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INTERNATIONAL/003: Costa Rica - In-Vitro-Fertilisation illegal, Klage vor OAS-Tribunal droht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Dezember 2010

Costa Rica: In-Vitro-Fertilisation illegal - Klage vor OAS-Menschenrechtsgericht droht

Von Daniel Zueras


San José, 17. Dezember (IPS) - Costa Rica und Afghanistan sind die einzigen Länder der Welt, in denen die In-Vitro-Fertilisation (IVF) verboten ist. Ginge es nach dem Vatikan, würde das auch so bleiben. Doch dem Staat droht eine Klage vor dem Interamerikanischen Gerichtshof, sollte er die Befruchtung im Reagenzglas weiter verbieten.

Vor zehn Jahren hatte Costa Ricas Oberster Gerichtshof die Anwendung der IVF als Verstoß gegen das Recht auf Leben derjenigen Embryonen abgeurteilt, die nicht in die Gebärmutter der Frau eingesetzt werden. Der Umgang mit den überzähligen Embryonen ist ein ethisch-moralisches Problem, dass die Länder unterschiedlich handhaben.

Zehn Jahre nach dem Gerichtsurteil haben nun zehn costaricanische Paare Beschwerde bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) eingereicht. Sie argumentieren, dass der richterliche Beschluss gegen ihr Recht auf Elternschaft verstößt.


Recht auf Gründung einer Familie

Die CIDH ist Teil des Systems der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zum Schutz der Menschenrechte. Sie hatte im August in einer Vorentscheidung die Regierung in San José zur Legalisierung der IVF aufgefordert. Der Gerichtsbeschluss sei eine "willkürliche Einmischung" und "Einschränkung", die sich nicht mit der Amerikanischen Menschenrechtskonvention, dem sogenannten Pakt von San José vertrage, hieß es. Demnach verstößt Artikel 17 gegen das Recht aller Männer und Frauen, eine Familie zu gründen.

Nun hat die Regierung der konservativen Staatspräsidentin Laura Chinchilla bis 2. Februar Zeit für ein Gesetz, das die künstliche Befruchtung entkriminalisiert. Ansonsten geht der Fall an den Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof, dessen Entscheidungen unanfechtbar sind.

Wiederaufgeflammt war der Streit am 10. Dezember, als der 85-jährige Wissenschaftler Robert Edwards, Pionier der künstlichen Befruchtung, mit dem Friedensnobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde. Vor 42 Jahren wurde das erste Kind im Reagenzglas gezeugt.

Um der Klage vor dem OAS-Tribunal vorzubeugen, hat die Regierung nun ein Gesetz ins Parlament eingebracht. Es sieht vor, dass alle im Reagenzglas befruchteten Eier in den Uterus der Frau eingepflanzt werden müssen. "Diese Auflage jedoch stellt für Mutter und Kind eine unannehmbare Gefahr da", meint dazu der Anwalt Germán Trejos. Im Regelfall sind maximal drei Embryonen vorgesehen. Faktisch wäre durch das Gesetz das Einfrieren der überzähligen Embryonen für eine spätere Behandlung verboten.

Die künstliche Befruchtung ist ein kostspieliges Unterfangen. Das IVF-Verbot zwingt costaricanische Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, sich im Ausland um Hilfe zu bemühen. In den USA kostet jeder einzelne Versuch der künstlichen Befruchtung 12.500 US-Dollar, in Kolumbien 4.500 US-Dollar, in Panama 2.800 Dollar. Häufig muss er mehrmals wiederholt werden.


Gesetz verzögert sich

Trejos, der Anwalt der zehn Paare, die die CIDH angerufen haben, geht davon aus, dass die Regierung die Frist für die Verabschiedung des Gesetzes nicht einhalten wird. Selbst wenn die Debatte vorgezogen würde, ließe sich der Termin aufgrund etlicher Revisionsanträge nicht einhalten, meint er.

In einer Sonderbotschaft hatte Papst Benedikt XVI. die Regierung in Costa Rica aufgefordert, "nicht mit Gesetzen gegen die Rechte des ungeborenen Lebens zu verstoßen, die In-Vitro-Fertilisationen und Abtreibungen legitimieren". Nach Ansicht der IFV-Befürworter mischt sich die katholische Kirche jedoch viel zu sehr in das Leben der Costaricaner ein. (Ende/IPS/kb/2010)


Links:
http://www.cidh.oas.org/que.htm
http://www.corteidh.or.cr/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=97143

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2010