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INTERNATIONAL/017: Botswana - Rückhalt für die Todesstrafe, Verteidigung der Angeklagten schwierig (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. April 2011

Botswana: Rückhalt für die Todesstrafe - Verteidigung der Angeklagten schwierig

Von Ziggy Mogopodi


Gaborone, 15. April (IPS) - In Botswana versuchen derzeit zwei rechtskräftig verurteilte Mörder ihren Hals zu retten. Ihnen droht im Juli die Todesstrafe, sollten sie mit ihrem heutigen Berufungsgesuch, das Urteil anzufechten, Schiffbruch erleiden. Die Chancen, dass dem Berufungsantrag stattgegeben wird, sind schlecht, wie die vielen Ablehnungen der letzten Jahre beweisen.

Der Südafrikaner Michael Molefhe und der Botswaner Brandon Sampson waren 2007 wegen Mordes zum Tode verurteilt worden. Am 15. April legten sie Berufung gegen das Urteil ein, das ihnen die Todesstrafe für die Morde an den beiden Simbabwern Sam Humbarube und Robert Ncube einbrachte. Die Staatsanwaltschaft [konnte] glaubwürdig darlegen, dass die Täter ihre Opfer für den Mord an Molefhes Tante in den 1990er Jahren in Südafrika verantwortlich gemacht hatten.

Molefhe und Sampson wurden zudem wegen illegalen Waffenbesitzes zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr Berufungsgesuch begründen sie damit, dass sie vermindert schuldfähig waren, weil sie zum Zeitpunkt der Gewaltverbrechen unter Drogen- und Alkoholeinfluss standen.

Vor zehn Jahren hatte die Hinrichtung der Südafrikanerin Mariette Bosch international für Aufsehen gesorgt. Bosch war am 31. März 2001 dafür gehängt worden, ihre Freundin Maria Wolmarans umgebracht zu haben, deren Mann sie wenige Monate später heiratete. Sie war das 40. Hinrichtungsopfer seit der Unabhängigkeit Botswanas 1966 und zudem die vierte Frau, die an den Galgen kam.

Die Vollstreckung des Urteils stieß im In- und Ausland auf Proteste. Die europäischen Länder drohten Botswana sogar mit Sanktionen, und im Land selbst führte das botswanische Menschenrechtszentrum 'Ditshwanelo' die Proteste gegen die Hinrichtung an, die zwei Monate nach Ablehnung des Berufungsgesuchs vollstreckt wurde.

Seit dem Bosch-Fall sind in Botswana mindestens fünf weitere Menschen exekutiert worden, wie die Menschenrechtsorganisation 'Hands off Cain' berichtet. Sie hält die Todesstrafe allein schon deshalb für ein Verbrechen, weil sie von der ungleichen Behandlung der Angeklagten herrührt. So müssen Arme, die sich keinen routinierten Anwalt leisten können, mit schlecht bezahlten und meist unerfahrenen Pflichtanwälten vorlieb nehmen.


Strafverschonung eine Frage des Glücks

Vor sechs Jahren entkamen Gwara Motswetla und Tlhabologo Maauwe, Mitglieder der marginalisierten indigenen Basarwa (oder San) in letzter Minute ihrer Hinrichtung. Sie waren verurteilt worden, einen Bauern getötet zu haben, dem sie angeblich einen Ochsen gestohlen hatten. Ihr Berufungsgesuch wurde 1997 abgelehnt und die Todesstrafe von dem damaligen Staatspräsidenten Festus Mogae bestätigt. Hingerichtet werden sollten beide im Januar 1999.

Ditshwanelo gelang es, die Exekutionen herauszuzögern und 1999 eine Untersuchung anzustrengen. Bei dieser Gelegenheit konnten die Rechtsanwälte ihren Vorgängern gravierende Verfahrensfehler und Inkompetenz nachweisen, die den zuständigen Richter veranlassten, die Todesstrafe in dem Fall auszusetzen. Beide Basarwa hatten vor Ablehnung ihres Berufungsgesuchs 1997 vergeblich um einen Austausch ihrer Verteidiger gebeten.

Ihren neuen Anwälten Kgafela Kgafela und Brian Splig fiel auf, dass ihre Vorgänger die Gespräche mit ihren Mandanten nicht aufgezeichnet und auch in den Verfahren selbst keine Notizen gemacht hatten. Auch nahmen sie Zeugen der Anklage nicht ins Kreuzverhör und sorgten ebenso wenig dafür, dass den Angeklagten Dolmetscher zur Seite gestellt wurden.

Als schließlich 2005 ein neues Verfahren eröffnet wurde, befand der Richter den Staat für schuldig, den Angeklagten über einen unverhältnismäßig langen Zeitraum hinweg Gerechtigkeit vorenthalten zu haben. Neun Jahre nach ihrer Verhaftung wurden Maauwe und Motswetla von allen Vorwürfen freigesprochen.

Doch bei den nachfolgenden Verfahren war Ditshwanelo kein Glück beschieden. So wurde 2008 Mokwadi Fly zum Tode verurteilt und im März gehängt, weil er seinen fünfjährigen Sohn nach einem Streit mit der Kindsmutter mit einem Beil ermordet hatte. Gerade dieser Fall brachte der Todesstrafe neue Befürworter.


Breiter Rückhalt für Todesstrafe

In Botswana halten viele Menschen die Todesstrafe für ein Mittel der Abschreckung, das die Mordrate im Lande niedrig halt. Der Polizei zufolge kommt es in dem Land pro Woche zu durchschnittlich sieben Morden. In den meisten Fällen sind Alkohol und häusliche Gewalt oder beides im Spiel. Die Mordrate ist mit 21,5 pro 100.000 deutlich niedriger als im benachbarten Südafrika (68), allerdings höher als im eher vergleichbaren Namibia (12,8).

Gegen die Todesstrafe zu sein, ist in Botswana politisch riskant. Deshalb vermeiden die Parteien im Land in dieser Frage definitiv Stellung zu beziehen. Lediglich der Rechtsanwalt Duma Boko, der seit 2010 die Oppositionspartei Botswana Nationale Front führt, ist eine Ausnahme. Er hatte 2008 in einer Verhandlung gegen Brandon Sampson die Abschaffung der Todesstrafe gefordert. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.ditshwanelo.org.bw/maauwe.html
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55197

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2011