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STRAFRECHT/444: Deutscher Anwaltverein fordert Abschaffung des "Publizistischen Landesverrats" (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 31. Juli 2015

DAV fordert Abschaffung des "Publizistischen Landesverrats"


Berlin (DAV). Mit den bekannt gewordenen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen Netzpolitik.org macht die Bundesanwaltschaft von einer Norm Gebrauch, die seit jeher kritisiert wurde, da sie ein staatliches Vorgehen gegen einen kritischen Journalismus ermöglicht: Den "Publizistischen Landesverrat". Zu Recht wurde in den vergangen Jahren und Jahrzehnten praktisch kein Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, gestützt auf das Strafgesetzbuch wegen der öffentlichen Bekanntmachung von Staatsgeheimnissen gegen Presseorgane vorzugehen. Dies allein reicht aber nicht aus, um die Freiheit der Berichterstattung sicherzustellen. Der DAV fordert daher die Abschaffung des "Publizistischen Landesverrates".

Nicht zuletzt durch die Veröffentlichung der Edward Snowden-Dokumente wurde der größte Abhörskandal der Welt publik gemacht. "Es besteht ein fundamentales Interesse der Öffentlichkeit, über solche Vorgänge aufgeklärt zu werden, insbesondere dann, wenn es um millionenfache Eingriffe in die Grundrechte geht", so Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins.

Dass die Weitergabe von Staatsgeheimnissen strafbar ist, hat seine Richtigkeit. Zu Recht können aber Journalisten in den USA, die bereits durchgesickerte Informationen veröffentlichen, nicht bestraft werden, sodass die Möglichkeit einer straffreien Berichterstattung gewährleistet ist. Nach Ansicht des DAV muss es der Presse möglich sein - und ist es sogar ihre Aufgabe - solche Informationen zu veröffentlichen, um der wichtigen Aufgabe einer kritischen Berichterstattung gerecht zu werden. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass Journalisten auch dann, wenn ihnen Informationen zugespielt werden, die aus einer Straftat stammen, ihre Informanten nicht preisgeben müssen. Dies verdeutlicht, welch außerordentlich hohen Stellenwert das Bundesverfassungsgericht der Meinungs- und Pressefreiheit einräumt. Es muss sichergestellt werden, dass nicht nur das Privileg des Quellenschutzes gewährt wird, sondern die Presse auch die daraus gewonnenen Informationen verwerten kann.

"Es kann nicht sein, dass der Bürger immer gläserner wird, während der Staat immer mehr versucht, geheim zu bleiben", so der DAV-Präsident.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 29/15 vom 31. Juli 2015
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2015

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