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SCHACH-SPHINX/06382: Weite Strecken und Unrast (SB)


Streckenbewältigung heißt die Herausforderung für den modernen Schachspieler. Die Strecken nämlich, die zwischen den Turnieren liegen. Tausende von Kilometern sausen unter ihm hinweg, wenn er von Flughafen zu Flughafen jettet, das Notdürftigste in den Koffern, den Kopf voller Termine, Namen, Bilanzen. Ein Meister von heute ist ein Unternehmer. Da versagen schnell die Nerven, das Herz schreit nach Erholung und auch der Geist sträubt sich mehr und mehr gegen den zu bearbeitenden Berg an Theorie, der mit jedem Turnier immer höher steigt. Schon der Ex-Weltmeister Michail Tal hatte erkannt: "Im heutigen Schach reicht Talent nicht mehr aus; man benötigt eine eiserne Gesundheit, um die lange und intensive geistige Arbeit verrichten zu können." Kuren, ein strenger Diätplan, Betreuung durch geschulte Fitneßtrainer, ohne dieses Equipment wären viele Schachspieler längst zusammengebrochen. Ja, früher, als die Welt noch klein war, ein Trip von London nach Paris schon globetrotterische Dimensionen hatte, da hielten Geist, Körper und Seele noch als Einheit zusammen. Kein weitschweifiges Zerstreuen in alle Winde des Terminkalenders. Für ein Privatleben bleibt heutzutage nicht viel Muße. Zeitnot bestimmt den Alltag. Wer dann noch in die Jahre kommt, ist noch schlechter dran. Im heutigen Rätsel der Sphinx mußte der 68jährige Ex-Weltmeister Emanuel Lasker der jungen Garde das Feld überlassen. Im Moskauer Turnier von 1936 hielten seine Kräfte gegen Michail Botwinnik nur bis zum 21. Zug stand. Mit seinem letzten Zug 1...Ta8-b8? leitete er seine Niederlage ein. Nun, Wanderer, was hatte der ausgezehrte Altmeister übersehen?



SCHACH-SPHINX/06382: Weite Strecken und Unrast (SB)

Botwinnik - Em. Lasker
Moskau 1936

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Ein falscher Königszug hat schon so manche Partie gekippt, und auch 1.Ke3-f4? gehört in dieses Kabinett. Nach 1...Dg1-b6 2.Dd2-c3 d6-d5! 3.g3-g4 h5xg4 4.Kf4xg4 d5-d4 stand die weiße Stellung schlecht, richtiggehend verloren war sie dann nach 5.Dc3-c5? Db6xc5 6.b4xc5 f7- f5+. Hertneck gab sich geschlagen, ehe Christiansen sich zunächst den weißen c-Bauern holen und dann bequem gewinnen konnte.


Erstveröffentlichung am 17. November 2004

12. November 2017


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