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MIETRECHT/252: Laubrente vom Nachbarn? (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 15. Oktober 2013

Ressort: Ratgeber/Service/Nachbarrecht/Miet- und Eigentumsrecht

Laubrente vom Nachbarn?



München/Berlin (DAV). Herbstzeit - Laubzeit. Muss man eigentlich das Laub von Nachbars Grundstück hinnehmen? Grundsätzlich darf ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn einen angemessenen finanziellen Ausgleich verlangen, wenn die störenden Einwirkungen über das zumutbare Maß hinausgehen. Laub vom Nachbarn ist allerdings dann hinzunehmen, wenn die Bepflanzung mit Laubbäumen dem Charakter der Gegend entspricht, entschied das Amtsgericht München am 26. Februar 2013 (AZ: 114 C 31118/12), wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Die Eigentümer zweier Grundstücke waren in Streit geraten. Grund war ein alter Lindenbaum mit großer Krone, der auf dem Grundstück eines Ehepaares stand, etwa zehn bis zwölf Meter entfernt von der Grundstücksgrenze ihrer Nachbarin.

Mehrmals im Jahr, so beschwerte sich die Nachbarin, sei das Grundstück durch Blüten, Samen, Blätter und Äste des Lindenbaums in einem Radius von mindestens 30 Metern bedeckt, im Herbst bilde sich eine mehr als zehn Zentimeter dicke Schicht aus Blättern. Nicht nur der gepflegte Rasen und der Gemüsegarten seien bedeckt, sondern auch die Regenrinnen verstopft. Zudem bildeten sich auf der Garagenzufahrt und vor dem Garagentor Laubhaufen. Die Pflege des Gartens sei dadurch erheblich erschwert. Sie müsse die Regenrinnen mindestens drei- bis viermal im Jahr reinigen und jährlich 10 bis 15 80-Liter-Tonnen Laub entsorgen. Für all diese Mühen sei es nur angemessen, wenn sie jährlich 500 Euro erhielte.

Das komme nicht infrage, entgegnete das Ehepaar. Die Laubmengen, die entsorgt werden müssten, beträfen den gesamten Laubanfall auf dem Grundstück der Nachbarin und stammten keinesfalls überwiegend von ihrem Lindenbaum.

Die Klage kam Ende 2012 vor das Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Forderung nach einer "Laubrente" ab:

Grundsätzlich könne zwar ein Grundstückseigentümer einen finanziellen Ausgleich verlangen, wenn von dem Nachbargrundstück Einwirkungen ausgingen, die ortsunüblich seien und die Benutzung wesentlich beeinträchtigten. Das Abfallen von Lindenlaub und -blüten auf ein Nachbargrundstück könne grundsätzlich eine solche Einwirkung sein. Für die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung vorliege, diene als Maßstab das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers. Für ein Wohngrundstück sei maßgeblich, ob das Wohnen an Annehmlichkeit verliere und der Grundstückswert dadurch gemindert werde. Vorliegend sei das Grundstück im Frühjahr mit Blüten und im Herbst mit Laub des Lindenbaums bedeckt, es handele sich daher um jahreszeitlich bedingte und beschränkte Einwirkungen. Ein durchschnittlich empfindender und denkender Anwohner ohne besondere Empfindlichkeit würde die geschilderten Beeinträchtigungen ohne Entschädigungsverlangen hinnehmen.

Auch prägten grüne Grundstücke die Gegend. Die Mehrheit der Grundstücke sei mit Bäumen unterschiedlicher Art bepflanzt, darunter auch Lindenbäume.

Das Ehepaar könne die von dem Lindenbaum ausgehenden Einwirkungen auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindern. Darüber hinaus spreche das gewachsene Umweltbewusstsein in weiten Teilen der Bevölkerung, das das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als erstrebenswert ansehe, gegen eine Beeinträchtigung der Nachbarin in der ortsüblichen Benutzung ihres Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus. Sie genieße das Wohnen im Grünen als Lagevorteil, daher müsse sie den damit verbundenen Nachteil der erhöhten Grundstücksverschmutzung durch pflanzliche Bestandteile in Kauf nehmen.

Die Deutsche Anwaltauskunft ist ein Service des Deutschen Anwaltvereins: www.anwaltauskunft.de.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 50/13 vom 15. Oktober 2013
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2013