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SCHACH-SPHINX/06680: Netzjunkies und Computerneurosen (SB)


Die Entfernungen spielen keine Rolle mehr, und was früher umständlich und kostspielig über die Post abgewickelt wurde, das geht heutzutage per Tastendruck in einer Geschwindigkeit rund um die Welt, die unsere Vorgänger im Fernschach sich nicht einmal im kühnsten Traum hätten vorstellen können. "Schach mit Hilfe von Computernetzwerken wird eine immer größere Rolle spielen", konstatierte vor Jahren bereits der Profi-Weltmeister Garry Kasparow, und sein Prophetenblick sah tatsächlich in die Zukunft. "Im Internet kann man irgendwo sitzen und mit Partnern am anderen Ende der Welt spielen und so die Schachfamilie vereinen. Es gibt uns auch einen neuen Zugang zum Publikum, und zwar zum besten, den Leuten, die mit Computern zu tun haben." Recht hatte er, der Kasparow, eine vernetzte Welt ist doch ein schöner Ausblick in die nächsten hundert Jahre. Zwar sind immer wieder Kritikerstimmen zu hören, die von einem US-Kulturimperialismus reden und davor warnen, daß beispielsweise die eigene Muttersprache vom Englischen verdrängt wird, die einen schwindelerregenden Zuwachs an Netzjunkies und Computerneurosen prognostizieren, eine weltweite Vereinsamung des Menschen wird da in den schauerlichsten Farben ausgemalt. Indes scheint der Segen größer zu sein als der Fluch und die Abhängigkeiten vom modernen Kommunikationsmittel. Es ist ja auch viel angenehmer, ein leidiges Gespräch mit einem Druck auf die Taste zu beenden, als sich - wie in nostalgischen Zeiten üblich - mit einer erschwindelten Ausrede zu verabschieden. Im heutigen Rätsel der Sphinx ging es noch langatmig zu, da lief die Fernschachpartie zwischen dem deutschen Schachverleger Kurt Rattmann und seinem amerikanischen Kontrahenten Marchand tatsächlich über viele Monate - was für eine Zeitverschwendung ruft da der postmoderne Geist ganz empört. Nun, Wanderer, der du durch alle Zeiten schreitest, war die schwarze Stellung noch zu retten?



SCHACH-SPHINX/06680: Netzjunkies und Computerneurosen (SB)

Rattmann - Marchand
Fernpartie 1949

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Anlaß zu Vaterfreuden gab es für Artur Jussupow nicht mit dem neuen Aufbau. Nach 1...Tf8-e8 wurde sein Gedankenkind einfach mit 2.Se5xc4! widerlegt. Da 2...d5xc4 unmittelbar an 3.Te1xe6 Te8xe6 4.Df3-d5 Dc7-f7 5.Lf1xc4 gescheitert wäre, biß er in den sauren Apfel: 2...Ld6xh2+ 3.Kg1-h1 Sb8-d7 4.Sc4-e3 Lh2-d6 5.Se3xd5 Dc7-c6 6.c3-c4 Kg8-h8 7.Te1- e3 Sd7-f8 8.Ta1-e1 b7-b5!? - begreiflicher Wunsch nach Verwicklungen angesichts des für nichts verlorenen Bauern - 9.c4xb5! Dc6xc2 10.Sd5- e7! Ld6xe7 11.Lg5xe7 Le6xa2 - den Bauern hat er wieder, dafür aber die Partie eingebüßt - 12.Lf1-d3 Dc2-a4 13.Le7-c5 Te8xe3 14.Te1xe3 und Schwarz gab auf. Zieht er den Turm, so entscheidet 15.Df3xf5 mit unwiderstehlichem Angriff.


Erstveröffentlichung am 10. September 2005

9. September 2018


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