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SCHACH-SPHINX/05435: Ein durchtriebener Wirt (SB)


Schach- und Glücksspiel: paßt das zusammen? Für die meisten Meister nicht, doch der Wirt des New Yorker Stuyvesant Chess Clubs, von den meisten einfach nur "Yankele" genannt, glaubte in den 30er Jahren, beides herrlich miteinander verbinden zu können. Viel Geld war mit der Schachkunst ohnehin nicht zu machen. Statt zu den Leckereien zu greifen, die er auf seiner reichhaltigen Speisekarte anbot, begnügten sich die Mägen der Schachmeister für gewöhnlich mit schmaler Kost. Die Miete mußte Yankele nichtsdestotrotz an jedem Monatsende auf den Tisch legen. In seiner Not, und weil die Zeit damals eine Ära blühenden Glücksspiels war, baute er einen Teil der Räume zu einer verbotenen Spielhölle aus. Es heißt, nicht wenige unter den schachspielenden Meistern hätten die Abende nicht am Brett, sondern vielmehr am Roulette- und Pokertisch zugebracht. Lange blieb der Laden vor dem Auge des Gesetzes jedoch nicht verborgen. Als die Polizei ihn zum Verhör aufs Revier schleppte, hatte er, durch einen Spitzel gewarnt, zwar rechtzeitig alle verräterischen Utensilien beiseite schaffen können, doch die Zeugen der Staatsanwaltschaft belasteten Yankele schwer. Vor Gericht beteuerte er jedoch unermüdlich, nichts anderes im Sinn gehabt zu haben als das leibliche Wohl der Schachmeister. Der Richter, von den widersprüchlichen Aussagen ohnehin schon gereizt, stellte Yankele, als dieser wieder einmal seine lauteren Absichten beschwor, die Frage: "Wie heißt denn der Champion der USA?" Yankele stockte einen Augenblick, vielleicht, weil er von der Frage völlig überrascht wurde. Plötzlich glaubte der Richter, den Angeklagten gewissermaßen auf frischer Tat ertappt zu haben. Gibt sich als Schachenthusiast aus und weiß nicht einmal, wer gegenwärtig amerikanischer Schachmeister ist! Doch da sprang über Yankeles Lippen: "Arthur Denker!" Der Richter hatte ein Einsehen und stellte das Verfahren ein. Woher Yankele, der vom Schach soviel verstand wie ein andalusischer Schweinehirte, gewußt hatte, wer der Champion des Landes war? Ganz einfach! Schließlich liefen ja auch Wetten auf den Landesmeister im Schach, und da mußte Yankele natürlich informiert sein. Eine völlig falsche Antwort, zumindest auf dem Brett, gab Meister Panzalovic im heutigen Rätsel der Sphinx, als er in der Diagrammstellung nach 1.Sg1-f3 c7-c5 2.c2-c4 Sb8-c6 3.d2-d4 c5xd4 4.Sf3xd4 g7-g6 5.b2-b3 Lf8-g7 in Verkennung der Lage 6.Lc1-b2? zog. Wie wurde er für seine Gedankenlosigkeit bestraft, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05435: Ein durchtriebener Wirt (SB)

Panzalovic - Dancevski
Jugoslawien 1990

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Kunstvoll plaziert, drapiert und sublimiert hatte Meister Kavalek seine Stellung, dann hielt er kurz inne, beschaute sein Meisterwerk und legte Hand an zum letzten Schöpferschliff mittels 1.Sa5xc6 Df6xc6 2.Df2-d4! Kg7-f7 3.Dd4xe5 Te7xd7 4.De5-e8+ Kf7-f6 5.De8xd7.


Erstveröffentlichung am 26. April 2002

05. April 2015


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