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UNTERNEHMEN/2771: Adidas AG - fehlendes Engagements für existenzsichernde Löhne (Südwind e.V.)


SÜDWIND e.V. - Institut für Ökonomie und Ökumene
Pressemitteilung vom 8. Mai 2018

Keine Entlastung für Vorstand und Aufsichtsrat der adidas AG wegen fehlenden Engagements für existenzsichernde Löhne


Bonn - SÜDWIND und die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) sehen selbstgesteckte Ziele der adidas AG bezüglich existenzsichernder Löhne verfehlt und werden daher Vorstand und Aufsichtsrat bei der diesjährigen Hauptversammlung, am morgigen 09. Mai in Fürth, nicht entlasten.

"Da die adidas AG seit vielen Jahren ihre selbst gesteckten Ziele, den Beschäftigten in der adidas-Wertschöpfungskette eine faire Entlohnung zu zahlen, verfehlt, kann ich Vorstand und Aufsichtsrat nicht meine Stimme zur Entlastung geben," so Dr. Sabine Ferenschild, wissenschaftliche Mitarbeiterin des SÜDWIND-Instituts und Vertreterin SÜDWINDs in der CCC, einen Tag vor der Jahreshauptversammlung. SÜDWIND, die Kampagne für Saubere Kleidung und die adidas AG sind Mitglieder im Bündnis für nachhaltige Textilien, das sich die Zahlung existenzsichernder Löhne in den Wertschöpfungsketten der Mitgliedsunternehmen zum Ziel gesetzt hat.

Autorisiert durch den Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre wird Ferenschild ihre Stimme nutzen, um auf die Missstände entlang der adidas-Wertschöpfungskette aufmerksam zu machen. Sie macht dies besonders an den Beispielen Kambodscha und Indonesien fest:

Aus Kambodscha stammen fast 25 % der von adidas hergestellten Bekleidung. Der Mindestlohn dort beträgt 158 Euro monatlich und reicht zum Leben nicht aus. Eine typische Familie von 2 Erwachsenen und 2-3 Kindern bräuchte 274 Euro für ein existenzsicherndes Einkommen.

Seit einiger Zeit bemühen sich daher im Rahmen der ACT-Initative globale Auftraggeber und der internationale Gewerkschaftsverband IndustriAll im Gespräch mit kambodschanischen Gewerkschaften, der Regierung und dem Arbeitgeberverband um Tarifverhandlungen für den Textilsektor. Tariflöhne wären für die Beschäftigten in Kambodscha ein wichtiger Schritt weg von viel zu niedrigen, hin zu existenzsichernden Löhnen.

Adidas Passivität und Weigerung, sich an der ACT-Initiative zu existenzsichernden Löhnen oder an der Textilbündnis-Initiative zu Kambodscha zu beteiligen, lassen die Tarifverhandlungen in Kambodscha scheitern, bevor sie überhaupt begonnen haben: Der Arbeitgeberverband Kambodschas hat am 11. März 2019 zum Ausdruck gebracht, dass er ohne weitere verbindliche Zusagen von großen Marken, trotz steigender Lohnkosten weiter in Kambodscha produzieren zu lassen, keine Tarifverhandlungen beginnen wird. "Adidas Passivität in dieser Lage ist ein Schlag ins Gesicht aller Beschäftigten, die von ihren Löhnen nicht leben können", so Sabine Ferenschild von SÜDWIND. Verschärft wird die Situation durch die Drohung von Adidas, Produktion aus Kambodscha abzuziehen, sollten die Zollvorteile durch die EU-Handelspräferenz "Everything but Arms" wegfallen.

Nimmt man das Beispiel Indonesien hinzu - einem weiteren wichtigen Lieferland von adidas - dann erkennt man, dass adidas auch hier kaum Anstrengungen unternimmt, das Ziel der fairen Lohnzahlung durchzusetzen. Auch in Indonesien werden Beschäftigte der Textil- und Bekleidungsindustrie hauptsächlich auf Mindestlohnniveau bezahlt. Auch dort reicht dies nicht für ein würdiges Leben. 2009 hat adidas zwar wesentlich das Protokoll für Vereinigungsfreiheit initiiert, das die Gründung von Betriebsgewerkschaften erleichtern sollte. Aber Auswirkungen des Protokolls auf Löhne oder Tarifverhandlungen sind bislang keine bekannt. An einer Initiative des Textilbündnisses zu existenzsichernden Löhnen in Indonesien beteiligt sich adidas ebenfalls nicht, obwohl es Mitglied des Bündnisses ist.

Angesichts des Widerspruchs zwischen dem Geschäftsbericht und der Realität fordern SÜDWIND und die CCC adidas auf:

  • der ACT-Initiative zu Kambodscha beizutreten oder sich am Ländermodul Kambodscha des Textilbündnisses zu beteiligen,
  • im Textilbündnis das Ländermodul Indonesien zu existenzsichernden Löhnen mit aufzubauen,
  • einen öffentlichen, konkreten und messbaren Stufenplan vorzulegen, mit dem sichergestellt wird, dass die Beschäftigten in adidas-Zulieferbetrieben innerhalb eines klaren Zeitrahmens einen existenzsichernden Lohn erhalten.


Seit fast 30 Jahren engagiert sich SÜDWIND für wirtschaftliche, soziale und ökologische Gerechtigkeit weltweit. Anhand von konkreten Beispielen zu Missständen decken wir ungerechte Strukturen auf. Dabei verbinden wir unsere Recherchen mit entwicklungspolitischer Bildungs-und Öffentlichkeitsarbeit und tragen Forderungen in Kampagnen, Gesellschaft, Unternehmen und Politik. SÜDWIND arbeitet gemeinnützig und unabhängig.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 8. Mai 2019
SÜDWIND e.V. - Institut für Ökonomie und Ökumene
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2019

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