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MELDUNG/812: Abschied mit 40 - Ronald Wright und Shane Mosley beenden ihre Karriere (SB)




"Wenn ich nicht mehr Champion sein kann, will ich nicht mehr"

Mit Ronald Wright und Shane Mosley haben zwei 40 Jahre alte ehemalige Weltmeister nahezu zeitgleich Konsequenzen aus ihren jüngsten Niederlagen gezogen und die Boxhandschuhe an den Nagel gehängt. Ob diese Entscheidung aus der Stimmung des Augenblicks gefällt wurde oder tatsächlich unumstößlich ist, kann wie immer in dieser Branche freilich nur die Zukunft zeigen. Beide haben im Prinzip beste Aussichten, durch die Aufnahme in die "Hall of Fame" für ihr sportliches Lebenswerk geehrt zu werden. Allerdings wurden auch vereinzelt Stimmen laut, die Mosley wegen seiner Verwicklung in die Affäre um das als Dopinglabor verschriene Unternehmen BALCO, die in den USA allerhöchste Wellen schlug und diverse prominente Sportler verschiedener Disziplinen in Mitleidenschaft zog, einer solchen Auszeichnung für unwürdig erklären. Shane Mosley hatte damals in einer Anhörung eingeräumt, sich beim Rückkampf gegen Oscar de la Hoya verbotener leistungssteigernder Mittel bedient zu haben. Nun muß die organisatorische Leitung der Ruhmeshalle in Canastota, Bundesstaat New York, darüber befinden, wie in einem solchen Fall zu verfahren sei.

"Ich werde aufhören. Wenn ich nicht mehr Champion sein kann, will ich nicht mehr. Ich will nicht einfach nur kämpfen." Mit diesen Worten erklärte Exweltmeister Ronald "Winky" Wright nach seiner deutlichen Niederlage gegen den ungeschlagenen Mittelgewichtler Peter Quillin seine Karriere endgültig für beendet. "Ich konnte nicht das tun, was ich wollte", beklagte der 40jährige nach dem Kampf das Unvermögen, seine boxerischen Qualitäten wie in der Vergangenheit erfolgreich umzusetzen: "Ich konnte sehen, was zu tun war, ich konnte es aber nicht ausführen." Die physischen Vorteile seines zwölf Jahre jüngeren Gegners hatten es ihm nicht erlaubt, im Duell mit dem gefährlich schlagenden Quillin mehr als nur sporadisch die alte Klasse aufblitzen zu lassen.

Ronald Wright, der 1990 bereits als 18jähriger einen Vertrag im Profilager unterschrieben hatte, erkämpfte 1996 durch einen Sieg über Bronco McCart den Titel der WBO im Halbmittelgewicht. Dreimal konnte er in der Folge den Gürtel des Weltmeisters erfolgreich verteidigen, worauf er jedoch Harry Simon und Fernando Vargas jeweils knapp nach Punkten unterlag. Wright wurde zum zweiten Mal Champion in seiner Gewichtsklasse, als er 2001 den Titel der IBF gewann, den er danach in fünf weiteren Kämpfen behielt. Er stieg zum unbestrittenen König dieses Limits auf, als er seinen nicht minder berühmten US-amerikanischen Landsmann Shane Mosley bezwang, dem er auch bei der Revanche das Nachsehen gab.

Nach diesem vielbeachteten zweifachen Erfolg stieg er ins Mittelgewicht auf, wo er den Zenit des Erfolgs mit einem Sieg über Felix Trinidad erreichte. Von Jermain Taylor, einem weiteren legendären Konkurrenten, trennte er sich mit einem umstrittenen Unentschieden, worauf er sich gegen Ike Quartey durchsetzen konnte, der früher Champion im Weltergewicht gewesen war. Den Abstieg "Winky" Wrights leitete Bernard Hopkins ein, der mit ihm in einem gesondert vereinbarten Gewichtslimit zusammentraf und dabei klar nach Punkten die Oberhand behielt. Wright, der für seine Defensivkünste bekannt war und in seiner Karriere keine einzige vorzeitige Niederlage hinnehmen mußte, wurde schließlich 2009 im Duell mit Paul Williams so deutlich wie nie zuvor in die Schranken gewiesen. Mit einer Bilanz von 51 gewonnenen und sechs verlorenen Kämpfen sowie einem Unentschieden hat sich Ronald Wright nun aus dem Ring verabschiedet.

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Wenn die Kids anfangen, einen zu verprügeln ...

"Wenn die Kids anfangen, einen zu verprügeln, ist es wohl an der Zeit, mit dem Promoten anzufangen", zog wenige Tage nach seinem früheren Bezwinger Ronald Wright auch der fünfmalige Weltmeister in drei Gewichtsklassen, "Sugar" Shane Mosley, im selben Alter wie sein alter Rivale einen Schlußstrich. Den Rest gegeben hat ihm gewissermaßen der junge Saul Alvarez, dem zu unterliegen gewiß keine Schande ist. Der erst 21 Jahre alte ungeschlagene Mexikaner hat bereits 40 Kämpfe im Weltergewicht gewonnen und einen unentschieden beendet, weshalb ihn viele Experten inzwischen hinter Manny Pacquiao und Floyd Mayweather als drittbesten Boxer aller Gewichtsklassen einstufen.

Shane Mosley kämpfte seit 1993 zunächst im Leichtgewicht und war bald wegen seiner Schlagwirkung gefürchtet. Von den ersten 31 Auftritten gewann er nicht weniger als 29 vorzeitig, was in diesem niedrigen Limit besonders ungewöhnlich war. Im Jahr 1997 stieg er zum Weltmeister der IBF auf und blieb danach in acht Titelverteidigungen ungeschlagen. Mosley wechselte 1999 ins Weltergewicht und sorgte dort in seinem dritten Kampf für eine Sensation, als er den populären WBC-Champion Oscar de la Hoya besiegte. Kaum weniger überraschend war jedoch 2002 sein Titelverlust an Vernon Forrest, der überdies auch die Revanche eindeutig für sich entscheiden konnte.

Wähnte man Mosley damals auf dem absteigenden Ast, so rehabilitierte er sich mit einem zweiten Sieg über Oscar de la Hoya, der ihn 2003 zum führenden Halbmittelgewichtler machte. Dann folgte jedoch die oben erwähnte klare Punktniederlage im Vereinigungskampf gegen IBF-Weltmeister Ronald Wright, und auch im Rückkampf zog Mosley, wenngleich knapper, den kürzeren. Es ging noch einmal bergauf, als er sich 2006 zweimal vorzeitig gegen Fernando Vargas durchsetzen konnte. Auf dieser Achterbahnfahrt bezog er jedoch im folgenden Jahr bei seiner Rückkehr ins Weltergewicht gegen Miguel Cotto eine Niederlage. Die letzte große Vorstellung Mosleys war 2009 ein Knockout im Duell mit Antonio Margarito, worauf der Kalifornier gegen Floyd Mayweather, Manny Pacquiao und nun auch Saul Alvarez jeweils deutlich nach Punkten verlor.

Wie Ronald Wright verfügte auch Shane Mosley zeit seiner Profikarriere über hervorragende Nehmerqualitäten und mußte sich kein einziges Mal vorzeitig geschlagen geben. Er nimmt nun mit 46 Siegen, acht Niederlagen und einem Unentschieden seinen Hut, um womöglich dem Boxsport als Promoter auch in zweiter Laufbahn erhalten zu bleiben.

7. Juni 2012