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ZIVILRECHT/505: Veranstalter von Singspielen können kindliches Trauma nicht immer vorhersehen (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Tipps des Monats der Deutschen Anwaltauskunft, Mai 2011 - Berlin, 16. Mai 2011

Veranstalter von Singspielen können kindliches Trauma nicht immer vorhersehen


Bamberg/Berlin (DAV). Wenn im Zeltlager ein Singspiel durchgeführt wird und ein Kind dadurch ein schweres Trauma erleidet, muss der Veranstalter nicht automatisch Schmerzensgeld zahlen. Ein Trauma durch das Singspiel muss für den Veranstalter des Zeltlagers zumindest vorhersehbar sein, damit er haftbar wird, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg am 5. Januar 2011 (AZ: 5 U 159/10), wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Der minderjährige Kläger wollte vom Veranstalter eines Zeltlagers, an dem er mit seinem Vater teilgenommen hatte, Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro einklagen. Der Kläger behauptete, ein Singspiel, bei dem sein Vater mitgewirkt hatte, habe bei ihm ein schweres Trauma ausgelöst. Im Rahmen dieses Singspiels wurde der Vater des Klägers von einem Mädchen mittels "Fingerpistole" schauspielerisch erschossen. Der Kläger und seine Eltern vertraten die Ansicht, dass er dadurch ganz erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten habe. Der Zeltlager-Veranstalter verteidigte sich damit, dass das Singspiel seit Jahrzehnten ohne gesundheitliche Beeinträchtigung der Teilnehmer oder Zuschauer aufgeführt werden konnte. Auch hätten die anderen Teilnehmer am Zeltlager nach dem Singspiel weder am Kläger noch an seinem Vater eine nachteilige Veränderung feststellen können.

Das OLG bestätigte die Klageabweisung durch das Landgericht Coburg. Ein Verschulden der Verantwortlichen des Singspiels sei nicht zu erkennen. Für ein Verschulden sei es erforderlich, dass die Verantwortlichen die Gefahr eines Traumas bei einem 7jährigen durch das Singspiel hätten erkennen können. Unter Berücksichtigung der Einzelheiten des Falles sei dies zu verneinen. Es komme aufgrund fehlenden Verschuldens seitens der Veranstalter auch nicht darauf an, ob das Kind tatsächlich eine Belastungsstörung erlitten hat. Nach Ansicht der Richter könne bei Kindern im Alter von sieben Jahren vorausgesetzt werden, dass sie zwischen Spiel und Realität unterscheiden können. Auch das Verhalten des Vaters, der am Singspiel mitgewirkt hatte, spreche dafür, dass die behaupteten Auswirkungen nicht vorhersehbar waren.

Informationen: www.anwaltauskunft.de


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 20/11 vom 16. Mai 2011
Tipps des Monats der Deutschen Anwaltauskunft - Mai 2011
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2011