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MENSCHENRECHTE/053: Beschluss zur Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter reicht nicht aus (DIMR)


Deutsches Institut für Menschenrechte - 26. Juni 2014

Beschluss der Justizministerkonferenz zur Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter reicht nicht aus



Berlin - Anlässlich des heutigen Beschlusses der Justizministerkonferenz, die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter personell und finanziell aufzustocken, erklärt Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa:

"Der Beschluss der Justizministerkonferenz, die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter personell und finanziell moderat aufzustocken, ist ein wichtiger erster Schritt. Er reicht jedoch bei Weitem nicht aus: Um ein vergleichbares Niveau wie in Frankreich, Österreich und der Schweiz zu erreichen, müsste das Budget verzehnfacht werden, statt - wie jetzt beschlossen - knapp verdoppelt. Deshalb sollte die Ausstattung schrittweise weiter verbessert werden.

Außerdem muss eine grundlegende institutionelle Reform der Nationalen Stelle angegangen werden: Das Besetzungsverfahren für die Stelle sollte transparent und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft ausgestaltet und die Verpflichtung zur multidisziplinären, vielfältigen und geschlechtergerechten Besetzung der Stelle festgeschrieben werden. Zudem sollte das Prinzip der Ehrenamtlichkeit der Mitglieder aufgehoben werden. Denn nur eine starke, unabhängige Nationale Stelle kann, wie es ihr völkerrechtlicher Auftrag ist, systematisch alle Haft- und Gewahrsamseinrichtungen in Deutschland überprüfen, auf Missstände hinweisen und Vorschläge für strukturelle Verbesserungen zum Schutz vor grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung machen.

Die Vereinten Nationen haben bei der Überprüfung der Umsetzung des Zusatzprotokolls zur UN-Antifolterkonvention in Deutschland in ungewöhnlich scharfer Form darauf hingewiesen, dass die 'Nationale Stelle zur Verhütung von Folter' in Wiesbaden die völkerrechtlichen Anforderungen nicht erfüllt. Der Bericht des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter (SPT) von 2013 hat das Dilemma der Nationalen Stelle klar zu Tage gebracht: Sie ist eine Stelle mit einem umfassenden Auftrag, den sie aber aufgrund ihrer Ausgestaltung und geringen finanziellen Ausstattung unmöglich erfüllen kann. Angesichts des absoluten Verbots von Folter und Misshandlung und der daraus resultierenden Notwendigkeit wirksamer Prävention ist dies ein erschreckender Befund."


Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter in Wiesbaden ist zuständig für die Überprüfung von Strafvollzug und Untersuchungshaft, Jugendstrafvollzug und Jugendarrest, Gewahrsamseinrichtungen der Polizei und des Zolls, Abschiebehaft, Haft- und Arresteinrichtungen der Bundeswehr. Darüber hinaus überwacht sie den Freiheitsentzug in der Psychiatrie, in Alten- und Pflegeheimen, in Einrichtungen für behinderte Menschen und in der geschlossenen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe.
http://www.institut-fuer- menschenrechte.de/index.php?RDCT=c0acc5ee3707a88e5cb0


Weitere Informationen:

Beschluss der Justizministerkonferenz vom 26.06.2014, TOP II.21
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/index.php?RDCT=155fd9c0a42eed3a3798

Petra Follmar-Otto (2014): Verhinderung von Folter und Misshandlung - kein Thema für Deutschland? (aktuell 4/2014):
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detailansicht.html?tx_commerce_pi1%5BshowUid%5D=513&cHash=5c19f2260dd28a1a8ccb137897d35a92

Follmar-Otto, Petra (2013): Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter fortentwickeln! Zur völkerrechtskonformen Ausgestaltung und Ausstattung:
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detailansicht.html?tx_commerce_pi1%5BshowUid%5D=408&cHash=831d1a4bd2651d8471c0bc8f3595c596

Bericht des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter (SPT) 2013 auf der Website des BMJV:
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/SPT_Bericht_an_den_Vertragsstaat.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Juni 2014
Deutsches Institut für Menschenrechte e. V.
Zimmerstr. 26/27, 10969 Berlin
Telefon: +49 30 259 359 0, Telefax: +49 30 259 359 59
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www.institut-fuer-menschenrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2014