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SCHACH-SPHINX/05416: Buchgläubigkeit (SB)


Buchgläubigkeit ist selbst unter hartgesottenen Schachspielern ein weitverbreitetes Übel. Nicht ist damit das kniedevote Verbeugen vor dem Kreuz gemeint, auch nicht die blinde Hingerissenheit für die Leitsätze der Moral. Nicht zwischen Wissenschaft und Religion findet diese Fehde statt. Und doch ist ein Typus unter den Schachspielern auszumachen, der nicht minder verbissen an so etwas wie starre Dogmentreue festhält. Die Bibel des Schachspielers ist sein Theoriebuch. Alles, was darinsteht, muß wahr sein. Schließlich sind es die überlieferten und auf schimmerndes Weiß gedruckten Gedanken der Großmeisters, und die können, so hofft er, nicht falsch sein. Aber weit gefehlt! Wie häufig gingen Partien den Bach herunter, weil auf ein vermeintliches Buchwissen zurückgegriffen wurde. Kein Geringerer als der deutsche Großmeister Wolfgang Unzicker warnte vor einem solchen Leichtsinn: "Nichts wäre aber verkehrter, als einer bestimmten Eröffnungsvariante, wenn sie in Büchern oder Zeitschriften erwähnt wird, bezüglich ihrer Richtigkeit die Bedeutung eines kirchlichen Dogmas oder eines Urteils des höchstens Gerichts eines Landes beizumessen." Auch unser Schachfreund Susimaa hatte früh in der Partie auf eine Buchvariante geschworen, ohne sie der Mühe der Überprüfung zu unterziehen. Das Stellungsdiagramm war die Folge dieser Fahrlässigkeit. Weiß am Zuge gewinnt im heutigen Rätsel der Sphinx auf galante Weise, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05416: Buchgläubigkeit (SB)

Ristoja - Susimaa
Helsinki 1983

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
An alles mögliche hatte Meister Jandran gedacht, aber an das Naheliegende eben nicht, und so war ihm nach 1.Lg2xe4? der Widerlegungszug 1...Lf5-e6! gar nicht in den Sinn gekommen. Wegen der Doppeldrohung 2...Le6xb3 und 2...Dh4xf2#, also der Wahl zwischen Damenverlust und Matt, gab er sofort auf.


Erstveröffentlichung am 09. April 2002

17. März 2015


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