Schattenblick →INFOPOOL →RECHT → FAKTEN

VERKEHR/347: Trotz Überschreitens der Richtgeschwindigkeit keine Haftung (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 7. April 2010

Ressort: Ratgeber/Service/Recht

Trotz Überschreitens der Richtgeschwindigkeit keine Haftung


Jena/Berlin (DAV). Wer auf der Autobahn die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschreitet, riskiert grundsätzlich bei einem Unfall einen Teil des Schadens zu bezahlen. Dies gilt aber nicht, wenn der Unfallgegner ganz überwiegend die Schuld trägt. Dies ist dann der Fall, wenn der Unfallgegner kurz nach dem Einfädeln auf die Autobahn auf die Überholspur zieht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Jena vom 17. Juni 2009 (AZ: 5 U 797/08) hervor, wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Die Klägerin befand sich mit ihrem Wagen zunächst auf der Einfädelspur einer Autobahn. Währenddessen fuhr der Beklagte mit seinem BMW mit einer Geschwindigkeit von 160 bis 170 km/h auf der Überholspur. In ihrem Rückspiegel sah die Klägerin das Fahrzeug des Beklagten. Dennoch wechselte sie kurz nach dem Einfädeln auf die Überholspur. Dort stießen die beiden Fahrzeuge zusammen. Die Klägerin forderte von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 4.756,50 Euro und ein Schmerzensgeld von mindestens 1.500 Euro.

Das Oberlandesgericht war der Auffassung, dass die Klägerin von dem Beklagten keinerlei Zahlung verlangen könne. Trotz Überschreitens der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h hafte der Beklagte nicht mit.

Wer die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn von 130 km/h überschreitet, riskiert grundsätzlich einen Teil der Unfallkosten übernehmen zu müssen, wenn es bei einem Spurwechsel zu einer Kollision kommt. Seine erhöhte Geschwindigkeit macht es für andere Verkehrsteilnehmer schwieriger, Gefahren richtig einzuschätzen. Er kann sich deshalb fast nie darauf berufen, dass der Unfall für ihn unabwendbar war. Ihm wird die so genannte Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zugerechnet. Betriebsgefahr meint die Gefahr, die allein durch die Teilnahme eines Fahrzeugs am Straßenverkehr entsteht.

Im vorliegenden Fall lehnte das Gericht die Berücksichtigung dieser Betriebsgefahr jedoch aufgrund des besonders gefährlichen Verhaltens der Klägerin ab. Es liege kein normaler Spurwechsel vor, da die Klägerin von der Einfädelspur gekommen sei. Der Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass die Klägerin so kurz nach dem Einfädeln auf die Überholspur ziehe.

Informationen: www.anwaltauskunft.de


*


Quelle:
Pressemitteilung Nr. 17/10 vom 7. April 2010
Tipps der Deutschen Anwaltauskunft
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
PR-Referat
Littenstraße 11, 10179 Berlin
Tel.: 0 30/72 61 52 - 129
Fax: 0 30/72 61 52 - 193
E-mail: walentowski@anwaltverein.de
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2010