoch erhöhen, sobald die großen Wärmekraftproduzenten in die Gänge kommen, was bis 2018 der Fall sein werde, heißt es von Seiten der Simbabwischen Energieregulierungsstelle (ZERA). Ende 2013 hatte die Regierung über 25 Lizenzen für die Stromerzeugung ausgegeben, und einige Wärmekraftproduzenten sind bereits dabei, ihre Strompläne umzusetzen, von denen letztlich auch das nationale Stromnetz profitieren wird.

Practical Action zufolge werden nach den derzeitigen Trends 1,5 Milliarden Erdenbürger inklusive 650 Millionen Afrikaner im Jahr 2030 noch immer keinen Strom haben. (Ende/IPS/kb/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/01/zimbabwe-battles-with-energy-poverty/

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IPS-Tagesdienst vom 29. Januar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2015


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