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SCHACH-SPHINX/05546: Paranoider Wahn (SB)


Wer sein Leben exzessiv dem Schachspiel widmet, der läßt vieles zurück auf seinem Weg zur wahren Meisterschaft. Zuweilen jedoch, wenn unbewältigte persönliche Charakterschwächen mit im Spiel sind, wird daraus ein festes Wahngebild, dann bemächtigt sich des schachspielenden Menschen im Augenblick seines größten Ruhm die - Angst. Bobby Fischer, die amerikanische Legende, war solch ein Fall von paranoidem Wahn. Als er Boris Spassky im Jahrhundertmatch in Reykjavik schlug und sich endlich die langersehnte Krone auf sein Haupt setzen konnte, befiel ihm die Wahnidee, daß er sie wieder verlieren und all das einbüßen könnte, was er so mühsam zusammengerafft hatte: seine Ersatz-Persönlichkeit. Das Schach ist eben keine Welt für sich, sie korrespondiert immer und ausschließlich mit der Umwelt, darin sie zum Wert erhoben wird. Über diesen Stolperstein stürzte Fischer, und als sich ihm diese Gewißheit zur unumstößlichen Erkenntnis zu verdichten drohte, schlug er die Flucht nach vorne ein. Er verschwand von der Bildfläche, versteckte sich in irgendwelchen anonymen Nestern und trieb eine Art von Selbstbeweihräucherung. Hier und da erfuhr man von seinem beißenden Sarkasmus, mit dem er die führenden Meister überschüttete, die nach seinem Verschwinden den verwaisten Platz eingenommen hatten. Seine Worte hier wiederzugeben, würde bedeuten, Unflätiges niederzuschreiben, was jedoch nicht im Interesse der Redaktion sein kann. Daß Fischer auch vor seinem Exodus immer wieder mal Turnierhallen den Rücken gekehrt hatte, wenn seine Ansprüche nicht gebührend beachtet worden waren, ist bekannt, so zum Beispiel beim Interzonenturnier im tunesischen Sousse, und das, obwohl er bei seinem Abtritt klar in Führung gelegen hatte. Aus diesem Turnier ist auch das heutigen Rätsel der Sphinx entnommen. Mit den weißen Steinen setzte er den mongolischen Meister Mjagmasuren nun schachmatt, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05546: Paranoider Wahn (SB)

Fischer - Mjagmasuren
Sousse 1967

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Alexander Aljechin brauchte bei dieser Simultanpartie nur wenige Augenblicke, um das zehnzügige Matt zu finden: 1.De2-h5+! Sf6xh5 - 1...g7-g6 2.Dh5xg6# - 2.f5xe6++ Kf7-g6 3.Lb3-c2+ Kg6-g5 4.Tf1-f5+ Kg5- g6 - 4...Kg5-g4 5.h2-h3+ usf. - 5.Tf5-f6++ Kg6-g5 6.Tf6-g6+ Kg5-h4 7.Te1-e4+ Sh5-f4 8.Te4xf4+ Kh4-h5 9.g2-g3 beliebig 10.Tf4-h4#


Erstveröffentlichung am 14. August 2002

25. Juli 2015


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