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Pandemie, Enge und Repression in El Salvador
Von Karina Ruth Canseco und UNAM global
In der Covid-19-Pandemie in El Salvador versucht sich Präsident Nayib Bukele als Hardliner gegen die Mara-Banden zu profilieren. Die Gefangenen werden in Massen festgehalten.
(Mexiko-Stadt, 28. April 2020, desinformémonos) - Der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, hat der Nationalpolizei und der Armee eine Schießerlaubnis erteilt, um Mitglieder der von ihm als terroristisch bezeichneten Banden Mara Salvatrucha (MS-13), 18-Revolucionarios und 18-Sureños auf den Straßen festzunehmen (und sie zu töten, falls sie sich ihrer Verhaftung widersetzen). Zuvor war es mit 49 Morden in weniger als 72 Stunden zu einem erneuten Anstieg der Gewalt in dem zentralamerikanischen Land gekommen.
Per Twitter hat der Präsident zudem den höchsten Notstand in den Haftanstalten erklärt und angeordnet, dass die Straftäter*innen - unabhängig von der Bande, der sie angehören - miteinander in dieselben Zellen gesperrt werden und dort zusammen leben müssen. Bei diesem Zellen handelt es sich um abgeschottete Räume ohne Licht und ohne die Möglichkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren.
Der Journalist und Autor Óscar Martínez stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die politischen Maßnahmen Bukeles darauf ausgerichtet seien, Öffentlichkeit herzustellen, um seine Regierung zu promoten. Der Anstieg der Gewalt habe die "Errungenschaft" bei der Reduzierung der Morde zunichte gemacht, so Martínez. Diese war das Ziel der Aufstandsbekämpfungsstrategie der Regierung (Plan de Control Territorial).
Im Interview mit Deyanira Morán in der Sendung Prisma Ru [1] des mexikanischen Radios UNAM warnte Martínez, die drei wichtigsten salvadorianischen Banden seien seit 2002 getrennt, aber ihre Struktur intakt geblieben; ihre Zusammenlegung berge deshalb die Gefahr, dass sie zukünfig gemeinsam agieren und so wieder zu einer Gefahr für den Staat werden könnten.
Martínez betonte zudem, dass die Fotos von hunderten zusammengepferchten Bandenmitgliedern, die in Zeitungen und sozialen Netzwerken verbreitet wurden, bei Menschenrechtsorganisationen Besorgnis wegen der hohen Ansteckungsgefahr ausgelöst haben. "Die Pandemie wird vom Präsidenten El Salvadors genutzt, um sich als autoritärer Staatslenker darzustellen, ohne die politischen Regeln zu respektieren."
Bei den Pressekonferenzen von Nayib Bukele gebe es keine Möglichkeiten, Fragen zu stellen, kritisierte der Autor [2] des Buches "Die Migranten, die nichts zählen" (los Migrantes que no importan) [3]; Interviews würden nur regierungsnahen Medien gewährt. Das führe dazu, dass völlig unklar sei, worin sein Sicherheitskonzept für die Strafanstalten bestehe und seine Strategie, die kriminellen Banden aufzulösen.
Anmerkungen:
[1] https://twitter.com/PrismaRU/status/1254853088164196352
[2] http://culturmag.de/rubriken/buecher/reportage-oscar-martinez-eine-geschichte-der-gewalt/92627
[3] https://www.letraslibres.com/mexico-espana/los-migrantes-que-no-importan
URL des Artikels:
https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/pandemie-enge-und-repression-in-el-salvador/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2020
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