Manche Kombinationen zeichnet ein geradezu erstaunlicher Pragmatismus aus. Der Weg zum Gewinn ist schmal und erlaubt nur eine einzige Gratwanderung. Links und rechts stürzen die Hänge in eine schwindelerregende Tiefe. Besonnenheit ist das Maß aller Dinge in solchen Fällen. Im heutigen Rätsel der Sphinx spielte der am 20. Juli 1983 verstorbene Großmeister Salo Flohr, der bei uns in Deutschland bekannt und beliebt war durch seine Mitarbeit an der Schachzeitschrift 'Schach-Echo', gegen den litauischen Großmeister Vladas Mikenas. Flohr, mit den schwarzen Steinen, befand sich in einer scheußlichen Misere. Der weiße Läufer auf f4 bestrich die Diagonale bis nach b8 und beraubte so den schwarzen König aller seiner Ausweichfelder. Mikenas war noch dazu am Zuge. Flohrs einzige Hoffnung bestand darin, daß sein litauischer Kontrahent unbedachterweise 1.Dh3-a3?! spielte, um den Läufer auf c5 von der Deckung des a7-Bauern wegzulocken. Mit 1...Dd7xb5! hätte sich Flohr dann jedoch glücklich aus der Affäre ziehen können. Doch die 1930er Jahre waren ein Jahrzehnt verblüffender Genauigkeit, und Mikenas ließ sich den Punkt nicht nehmen, Wanderer.
Mikenas - Flohr
Folkestone 1933
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Gesittet und nach allen Regeln des Anstandes trennten sich die beiden
Meister mit einem Remis. Weiß spielte 1.Sf3-d2!, wonach sich
1...Tf1xf2?? verbot wegen 2.Ta2-a8+ Kg8-g7 3.Sd2xe4 mit
Figurenverlust, und nach 1...Se4xd2 2.Ta2xd2 wäre die Stellung völlig
ausgeglichen gewesen.
Erstveröffentlichung am 24. Februar 2007
16. März 2020
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