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MELDUNG/244: Klitschkos Lager bestellt das Vorfeld des Titelkampfs (SB)



Herausforderer Samuel Peter zum Statisten degradiert

Daß Boxkämpfe im Ring gewonnen werden, ist eine Binsenweisheit, die das Lager Wladimir Klitschkos nicht davon abhält, das Vorfeld der Titelverteidigung gegen Samuel Peter in Frankfurt am Main so gründlich zu bestellen, daß für den Herausforderer dabei allenfalls die Rolle eines Statisten abfällt. Der im Gespann mit seinem älteren Bruder Vitali hierzulande überaus populären Weltmeister saugt die gesamte Aufmerksamkeit auf und macht sich beiläufig über seinen nigerianischen Gegner lustig, der ein ums andere Mal vorgeführt wird.

Beim öffentlichen Training in der Mercedes-Benz-Niederlassung auf der Hanauer Landstraße drängten sich mehr als tausend Fans in einer Halle, in der für gewöhnlich Gebrauchtwagen angepriesen werden. Zunächst mußte der Herausforderer seine Einlage geben, die er behäbig und lustlos in nur dreizehn Minuten hinter sich brachte. Klitschko saß unterdessen mit seinem Trainer Emanuel Steward ganz vorne am Ring und wollte sich das spöttische Lachen nicht verkneifen. Als er dann selbst an der Reihe war, forderte er seinen Gegner auf, ihm beim Training zuzusehen. Samuel Peter, der vermutlich aus sprachlichen Gründen nicht einmal verstand, womit ihn der Ukrainer diesmal provozieren wollte, winkte nur ab und machte sich davon. Nun produzierte sich der Champ als Athlet, ließ den elastischen Dehnübungen drei Runden Pratzenarbeit mit Steward folgen, demonstrierte Schattenboxen und Seilspringen, damit auch der letzte Zuschauer begriff, wie fit, gestählt und kampfesmutig er ist: "Ich habe mich gut vorbereitet und freue mich auf den Kampf", verkündete der 34jährige selbstzufrieden, nicht ohne die bemerkenswerte körperliche Verfassung seines 66 Jahre alten Trainers lobend zu erwähnen.

Der wünscht sich mehr als alles andere, daß sich sein Schützling morgen abend dumm stellen möge. Wladimir kämpfe ihm noch zu intelligent und lasse die Schläge nicht einfach instinktiv von alleine kommen, teilte der Coach dem übertragenden Sender RTL mit. Zugleich kündigte Stewart eine Abkehr von der zuletzt gezeigten übervorsichtigen Kampfesweise an und forderte seinen Boxer schon im voraus auf, diesmal aggressiver zur Sache zu gehen. Samuel Peter sei noch nie richtig ausgeknockt worden, hatte Steward bereits während der Pressekonferenz am Vortag bilanziert. Er habe zwar schon in einem Kampf aufgegeben, sei aber noch nie richtig K.o. gegangen. Wladimir habe indessen "die Power, jeden Boxer mit beiden Händen auszuknocken". Die Vorbereitung sei so ausgezeichnet verlaufen, daß er "seine Waffen früher einsetzen" werde. Das vorzeitige Ende soll nach Einschätzung des Trainers in der vierten oder fünften Runde kommen. "Ich glaube, daß Peter zum ersten Mal richtig K.o. geht. Wladimir wird ihn ausknocken, und ich glaube, daß der linke Haken dafür geeigneter ist, als die rechte Gerade."

Daß der Ausgang des Kampfs so gut wie feststeht, glaubt auch Eddie Chambers. Wladimir sei physisch und psychisch extrem stark, befand jener Boxer, der im März 2010 in Düsseldorf als bislang letzter Kandidat gegen den jüngeren Klitschko vorzeitig Schiffbruch erlitt. "Wenn Wladimir seinen Rhythmus findet, ist es fast unmöglich, an ihn ranzukommen und überhaupt einen Treffer zu landen. Spätestens in der achten oder neunten Runde ist Schluß. Wenn Trainer Emanuel Steward Klitschko losläßt, wird Peter fallen."

Vitali Klitschko, der sich seit seiner Wiederkehr im Boxring gerne als altersmilder Spötter produziert, ließ die Gelegenheit zu einem seichten Scherz nicht ungenutzt verstreichen. "Wenn Wladimir mit so viel Killerinstinkt boxt, wie du das willst, landen wir alle im Gefängnis", zitierte Steward den großen Bruder.

10. September 2010