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SCHACH-SPHINX/07203: Fälle von großmeisterlichem Übermut (SB)


Daß die Schwelle zum 19. Jahrhundert für das Königsgambit nicht einer Grablegung gleichkam, war im wesentlichen einer Handvoll Wiener Meister zu verdanken, die im beständigen Fleiß durch Artikel und Turnierpartien eine Bresche für dieses altertümliche Gambit schlugen. So organisierte der Wiener Meister und Schachschriftsteller Georg Marco 1903 ein spezielles Gambitturnier. In der Folge tauchten immer wieder österreichische Namen auf, wenn Neuerungen im Königsgambit aus der Taufe gehoben wurden. Auf der Gegenseite wetterte in der Hauptsache Siegbert Tarrasch gegen das Königsgambit an. Seiner Meinung nach verletzte es die tiefsten Prinzipien moderner Schachstrategie, eine Meinung, der auch der Ex-Weltmeister Emanuel Lasker beipflichtete. So besaß das Königsgambit in den Reihen namhafter Großmeister kaum eine Anhängerschaft. Rudolf Spielmann muß hier würdigend hervorgehoben werden, der nie müde wurde, die Spielbarkeit dieses Gambits alter Tage zu beteuern. Dennoch setzten sich mehr und mehr die kritischen Stimmen durch. In ernsten Turnierpartien wurde es kaum noch angewandt, und die seltenen Fälle, wo es doch zur Anwendung kam, spielte man dann herunter als großmeisterlichen Übermut und atavistisches Gedenken. Das Königsgambit ist zweifelsohne eine schwer zu spielende Eröffnung. Ihr Variantenreichtum ist von abschreckender Fülle, und die taktischen Schlingen, in denen man leicht zu Fall kommen kann, sind geradezu Legion. Sowohl Schwarz als auch Weiß müssen stets auf der Hut sein. Im heutigen Rätsel der Sphinx war Weiß offenbar von den siegreichen Schlachten des Königsgambits derart verblendet, daß er seine Partie mit allzu sorgenloser Stirn führte und dafür die Rechnung erhielt, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/07203: Fälle von großmeisterlichem Übermut (SB)

Hosnedl - Widenmann
Fernpartie 1981

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Was bleibt einem anderes als das Staunen, wenn sich die Welt in Rätseln verbirgt? Staunend lassen sich dann auch nur die Leistungen der Blindspieler bewundern: 1.Le3xh6! g7xh6 2.Sh2-g4 Lb3-e6 3.Dd2xh6+ Kh7-g8 4.Lf1-c4! Df7-g7 - 4...Le6xc4 5.Sg4xf6+ - 5.Dh6-h5 Dg7-h8 6.Td6xe6! Dh8xh5 7.Te6xe5+ Kg8-g7 8.Te5xh5 Te8xe4 9.Sg4-e3 Ta8-d8 - der Sehende übersieht das Matt, aber die Stellung stand längst verloren - 10.Se3-f5#


Erstveröffentlichung am 15. Februar 2007

7. März 2020


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