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INTERNATIONAL/402: Kolumbien - Spezialeinheit mit Gewalt gegen Studierendenproteste (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Kolumbien

Spezialeinheit mit Gewalt gegen Studierendenproteste


(Antioquia, 26. Oktober 2019, Colombia Informa) - Kaum eine Woche nach der Verabschiedung des Staatshaushalts PGN (Presupuesto General de la Nación) kehrten tausende Studierende wieder auf die Straßen kolumbianischer Großstädte zurück. Grund für die Demonstrationen ist Artikel 44 des Haushaltsplans, der deutlich macht, dass die Förderung öffentlicher Universitäten für die Regierung von Iván Duque keine Priorität darstellt. Die Frustration über den Präsidenten und seine Politik hatte die inzwischen seit Wochen anhaltenden Studierendenproteste ausgelöst.


Bogotá

Seit dem 24. Oktober machen Studierende öffentlicher und privater Universitäten in der Hauptstadt Bogotá im Rahmen der Aktionstage "Semana de la indignación" (Wutwoche) ihrem Ärger Luft. Unter anderem forderten sie die Regierung auf, ihre Zusagen einzuhalten und Artikel 44 zu streichen. Dieser sieht die Begleichung von Staatsschulden mit Geldern vor, die der Förderung der öffentlichen Universitäten zugedacht waren.

Bei strömendem Regen fanden sich die Student*innen zu den Protesten ein. Die Spezialeinheit Mobiles Aufstandsbekämpfungskommando ESMAD (Escuadrón móvil anti-disturbios) ging mit Blendgranaten und Tränengas gegen die Studierenden der Universidad Nacional de Columbia vor und versperrte ihnen den Weg vom Gelände. Ein Jahr nach dem landesweiten Streiktag "Paro Nacional" gehen die Studierenden nun erneut auf die Straße, um ihren Forderungen Gehör zu verschaffen. Zahlreiche Institutionen haben bereits die ständige Versammlung ausgerufen; die Möglichkeit, dass sich die Proteste zu einem landesweiten Streiktag der Universitäten auswachsen, wird nicht ausgeschlossen.


Popayán

Studierende der Universität von Cauca sowie soziale Organisationen demonstrierten am 24. Oktober gegen Artikel 44, die Arbeitsreform und die Politik der Regierung Iván Duques. Sie protestierten gegen das gewalttätige Vorgehen der ESMAD und forderten die Regierung auf, ihre Zusagen einzuhalten.

"Wir verurteilen die Verabschiedung eines Haushaltsplans, der der Verwendung von Geldern, die eigentlich den öffentlichen Universitäten zugutekommen sollten, zur Begleichung von Staatsschulden zustimmt. Wir betrachten das als eine äußerst besorgniserregende Entwicklung", erläuterte Víctor García, Vertreter der Studierenden der Universidad del Cauca.

"Wir glauben, dass die Arbeits- und Rentenreformen nicht nur uns als Studierende etwas angehen, sondern auch als Bürger Kolumbiens. Deshalb sind wir überzeugt, dass dieser Kampf über die Universitäten hinaus gehen und auf breiter Bevölkerungsebene geführt werden muss."


Medellín

Auch in der Hauptstadt des Verwaltungsgebiets Antioquia protestierten die Studierenden gegen die Nichterfüllung der im vergangenen Jahr von der Regierung unterzeichneten Vereinbarung sowie die Verabschiedung des Staatshaushalts mit besagtem Artikel 44. Die Aktion wurde organisiert von Studierenden des Instituto Tecnológico de Medellín, der Universidad Nacional, der Universidad de Antioquia, des Politécnico Jaime Isaza Cadavid sowie Studierenden privater Universitäten. Der Protestmarsch zog von der Universidad Nacional bis zum Verwaltungszentrum der Stadt, La Alpujarra. Anschließend kehrten die Studierenden zurück zur Universidad de Antioquia und versammelten sich in der Straße Barranquilla, wo die bis dahin friedliche Demonstration von der ESMAD massiv bedrängt wurde.


Bucaramanga

Im Nordosten des Landes demonstrierten die Studierenden gegen die wirtschaftlichen Maßnahmen, die politische Situation sowie die Kriminalisierung der Proteste durch die Nationalregierung. Während der Demonstrationen zeigte sich erneut das unverhältnismäßig harte Vorgehen der ESMAD. Die Spezialeinheiten nahmen Sebastián García fest, einen Studierenden der Industrieuniversität von Santander UIS (Universidad Industrial de Santander), und schlugen willkürlich auf die Demonstrierenden ein.

Neben willkürlichen Festnahmen und dem Einsatz von Tränengas wurde außerdem der Student Johan Steven Carrillo durch ein Geschoss der ESMAD an einem Auge verletzt, das nun durch einen chirurgischen Eingriff vollständig entfernt werden muss.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2019

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