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INTERNATIONAL/063: Kriegsverbrechertribunal verurteilte Protagonisten der Bush-Regierung (ZLV)


Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek - 19. Mai 2012

Schuldig im Sinne der Anklage - Kriegsverbrechertribunal verurteilte Protagonisten der Bush-Regierung

von Karin Leukefeld



Erstmals sind die politisch Verantwortlichen für die Kriege in Afghanistan und Irak sowie für das Gefangenenlager Guantánamo als Kriegsverbrecher verurteilt worden. Nach einer fünftägigen Verhandlung vor dem Kriegsverbrechertribunal in Kuala Lumpur (Malaysia) wurde der frühere USA-Präsident George W. Bush der Folter, grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung sowie Kriegsverbrechen in Afghanistan, Irak und im Gefangenenlager Guantánamo Bay für schuldig befunden. Mit ihm verurteilt wurden sein damaliger Vize Richard Cheney, der damalige Kriegsminister Donald Rumsfeld sowie dessen Vize Alberto Gonzales. Auch die ehemaligen Präsidentenberater bzw. Staatsanwälte David Addington, William Haynes II, Jay Bybee und John Choon Yoo wurden verurteilt. Das Kriegsverbrechertribunal - eine Nichtregierungsorganisation, die durch Stiftungsgelder finanziert wird -, geht auf eine Initiative des früheren Ministerpräsidenten Malaysias Mahathir Mohamad zurück. Er gehörte 2003 zu den schärfsten Gegnern der USA-geführten Invasion gegen den Irak.

Rechtsanwalt Francis Boyle, Experte für Kriegsverbrechen und Professor für Recht an der Universität Illinois in den USA, war einer der Ankläger in dem Verfahren, das nach den »Nürnberger Prinzipien« für Kriegsverbrechen strukturiert war. Dreimal hätten er und andere Anwälte versucht, Bush gerichtlich zu belangen, sagte Boyle. Sowohl in Kanada als auch in Spanien und Deutschland seien sie an der Weigerung der Regierungen gescheitert, die Fälle bei den jeweiligen Strafverfolgungsbehörden zuzulassen. »Zum ersten Mal in der Welt wurden diese Leute nun schuldig gesprochen«, sagte Boyle nach dem Verfahren. Er hoffe, daß Bush und Kollegen sich bald auch vor anderen Gerichten verantworten müßten. Die Mitschriften von Anklage und Zeugenaussagen werden nun mit dem Urteil an den Internationalen Strafgerichtshof, die UNO und an den UNO-Sicherheitsrat weitergeleitet mit der Aufforderung, gegen die Delinquenten aktiv zu werden.

In der Verhandlung wies die Anklage nach, daß und wie alle Entscheidungsträger bis zur obersten Ebene von Bush, Cheney und Rumsfeld zusammenarbeiteten. Die systematische Anwendung von Folter sei von ihnen als Norm akzeptiert worden. Zeugen und Betroffene sowie Experten wurden gehört. Alle Zeugen sind bis heute von den Qualen der erlittenen Folter und Mißhandlung gezeichnet. In erschütternden Berichten beschrieben sie, wie sie von USA-Soldaten und Angestellten privater Sicherheitsfirmen gefangen genommen, gefoltert und erniedrigt worden waren. Ein 48-jähriger Ingenieur aus Falludscha (Irak) berichtete, daß man ihm die Fingernägel mit Zangen herausgerissen habe, ein anderer Iraker war mit Stromschlägen gequält und an einer Wand aufgehängt worden. Ein dritter Mann berichtete von Schlägen und Isolationshaft in Abu Ghuraib. Eine Irakerin schilderte, wie sie fast vollständig entkleidet während eines Transportflugs im Hubschrauber als »menschliches Schutzschild« mißbraucht worden war.

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Quelle:
Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2012