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SCHACH-SPHINX/06468: Den Zeitläufen zum Trotz (SB)


H.C. Opfermann hatte in seinem kulturhistorisch geprägten Werk "Die Leistungen und Spielerfolge der großen Schachdenker für das moderne Schachspiel" die Frage untersucht, inwieweit gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Zeitgeist-Strömungen auf die Bildung eines individuellen Schachstils einwirken. Seiner kritischen Herangehensweise fehlt es zwar mitunter an Stichhaltigkeit und allzu nichtssagend werden soziologische Standards heruntergeleiert - "Alle historisch abgrenzbaren Schach-Spielstile stehen im kulturgeschichtlichen Wechselspiel mit den Leitbildern, Erkenntnissen und Verhaltensweisen ihrer Zeit." -, und doch berührt Opfermann damit zum Teil recht interessante Punkte, die im Kern das Denken an sich und dessen Probleme im speziellen zum Thema haben. Spielten die großen Meister des 19. Jahrhunderts also betont opferfreudig, weil ihre Zeit im Zeichen eines Wertewandels fortschritt? War die Blütephase des Königsgambits demzufolge eine Verfallserscheinung der Kultur? Und war das Spiel der Meister vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges so arm an Kreativität, weil die drohende Kriegsgefahr das Denken erstickte? Es lohnt sich jedenfalls, Opfermanns Buch unter diesem Gesichtspunkt zu lesen, nicht aber, weil er verspricht, dank der Kenntnis der geistig-kulturellen Zeitwurzeln Nutzen für die eigene Spielstärke ziehen zu können. Einflüsse von außen waren ja immer schon prägend für den einzelnen gewesen, vorausgesetzt natürlich, er unterwarf sich ihnen in der Verkennung von Denken und Reflexion. Im heutigen Rätsel der Sphinx soll der verstorbene sowjetische Denker und Stratege Polugajewsky zu Wort kommen, der den Zeitläufen zum Trotz Stifter so mancher Variante war, die anfangs angezweifelt wurden, dann jedoch Schule machte. Mit den schwarzen Steinen besiegte er seinen Landsmann Balaschow, indem er die Schwäche des Bauern f2 zum Dreh- und Angelpunkt einer siegreichen Opferkombination machte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06468: Den Zeitläufen zum Trotz (SB)

Balaschow - Polugajewsky
Tallinn 1973

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Blüten locken ins Verderben, glänzend ist die Falle, und nie und nimmer hätte unser Schachfreund Richter seinen Turm auf die e-Linie postieren dürfen. Sei's drum, sein Kontrahent Balogh trieb das Gift aus der Wurzel empor mit 1.De3xe8!! Sg7xe8 2.Te2xe8 g6-g5 3.Te8-h8+ Kh7-g6 4.h3-h4! g5xh4 5.Th8-g8+ und Schwarz gab auf angesichts der unabwendbaren Mattdrohung 5...Kg6-h7 6.Tg8-g7+ Kh7-h6 7.Tf1-f4 und 8.Tf4xh4#


Erstveröffentlichung am 11. Februar 2005

6. Februar 2018


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