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KLAGE/004: Bundesregierung wegen rechtswidriger Nutzung der Air Base Ramstein verklagt (IALANA)


IALANA
Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen
Für gewaltfreie Friedensgestaltung
Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms

Bericht zur Pressekonferenz am 23.03.2012 in Berlin

IALANA verklagt Bundesregierung - Wolfgang Jung reicht eine Klage gegen die Bundesregierung wegen der rechtswidrigen Nutzung der Air Base Ramstein ein


Vorgestellt wird die Klage von Wolfgang Jung gegen die Bundesregierung wegen der völkerrechts- und verfassungswidrigen Nutzung der Air Base Ramstein für die Kriegführung in Afghanistan im Rahmen der Operation Enduring Freedom (OEF), aber auch im Rahmen von ISAF.

Für diese Kriegführung ist die Air Base Ramstein unentbehrlich. In der amerikanischen Militärregion Kaiserlautern halten sich ca. 45.000 amerikanische Soldaten, ihre Familien, Zivilangestellte der Armee auf. Die Air Base Ramstein ist die größte und wichtigste außerhalb der USA. Hier starten und landen jährlich 30.000 Flugzeuge. Rheinland-Pfalz und das Saarland sind Übungsgebiete, die die Amerikaner für ihre Luftmanöver nutzen.

Diese Aktivitäten haben nur auf den ersten Blick eine abgesicherte rechtliche Basis. Der Militärflugplatz Ramstein wurde im Jahr 1951 auf besatzungsrechtlicher Grundlage errichtet und wird seit 1952 von der US-Luftwaffe genutzt. Er hat sich im Laufe der Zeit von einer fighter area zu einem militärischen Flugplatz gewandelt, dessen Hauptaufgabe der Lufttransport für die US-Streitkräfte darstellt. Seit 1990 wurde die Verlagerung der US-Streitkräfte vom Flughafen Frankfurt/Main auf die Air Base Ramstein sowie auf den Militärflugplatz Spangdahlem vereinbart. Die Ausweitung militärischer Lufttransportaufgaben machte Ausbaumaßnahmen in Ramstein erforderlich. Zur Durchführung und Finanzierung des Ausbaus schlossen die USA und Deutschland im Juli 1999 eine Verlegungsvereinbarung. Im Juni 2003 wurde die Erweiterung genehmigt, darunter die Errichtung einer zweiten Hauptstart- und Landebahn (neue Südbahn) sowie der Ausbau der vorhandenen Start- und Landebahn (Nordbahn). Ramstein diente über Jahrzehnte hinweg auch als Atomwaffenbasis der US-Streitkräfte, für die sogenannte "Grüfte" errichtet wurden. Die Atomwaffen von Ramstein sind abgezogen und teilweise nach Büchel verlegt. Die Grüfte sollen jetzt offenbar für das von der NATO beschlossene Luftabwehrsystem reaktiviert werden.

Die vertraglichen Vereinbarungen sichern im Wesentlichen nur die Zurverfügungstellung von Grundstücken durch die Bundesrepublik Deutschland ab. Eine andere Frage ist, was die Amerikaner von hier aus machen. Sie führen Kriege, die überwiegend rechtswidrig sind. Das galt schon für den Krieg gegen Jugoslawien, den die Amerikaner von Ramstein aus geführt haben. Als Rechtsgrundlage wurde die sogenannte "Humanitäre Intervention" in Anspruch genommen. Aber damit wurde das Gewaltverbot der UN-Charta in Art. 2 Abs. 4 verletzt.

Der Irak-Krieg 2003, der von der sogenannten "Koalition der Willigen" geführt wurde, verletzte ebenfalls das Gewaltverbot der UN-Charta. Das hat das Bundesverwaltungsgericht im sogenannten "Pfaff-Urteil" vom 21.06.2005 auf 33 Seiten des Umdrucks dargelegt.

Für den Krieg gegen Afghanistan seit Oktober/November 2001 berief sich die US-Regierung auf das Selbstverteidigungsrecht des Art. 51 UN-Charta. Aber es fehlte schon an einer Grundvoraussetzung der Verteidigung, nämlich am "bewaffneten Angriff". Dazu kam, dass der Sicherheitsrat sich mit der angeblichen terroristischen Unterstützung aus Afghanistan heraus befasst und Beschlüsse getroffen hat. Dadurch war das Selbstverteidigungsrecht verbraucht. Das Bundesverfassungsgericht hat im Tornado-Urteil von 2007 verlangt, dass OEF und ISAF - wir kommen gleich dazu - sauber voneinander getrennt werden müssen. Die Bundeswehr zog sich nach diesem Urteil im Jahr 2009 aus OEF zurück.

Allein die International Security Instance Force (ISAF), die zur Absicherung der Regierung Karzai eingerichtet wurde, kann sich auf ein Mandat des Sicherheitsrats stützen und ist auf den ersten Blick legal. Tatsächlich finden aber im Rahmen von ISAF sogenannte Targeted Killings statt, bei denen nach einer Zählung des Afghanistan Analysts Network aus den Jahren 2009 bis 2011 3.873 Personen getötet wurden, von denen nur fünf Prozent Kombattanten und im übrigen Zivilisten waren. Das macht Targeted Killings insgesamt rechtswidrig.

Wolfgang Jung verlangt auf der Basis eines Schreibens an das Bundesverteidigungsministerium, das in der Pressekonferenz verteilt werden wird, Auskunft über die rechtswidrigen Flugbewegungen der Amerikaner und die rechtswidrige Kriegführung von deutschen Standorten aus, insbesondere von Ramstein. Entsprechend der Auskunft müssen die rechtswidrigen militärischen Handlungen eingestellt werden. Deutschland darf nach Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts völkerrechtswidrige Kriegführung von seinem Boden aus nicht dulden.

Sollte das Bundesverteidigungsministerium ein Tätigwerden im Sinne Jungs ablehnen, wird Klage beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht. Der Entwurf dieser Klage wird ebenfalls in der Pressekonferenz erhältlich sein.

Dr. Peter Becker, Rechtsanwalt
Otto Jäckel, Rechtsanwalt


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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2012