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SCHACH-SPHINX/05553: Fabulierter Unsinn (SB)


"Wie das wirkliche Leben, so war auch das Schachspiel schön, klar und voller Abenteuer. Lushin stellte mit Befriedigung fest, daß alles seinem Willen gehorchte und sich seinen Ideen fügte." Dies schrieb der Problemkomponist Vladimir Nabokov in seinem 1930 in russischer Sprache erschienenen Roman "Lushins Verteidigung". Darin wird die Schach- Verfallenheit eines Menschen von frühester Kindheit an geschildert, mitsamt den begleitenden Wahnvorstellungen. Angeregt wurde Nabokov durch das Wirken des ehemaligen Weltmeisters Alexander Aljechin, dessen Glaube, man könne das Schach nicht lernen, es sei denn, irgendein Göttervater habe einem die Gabe zum prophetischen Schach verliehen, merkwürdig genug anmutet. Die bizarre Selbstaufopferung, welcher der Protagonist in Nabokovs Roman verfällt, ist von einer tragischen Authentizität. Vor Aljechin gab es mindestens eine Handvoll Schachmeister, die nicht minder "schicksalhaft" am Schachspiel seelisch erkrankten und ihr Leben in schmerzhafter Vereinsamung aushauchten. Natürlich liegt dem Schachspiel keine geistesverwirrende Ader zugrunde. Der Anteil an Menschen, die irre werden, dürfte im Schach nicht höher liegen als beispielsweise in wissenschaftlichen oder künstlerischen Disziplinen. Nur weil Wahn und Genialität vermeintlich psychopathologisch eng zusammenstünden, erregten die "Umnachtungen" schachspielender Meister ein so großes Aufsehen. Eine zwingende Notwendigkeit zwischen Verrücktwerden und Schach ist fabulierter Unsinn. Der Schweizer Wahl-Eidgenosse Viktor Kortschnoj wird in Schachkennerkreisen zwar der 'Schreckliche' genannt, eine Geistestrübung erlitt er deswegen jedoch nicht. Ganz im Gegenteil wurden Verstand und Auge bei ihm selbst im Alter nicht beeinträchtigt, wie das heutige Rätsel der Sphinx beweist. Sein Kontrahent und ehemaliger Landsmann Lew Polugajewski zog nun in wenngleich verlorener Stellung 1...Tc3-c8 mit der Falle 2.De8xc8?? De2-h5+ 3.Kh3-g2 Dh5-e2+ und Remis durch Dauerschach. Glaubst du, daß Kortschnoj auf diese simple Falle hereinfiel, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05553: Fabulierter Unsinn (SB)

Kortschnoj - Polugajewsky
Biel 1986

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Georgierin opferte mit 1.Td6xh6! ihren Turm, der jedoch nicht zu nehmen war wegen 1...g7xh6 2.Lh4-f6, und die Mattdrohung mit Dd3-g3- g7# wäre nicht mehr zu verhindern. Also spielte Meister Winants 1...f7- f5, verlor jedoch nach 2.e5xf6 Tf8xf6 3.Th6xf6 g7xf6 4.Dd3-g6+ Haus und Hof und Partie.


Erstveröffentlichung am 21. August 2002

01. August 2015


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