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SCHULE/279: Schulverbund "Blick über den Zaun" feiert 20jähriges Bestehen (idw)


Universität Siegen - 09.11.2009

Schulverbund "Blick über den Zaun" feiert 20jähriges Bestehen


Am 09.11.1989, dem Tag des Mauerfalls, ereignete sich abseits der großen Kameras etwas für die gesamtdeutsche Schullandschaft sehr Bedeutsames: In der Odenwaldschule, einer der traditionsreichsten reformpädagogischen Schulen Deutschlands, schlossen sich 20 Schulen im Schulverbund "Blick über den Zaun" (BüZ) zusammen.

Heute feiert das Netzwerk innovativer Schulen sein 20jähriges Bestehen. Zahlreiche seiner Schulen wurden in den vergangenen Jahren für den deutschen Schulpreis nominiert oder gar mit einem Preis ausgezeichnet. Wolfgang Harder und Otto Seydel, Initiatoren des Verbunds, erinnern sich: "Als wir vor 20 Jahren zu unserem ersten Treffen einluden, hätten wir nie erwartet, dass der Verbund so lange bestehen und sich in dieser Form erweitern und damit zu einem Modell für 'Schulentwicklung von unten' werden könnte".

Über 100 reformpädagogisch orientierte Schulen aller Schulformen und -stufen, in staatlicher wie in freier Trägerschaft arbeiten inzwischen im "Blick über den Zaun" bundesweit zusammen. Die Schulen kooperieren in zwölf Arbeitskreisen mit je sechs bis zehn Mitgliedsschulen. Grundlage der Zusammenarbeit ist die Verständigung des Verbunds auf pädagogische Standards für eine gute Schule und auf ein gemeinsames Evaluationsverfahren ("kollegiale Peer-Reviews"). Alle halbe Jahre treffen sich die Schulen eines Arbeitskreises reihum in einer der beteiligten Schulen. Dabei besuchen jeweils zwei Kollegen zwei bis drei Tage lang die einladende Schule und geben Rückmeldungen zu deren pädagogischen Konzepten, zum beobachteten Unterricht und zum erlebten Schulalltag. Auf diese Weise erhalten die Gastgeber von ihren "kritischen Freunden" wichtige Impulse zur Weiterentwicklung ihrer Arbeit - und die Besucher nehmen neue Anregungen in ihre Heimatschule mit.

Heute, am 09.11.2009 feiert der Schulverbund nun sein 20jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass veranstalten viele Schulen des Verbunds einen "BüZ-Tag". Axel Backhaus, Mitarbeiter der Reformpädagogischen Arbeitsstelle "Blick über den Zaun" an der Universität Siegen, zur Idee dieses Tages: "Da an den Schulbesuchen sonst immer nur zwei Personen eines Kollegiums teilnehmen können, ist es wichtig, Brücken in die Schulen hinein zu bauen, zu den anderen Mitgliedern der Kollegien, zu den Eltern und den Schülern". Als Brücken werden am 9.11. Elternabende und Konferenzen der Kollegien, aber auch Diskussionsrunden und kreative Workshops mit den Schülern und Schülerinnen veranstaltet. An vielen Standorten über ganz Deutschland verteilt arbeiten deshalb heute Lehrer, Schüler und Eltern rund um das Thema 'Blick über den Zaun'. Der BüZ-Tag an den Mitgliedseinrichtungen zeigt, wie bedeutsam die pädagogischen Standards des Schulverbunds sind: als Herausforderung, die Schule als Lern- und Lebensraum und als demokratischen Ort zu entwickeln, an dem Schüler und Schülerinnen ihr Lernen mit gestalten und mitbestimmen können.

Hans Brügelmann, Erziehungswissenschaftler der Universität Siegen und Sprecher des Schulverbunds, schaut in die Zukunft: "Der 'Blick über den Zaun' stellt eine pädagogische Herausforderung dar, aber er bietet auch eine bewährte Alternative zu den gängigen Verfahren der Schulinspektion und der standardisierten Lernstandserhebungen. Für diese Form einer Evaluation 'auf Augenhöhe' möchten wir noch mehr Mitglieder gewinnen, um Schule im Sinne unserer pädagogisch anspruchsvollen Standards 'von unten' zu verändern. Reformpädagogische Konzepte sind die besten Antworten auf die Bildungsmisere unseres Landes, denn in den Schulen des 'Blick über den Zaun' wird ernsthaft versucht, jedes einzelne Kind in seiner Besonderheit wahrzunehmen und als Person zu fördern."

Gefördert wird auch die Arbeit des Verbunds: durch die Robert Bosch Stiftung in Stuttgart und durch die Montag-Stiftung "Jugend und Gesellschaft" in Bonn. Die Besuche und die Arbeit vor Ort werden aber von den Lehrern ehrenamtlich geleistet, so dass beispielsweise der Erfahrungsaustausch und die Reisekosten aus dem eigenen Portemonnaie zu zahlen sind - ein Zeichen, wie wichtig den Beteiligten die Zusammenarbeit im "Blick über den Zaun" ist. "Wir setzen aber darauf, dass es Förderer gibt, die diese zivilgesellschaftliche Organisation und ihr Anliegen unterstützen wollen, damit die Arbeit im Verbund auch weiterhin finanziell abgesichert werden kann", hofft Axel Backhaus. Er bereitet aktuell die Bundestagung der Vertreter aller Arbeitskreise im Frühjahr 2010 in Bensberg vor. Ihr Thema heißt "Dem Einzelnen gerecht werden: Leistung herausfordern - begleiten - würdigen".

Weitere Informationen unter:
http://www.blickueberdenzaun.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution198


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Siegen, Kordula Lindner-Jarchow M.A., 09.11.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2009