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MELDUNG/523: Fehlurteil beschert Williams Sieg über Lara (SB)



Punktrichter ignorieren Überlegenheit des Kubaners

Ein Experte des Senders HBO bezeichnete die Entscheidung als "unbeschreiblich schlimm" und zweifelte zu Recht die Kompetenz der Punktrichter an. Den fragwürdigen Urteilen, an denen es in den zurückliegenden Wochen nicht mangelte, setzte der Ausgang des Kampfs im Halbmittelgewicht zwischen Paul Williams und Erislandy Lara die Krone auf. Obgleich sich der Kubaner über weite Strecken besser in Szene setzte, trug sein US-amerikanischer Gegner nach zwölf Runden den Sieg davon (114:114, 115:114, 116:114). Da selbst Williams' Ecke ihrem Boxer gegen Ende signalisiert hatte, daß er weit zurückliege, schien die letztendliche Wertung lediglich eine Formsache zu sein. Um so größer war die Überraschung, als das Resultat den Verlauf des Kampfs auf den Kopf stellte, was mit heftigen Unmutsäußerungen des erbosten Publikums quittiert wurde.

Offenbar hatte sich Erislandy Lara ein Vorbild an dem Argentinier Sergio Martinez genommen, gegen den Paul Williams im November letzten Jahres bereits in der zweiten Runde die Segel streichen mußte. Der Kubaner zog seinen Vorteil aus der erschreckend schwachen Defensive seines Gegners und brachte immer wieder seine über die Deckung geschlagene Linke ins Ziel, so daß der US-Amerikaner bereits im zweiten Durchgang angeschlagen wirkte. In der folgenden Runde machte Williams zwar eine bessere Figur, schlug aber größtenteils Löcher in die Luft. Erstaunlicherweise traf der wesentlich kleinere Kubaner fast nach Belieben aus der Distanz, während sein langarmiger Gegner im Infight Akzente setzte, wo seine hohe, aber unpräzise Schlagfrequenz eher zur Geltung kam.

Der US-Amerikaner war gegen Mitte des Kampfs von einer Rißwunde über dem linken Auge gezeichnet, während Laras linke Gesichtshälfte eine Schwellung zeigte, die ein Kopfstoß hervorgerufen hatte. Um nicht fortgesetzt von der Linken des Kubaners getroffen zu werden, wechselte Williams schließlich in die Rechtsauslage, die ihm jedoch weitere schwere Treffer nicht ersparte. In der elften Runde schien es um den Amerikaner geschehen zu sein, der sich gerade noch auf den Beinen hielt, doch im letzten Durchgang dank einer enormen kämpferischen Leistung noch einmal stark aufkam.

Das Urteil der Punktrichter war dennoch eine krasse Fehlentscheidung, die den Ruf nach Konsequenzen laut werden ließ. Williams dürfte mit seiner Auffassung, er habe gewonnen, allein auf weiter Flur gestanden haben. Wie er einräumte, habe Lara einige gute Treffer gelandet, worauf er selbst jedoch immer wieder zurückgekommen sei. Nun strebe er den dritten Kampf gegen Sergio Martinez an, bevor er ans Ende seiner Karriere denke. Paul Williams ließ jedoch in seinen letzten vier Kämpfen so eklatante Schwächen in der Deckung erkennen, daß man um seine Gesundheit fürchten muß.

Die Bilanz von 40 Siegen und zwei Niederlagen spiegelt nicht seine aktuelle Verfassung wieder. Obgleich Martinez ihn mit einem Schlag ausgeschaltet hatte, bekam Williams den Ausscheidungskampf des WBC gegen Erislandy Lara, bei dem ihm der Erfolg geschenkt wurde. Der Kubaner mußte nach 15 Siegen und einem Unentschieden die erste Niederlage seiner Profikarriere hinnehmen, doch bot er dabei eine so ansprechende Leistung, daß auch in Zukunft mit ihm zu rechnen sein dürfte.

12. Juli 2011