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SCHACH-SPHINX/05475: In seine Einsamkeit vernarrt (SB)


Zum Thema Intelligenz hatten viele Denker und Dichter mit wissenschaftlichem Anspruch etwas zu sagen gehabt. Neben haar- und gemütspalterischen Phrasen fand sich durchaus auch Lustiges unter den Kommentaren. Eine besonders wirre Art, Intelligenz als Schöpfungskrone zu interpretieren, glückte dem nihilistischen Philosophen Artur Schopenhauer: "Die Natur steigert sich fortwährend, zunächst vom mechanischen und chemischen Wirken des unorganischen Reiches zum Vegetabilischen und seinem dumpfen Selbstgenuß, von da an zum Tierreich, mit welchem die Intelligenz und das Bewußtsein anbricht und nun von schwachen Anfängen stufenweise immer höher steigt und endlich durch den letzten und größten Schritt bis zum Menschen sich erhebt, in dessen Intellekt also die Natur den Gipfelpunkt und das Ziel ihre Produktionen erreicht, also das Vollendeteste und Schwierigste liefert, was sie hervorzubringen vermag. Selbst innerhalb der menschlichen Spezies aber stellt der Intellekt noch viele und merkliche Abstufungen dar und gelangt höchst selten zur obersten, der eigentlich hohen Intelligenz. Diese nun also ist im engern und strengern Sinne das schwierigste und höchste Produkt der Natur mithin das Seltenste und Wertvollste, was die Welt aufzuweisen hat. In einer solchen Intelligenz tritt das klarste Bewußtsein ein und stellt demgemäß die Welt sich deutlicher und vollständiger als irgendwo dar. Der damit Ausgestattete besitzt demnach das Edelste und Köstlichste auf Erden und hat dem entsprechend eine Quelle von Genüssen, gegen welche alle übrigen gering sind; so daß er von außen nichts weiter bedarf, als nur die Muße, sich seines Besitzes ungestört zu erfreuen und seinen Diamanten auszuschleifen." Tja, ähm, nun, also große Worte machen konnte Schopenhauer schon, nur als Schachspieler soll er sich nicht besonders hervorgetan haben, schließlich war er ja geradezu vernarrt in seine sublime Einsamkeit! Auch der tschechische Großmeister Oldrich Duras war einsam unter den Schachspielern, aber nicht durch seine Einbildung, sondern wegen seiner souveränen Grazie in der Behandlung von Stellungsproblemen. Im heutigen Rätsel der Sphinx bekam dies sein Gegenüber Arnold zu spüren. Also, Wanderer, wie setzte Duras mit den schwarzen Steinen ein Ausrufezeichen hinter seinen nächsten Zug?



SCHACH-SPHINX/05475: In seine Einsamkeit vernarrt (SB)

Arnold - Duras
Berlin 1920

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Intelligent war zweierlei, nämlich die Ausnutzung der anfälligen Lage des schwaren Läufers auf f6 und das Bedrohen der schwarzen Majestät mit Matt; dazu spielte Meister Rellstab 1.De4-e8!! Die Dame war - wie leicht zu finden - unantastbar. Sein Kontrahent Ahues mußte 1...Dd7-g7 spielen, aufhalten ließ sich der weiße Angriff damit freilich nicht, denn Rellstab setzte konsequent mit 2.De8xf8+! Dg7xf8 3.Te1-e8! fort und gewann sofort.


Erstveröffentlichung am 05. Juni 2002

15. Mai 2015


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