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SCHACH-SPHINX/06573: Plädoyer für den Kampfwillen (SB)


Schier endlos gequälte Partien, die über hundert Züge fortdauern, erschöpfen das Interesse des Publikums sehr rasch, dagegen kurze, explosionsartig sich ausdrückende Kombinationsfeuerwerke haben immer schon rege Anteilnahme gefunden. Bedauerlich nur, daß der spitze Einfall mit überstürztem Ende so selten geworden ist. Wer bei einer Spanischen Partie zuschaut, sollte weiche Kissen mitbringen. Und solche Eröffnungen, die Langmut erfordern, gibt es viele. Das Gambit war früher vielleicht ein Zugeständnis ans Publikums. Sagte nicht Emanuel Lasker, daß die Seele des Schachspiels der Kampf sei? Ist das Schach der Jetztzeit also seelisch verarmt? Nicht von ungefähr liest man in Kommentaren: 'Weiß will kämpfen, er spielt Gambit'. Ja, mein Gott, und was tut er sonst? Schnellschach findet ja gerade darin seinen Reiz, daß es die Meister rascher zum Kampfgeschehen zurückzwingt. Wer die Auseinandersetzung verzögert, mag in positionellen Bahnen ein Langstreckenathlet sein. Der Zuschauer indes weidet sein Auge an den schnellen Sprints. Der Applaus belohnt den Mutigen, nicht den affenhaft sich ans Glück Klammernden. Im heutigen Rätsel der Sphinx ging es denn auch sehr rasant zu. Der elfjährige Etienne Bacrot, der später noch viel von sich reden machen sollte, hatte in seinen Lehrjahren wenigstens eines begriffen: Wer lernen will, braucht leichte Füße. Daß er hin und wieder diesen Zuwachs an Geschwindigkeit mit Niederlagen anregen mußte, ist nur natürlich und gut. Sein Denken bekam jedenfalls Flügel durch das Verstehen, daß 1...Sb8-d7?! ein Zug ist, den man nicht wiederholen sollte, oder, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/06573: Plädoyer für den Kampfwillen (SB)

Mitkov - Bacrot
Nizza 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Tal stand schon so überlegen, daß sein Kontrahent Morgen auch bei jeden anderen Zug verloren hätte. Nach 1...h7-h6 hätte Tal mit 2.d5- d6! Ta8-b8 3.d6-d7 fortgesetzt, und der Bauer wäre nicht zu nehmen gewesen wegen der Fesselung mit dem Turm auf der d-Linie.


Erstveröffentlichung am 26. Mai 2005

23. Mai 2018


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